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Wasserstoff und E-Fuels erhalten viel Aufmerksamkeit in der Debatte um die Mobilität der Zukunft. Häufig wird der Eindruck erweckt, dass große Teile des Verkehrs, inklusive der Straßenverkehr, durch Umstieg auf solche synthetischen Kraftstoffe klimaverträglich werden können. Die Wahrheit ist: Den Verkehr großflächig auf Wasserstoff/E-Fuels umzustellen, wäre ein gigantisches Eigentor beim Klima- und Ressourcenschutz. Der Verbrennungsmotor wird auch mit synthetischen Kraftstoffen nicht klimaverträglich und an einer grundlegenden Mobilitätswende führt kein Weg vorbei.

Bei Wasserstoff und E-Fuels handelt es sich um synthetisch hergestellte Kraftstoffe. Wasserstoff kann in einem Prozess namens Elektrolyse erzeugt werden, bei dem Wasser mit Hilfe von Strom in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten wird. Ist der eingesetzte Strom erneuerbar, spricht man von grünem Wasserstoff. Der Wasserstoff kann prinzipiell als Kraftstoff in Fahrzeugen mit Brennstoffzelle eingesetzt werden.

Für die Herstellung von E-Fuels wird der Wasserstoff in einem zweiten Schritt durch Zufuhr von Kohlendioxid (CO2) zu flüssigen Kohlenwasserstoffen weiterverarbeitet. Diese E-Fuels haben ähnliche Eigenschaften wie fossiles Benzin, Diesel oder Kerosin und können prinzipiell in herkömmlichen Verbrennungsmotoren eingesetzt werden.

 

 

Ökostrom:
Wasserstoff oder E-Fuels herzustellen ist äußerst energieintensiv und verschlingt große Mengen Ökostrom. Der Grund: Die Energieverluste bei der Produktion sind massiv. Schon um eine kleine Menge von 30 Petajoule (PJ) E-Fuel zu produzieren, müssten in Deutschland 2.300-2.900 zusätzliche Windräder an Land aufgestellt werden. Und diese 30 PJ E-Fuel würden nicht einmal für 1,5% des heutigen Kraftstoffverbrauchs im deutschen Straßenverkehr reichen.

Oft heißt es deshalb, dass die E-Fuel-Produktion ins Ausland verlegt werden sollte, z.B. in sonnenreiche Regionen in Afrika oder im Nahen Osten. Aber erneuerbarer Strom ist weltweit knapp und kostbar, und jedes Land muss zunächst seine eigene Energiewende bewältigen. Viele der Länder, aus denen Deutschland künftig Wasserstoff/E-Fuels importieren will, sind selbst noch massiv von fossiler Energie abhängig. Je mehr wir auf E-Fuels setzen, desto mehr verunmöglichen wir eine rechtzeitige globale Energiewende.

Wasser:
Außer Ökostrom werden für Wasserstoff/E-Fuels große Mengen aufbereitetes Wasser benötigt – 10 bis 20 Liter für ein einziges Kilogramm Wasserstoff. Länder wie Namibia oder Marokko, in denen künftig Wasserstoff für Deutschland produziert werden soll, gehören zu den trockensten Regionen der Welt und kämpfen bereits heute mit Wassermangel – ein Problem, das sich mit Fortschreiten der Klimakrise weiter zuspitzen wird. Zusätzlicher Wasserbedarf für Wasserstoff/E-Fuels befeuert die Konkurrenz um knappe Wasserressourcen weltweit.

CO2 aus der Luft:
Für E-Fuel-Erzeugung wird außerdem CO2 benötigt. Das CO2 muss aus der Luft gewonnen werden, denn nur so entsteht ein klimaneutraler Kreislauf. CO2 mit großen Saugern aus der Luft zu filtern ist aber eine unausgereifte, energieintensive und sehr teure Technologie. Es ist völlig unklar, ob sie je in relevantem Maßstab verfügbar sein wird.

Viel Platz:
Für all die Anlagen für Stromerzeugung, Elektrolyse, CO2-Luftfilter, Kraftstoffsynthese und weitere Infrastruktur sind insgesamt große Flächen erforderlich.

Da die Produktion von Wasserstoff und E-Fuels einen riesigen zusätzlichen Ökostrombedarf bedeutet, ist ihr Klimanutzen äußerst fragil. Wasserstoff und E-Fuels sind keineswegs automatisch klimafreundlich, ihr Einsatz kann im Gegenteil sogar kontraproduktiv für den Klimaschutz sein. Um eine CO2-Reduktion überhaupt zu ermöglichen, muss in der Produktion zu 100% zusätzlich erzeugter Ökostrom eingesetzt werden. Die Gefahr ist sonst groß, dass der enorme Ökostrombedarf für die Produktion von Wasserstoff und E-Fuels an anderer Stelle zu verstärkter fossiler Stromnutzung führt – in diesem Fall entstehen hohe Mehremissionen.

Bisher wird Wasserstoff fast ausschließlich aus fossilem Gas erzeugt, wobei hohe Treibhausgasemissionen entstehen. Auch sogenannter blauer Wasserstoff aus fossilem Gas mit CO2-Abscheidung ist äußerst klimaschädlich.

Und auch Wasserstoff selbst hat eine indirekte Klimawirkung, wenn er durch Leckagen bei Produktion oder Transport in die Atmosphäre gelangt. Sein Treibhauseffekt ist im Schnitt elffach höher als der von CO2.

Ein Fahrzeug mit Wasserstoff oder E-Fuel zu betreiben ist um ein Vielfaches ineffizienter als direkte Stromnutzung. Im Vergleich zu einem batterieelektrischen Fahrzeug benötigt ein Brennstoffzellenfahrzeug, das Wasserstoff tankt, für die gleiche Strecke 2-3 Mal und ein mit E-Fuel betriebener Verbrenner 5-6 Mal so viel Strom.

Elektrische Fahrzeuge werden bereits in wenigen Jahren billiger sein als Verbrenner, während E-Fuels absehbar exorbitant teuer bleiben werden. Die Herstellungskosten für einen Liter E-Fuel betragen aktuell bis zu 4,70 Euro – Steuern, Abgaben und Gewinnmargen der Produzenten kommen noch oben drauf.

Zur Bewältigung der Klimakrise müssen die Emissionen im laufenden Jahrzehnt drastisch reduziert werden. Wasserstoff wird nur in sehr geringen Mengen und E-Fuels werden noch auf viele Jahre überhaupt nicht kommerziell verfügbar sein. Auch langfristig werden sie äußerst knappe Ressourcen bleiben. Grüner Wasserstoff wird z.B. dringend in industriellen Anwendungen wie der Stahlproduktion benötigt.

Für E-Fuels gibt es bisher weltweit nur ein paar Demonstrationsanlagen. Von den angekündigten E-Fuel-Projekten bis 2035 sind 99% nicht sicher finanziert. Selbst wenn alle angekündigten Anlagen gebaut werden sollten, würde die produzierte E-Fuel-Menge nicht einmal reichen, um 2% des derzeitigen fossilen Kraftstoffverbrauchs in der weltweiten Schifffahrt zu ersetzen. Dass E-Fuels für den Straßenverkehr verfügbar sein werden, ist völlig illusorisch.

Das Versprechen von grünen E-Fuels für den Straßenverkehr dient Akteuren der Öl- und Autoindustrie als Ablenkungsmanöver, um eine echte Mobilitätswende und den Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor zu verhindern. So zementieren wir am Ende vor allem unsere Abhängigkeit von fossilem Öl. Das Anpreisen von Scheinlösungen wie E-Fuels ist eine der bewährten Verzögerungstaktiken der Anti-Klimalobby.

Unsere Forderungen

Um einen positiven Klimaeffekt zu gewährleisten, muss der Einsatz von Wasserstoff und E-Fuels

  • durch Reduktion des Energiebedarfs in allen Bereichen insgesamt auf das absolut nötige Minimum beschränkt werden,
  • zielgerichtet in Anwendungen erfolgen, in denen Strom nicht direkt genutzt werden kann und
  • von stringenten Nachhaltigkeitsstandards in der Produktion untermauert sein.

Wasserstoff und E-Fuels können eine ergänzende Option in Bereichen wie der Hochseeschifffahrt sein. Der Straßenverkehr aber gehört definitiv nicht zu den sinnvollen Einsatzgebieten. Der breite Einsatz von Wasserstoff und E-Fuels im Straßenverkehr würde globale Nutzungskonkurrenzen um Ökostrom, Wasser, Land und andere Ressourcen massiv verschärfen und die erforderliche Dekarbonisierung aller anderen Sektoren (Industrie, Energie, Wärme) unmöglich machen.

Statt Scheinlösungen wie E-Fuels zu verfolgen, brauchen wir im Verkehr endlich eine grundlegende Mobilitätswende, mit der wir den Pkw- und Flugverkehr deutlich reduzieren und die klimafreundlichen Alternativen Rad, Bus und Bahn attraktiv machen. Für den unvermeidlichen Straßenverkehr müssen wir auf sparsame elektrische Fahrzeuge umsteigen, die den erneuerbaren Strom effizient nutzen können.

Kontakt

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Dr. Johanna Büchler
Senior Expert Verkehr und Luftreinhaltung
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