Fischotterschutz bundesweit

In einigen Bundesländern fehlt von ihm noch immer jede Spur. In anderen Bundesländern kehrt der Fischotter nach und nach an die Flüsse zurück. Der Motor dieser Entwicklung sind die Quellregionen im Norden und Osten. Von hier machen sich Jungtiere auf den weiten, gefährlichen Weg, um einstige Fischotter-Lebensräume wieder zu besiedeln. Doch noch viel zu oft warten auf sie zerstörte Flusslandschaften und tödliche Straßen. Soll die Wiederausbreitung des Fischotters in Deutschland und Europa gelingen, müssen seine Lebensräume wieder lebenswert und seine Wanderwege an den Flüssen wieder sicher werden. Dafür setzen wir uns bundesweit ein.

Deutschland trägt dabei eine besondere Verantwortung in der Europäischen Union. Hier verläuft die Grenze des osteuropäischen Verbreitungsgebietes: in Polen, Tschechien und im Osten Deutschlands kommt der Fischotter vor. Ebenso in Spanien, Portugal und Westfrankreich. Dazwischen liegt ein breiter „Auslöschungskorridor“. Unsere Verantwortung ist es, diesen Korridor durch die Förderung der Westausbreitung zu schließen und so zu helfen, die west- und osteuropäischen Fischotter-Populationen wieder zu verbinden. Das ist sehr wichtig, um die Art langfristig vor dem Aussterben zu schützen. In isolierten Vorkommen sinkt die genetische Fitness. Die Tiere werden anfälliger für Krankheiten und negative Umwelteinflüsse. Die Gefahr: Wir gehen von einer Erholung aus, weil die Tiere sich vermehren. Doch in einem harten Winter, unter Einfluss des Klimawandels oder durch Umweltverschmutzung kann ein derart geschwächter Bestand plötzlich wieder einbrechen, vielleicht sogar erlöschen. Das müssen wir verhindern.

Umbau von Wanderbarrieren und Todesfallen

Die größte Barriere für die Verbindung der Fischotter-Vorkommen sind die zahlreichen, schnell befahrenen Verkehrstrassen, die Flusslandschaften und Feuchtgebiete durchkreuzen. In Deutschland, wie auch in ganz Europa, ist der Verkehrstod die Haupttodesursache des Fischotters. Die Tiere wandern weite Strecken entlang der Gewässerufer. Zu eng gebaute Brücken ohne Uferstreifen verleiten sie dazu, die Fahrbahn zu queren. Obwohl Fischotter gute Schwimmer sind, finden zahlreiche Tiere an solchen Bauwerken den Tod. Dabei werden oft junge Tiere überfahren, die sich auf der Suche nach ihrem eigenen Revier befinden. An solchen Stellen ist ein Neubau der Brücke gefordert, der den Fluss und seine Ufer weit überspannt. Wo dies nicht möglich ist, können Fischotterbermen Abhilfe schaffen. Das sind kleine Stege aus Steinen oder Beton, die Fischotter, Biber, Iltis und anderen Arten die sichere Passage unter der Straße hindurch ermöglichen.

Die DUH setzt sich für die Entschärfung solcher Todesfallen ein. In Thüringen haben wir von 2012-2015 und 2016-2019 über 1680 Brücken untersucht und 25 Gefahrenstellen umgebaut. Im Biosphärenreservat Drömling arbeiten wir seit 2019 an einer Verbesserung der Situation in einem wichtigen Quellgebiet, an der Grenze zwischen Niedersachsen und Sachsen-Anhalt (Fischotterschutz in Sachsen-Anhalt). Wir haben in Brandenburg und Nordrhein-Westfalen Umbauprojekte lokaler Partner unterstützt und stehen mit Naturschutzakteuren, Umweltministerien und Fachbehörden weiterer Länder im Austausch, um unsere Erfahrungen mit dem Brückenumbau weiterzugeben.

 

Großbaustelle Straßenbau

Im Bundeshaushalt ist der Verkehr der drittgrößte Etat. Vergleicht man das Budget für Investitionen, so wird für den Aus- und Neubau von Straßen und Schienen sogar mehr Geld vorgesehen als für Investitionen in allen anderen Bereichen. Selbst, wenn die Mittel in die Sanierung vorhandener Verkehrstrassen investiert werden, geht damit meist eine schnellere, manchmal auch stärkere Befahrung dieser ausgebesserten Straßen einher - für die Vernetzung der wenigen verbleibenden Lebensräume kann das katastrophale Folgen haben. Es muss deshalb zur Selbstverständlichkeit werden, dass der Straßenbau Verantwortung für den Biotopverbund an Fließgewässern - und nicht nur da! - übernimmt.

Im Moment gibt es große Unterschiede: Während bei Neubauten hohe artenschutzrechtliche Anforderungen gelten, werden bei Sanierungen oder Ersatzneubauten entsprechende Auflagen noch zu selten verhängt. Bei Bestandsbauten berufen sich Verkehrsträger auf den Bestandsschutz, auch wenn zahlreiche Tiere überfahren werden. Sie werden von Naturschutzbehörden oft auch dann nicht zur Verantwortung gezogen, wenn Rechtsgutachten im strengen europäischen Artenschutzrecht dafür eine ausreichende Rechtsgrundlage sehen. Verbindliche Regelwerke wie das Merkblatt zur Anlage von Querungshilfen gelten zudem nur an Landes- und Bundesstraßen. Für Kreis- und Gemeindestraßen fehlen verbindliche Vorgaben meist gänzlich. Ob der Fischotterschutz bei der Genehmigung von Brücken einbezogen wird, unterscheidet sich daher oft je nach Landkreis und Kommune. Noch deutlicher sind die Unterschiede zwischen Ländern und Regionen, in denen der Fischotter seit Jahren vorkommt, und solchen, in denen er gerade erst wieder einwandert. Während u. a. in Brandenburg ein landesweiter Erlass seit 2002 die Verbesserung der Gewässerunterführungen an Straßen für den Fischotter vorschreibt, muss in anderen Ländern und Landkreisen erst wieder ein Bewusstsein für die Art und ihre Anforderungen entwickelt werden.

Durch Fachtagungen, Beratungen, Informationsmaterial und nicht zuletzt Modellmaßnahmen setzen wir uns dafür ein, dass künftig nicht nur die Naturschutzbehörden, sondern auch die Verantwortlichen in den Straßenbaubehörden und Planungsbüros weitere Fischotter-Todesfallen verhindern. Zudem drängen wir darauf, dass Naturschutz und Straßenbau in gemeinsamer Verantwortung Lösungen für die zahlreichen bereits vorhandenen Gefahrenstellen angehen.

Biotopverbund – das Stiefkind des Naturschutzes

Um die erfolgreiche Wiederausbreitung des Fischotters in bisher nicht oder nur dünn besiedelte Regionen im (Süd-)Westen Deutschlands zu erreichen, brauchen wir einen funktionsfähigen Fließgewässer-Biotopverbund. Darin stellen Flüsse, Bäche und Gräben ein "biologisches Verkehrsnetz” dar, in dem sich von den Samen zahlreicher Pflanzenarten über Libellenlarven und Wanderfische bis zum Fischotter das Leben an den Flüssen ungehindert ausbreiten und entfalten kann. Ein solcher Biotopverbund ist fest im Naturschutzgesetz verankert und erklärtes Ziel der Bundesregierung. 10 % der Landesfläche eines jeden Bundeslandes sind für ein solches Lebensraum-Netz in Wald und Feld und an Flüssen bereitzustellen. Es wird Zeit, ihn endlich vom Papier in die Praxis zu übertragen.

Wir setzen uns nicht nur an Straßenbrücken für die Umsetzung dieser Ziele ein. Auch unsere Arbeit für lebendige Flüsse zielt darauf ab, Fließgewässersysteme als Lebensraum-Netze zu entwickeln. Mit dem Projekt Auenweiden arbeiten wir seit 2019 an der Weißen Elster, dem ostthüringischen Fischotter-Verbreitungsschwerpunkt, an einem Auen-Biotopverbund.

In unserem Projekt Wohnrauminitiative für den Fischotter widmen wir uns den Herausforderungen für den Biotopverbund im urbanen Raum. Im Berliner Innenstadtbereich ist die Spree dicht bebaut und durch die Mühlendammschleuse für Fische, Biber und Fischotter nicht zu passieren. Weil genau dieser Abschnitt, aber die wertvollen Biotope westlich und östlich der Stadt miteinander verbindet, untersuchen wir im Projekt Potentiale für Maßnahmen zur Habitatverbesserung an der Stadtspree.

Im Rahmen des Projektes Sauberes Wasser für den Fischotter (2021-2024) arbeite die DUH intensiv mit deutschen und polnischen Umweltverbänden im Rahmen der Oder-Koalition zusammen. Am Beispiel der Oder-Katastrophe vom Juli 2022, die mit einem Massensterben von Fischen und zahlreichen anderen Wasserlebewesen einherging, haben wir die Öffentlichkeit z.B. im Rahmen von Pressearbeit und über die sozialen Medien auf die gravierenden Auswirkungen stofflicher Einleitungen aufmerksam gemacht. Zusätzlich untersuchen wir in einer Risikoanalyse die potenziellen Auswirkungen des Klimawandels auf den Lebensraum und die Wiederausbreitung des Fischotters (Lutra lutra). Diese soll in einer Risikoabschätzung für Biotopverbund als Ganzes münden.

Fischfresser im Fadenkreuz

Die erfolgreiche Wiederausbreitung einer Art kann auch zu Konflikten führen. In Regionen, die lange Zeit nicht mehr vom Fischotter besiedelten waren, sehen viele Teichwirt:innen, aber auch Angler:innen, den Fischjäger als Konkurrenten. Was in Österreich begann, setzt sich gerade in Bayern fort: Behörden beugen sich dem Druck der Gewässernutzer und erteilen Ausnahmegenehmigungen zur “Entnahme”. Der Abschuss ist bisher auf wenige Tiere begrenzt, weckt aber böse Vorahnungen.  Wenn die Reviere der getöteten Tiere schnell wieder von Artgenossen nachbesetzt werden, was wahrscheinlich ist, wird es Forderungen nach weiteren Abschüssen geben.  Die Bejagung hatte den Fischotter einst so stark dezimiert, dass 1968 ein deutschlandweites Jagdverbot zu seiner Rettung verhängt wurde. Trotzdem starb der Wassermarder in den 1970er Jahren fast flächendeckend aus – die Restvorkommen waren nicht mehr widerstandsfähig genug, um den Umweltbelastungen jener Zeit Stand zu halten.

Die DUH fordert deshalb eine wissenschaftlich fundierte Lösungssuche für den Konflikt. In einem Interview mit dem Ökologe Dr. Reinhard Klenke erfahren Sie, wie das aussehen könnte. Zudem recherchieren wir, welche Erfahrungen mit naturschutzgerechten Abwehrmaßnahmen und Förderinstrumenten in verschiedenen Bundesländern bestehen, und stellen die Ergebnisse Fachbehörden in Wiedereinwanderungsländern wie Thüringen zur Verfügung.


Kontakt

Copyright: © Steffen Holzmann

Sabrina Schulz
Stellvertretende Bereichsleiterin Naturschutz und Biologische Vielfalt
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Christin Hildebrandt
Fachreferentin für Gewässerschutz
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