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Eine intakte Umwelt bewahren – dazu hat sich Deutschland im Rahmen der Ziele für nachhaltige Entwicklung bis 2030 verpflichtet. Bisher verfehlen wir dieses Ziel: die Artenvielfalt geht zurück, Gewässer und Meere sind in einem schlechten Zustand, der Klimawandel nimmt weiterhin an Fahrt zu und unsere Luft zum Atmen ist verschmutzt. Die Ursache vieler Probleme ist der Stickstoff-Überschuss.

Der 25. September 2015 markiert einen wichtigen Wendepunkt in der Umweltpolitik. An diesem Tag hat die internationale Staatengemeinschaft die globalen Ziele für eine nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) beschlossen. Die insgesamt 17 Ziele gelten dabei für alle 193 unterzeichnenden Länder, denn nur gemeinsam kann eine nachhaltige Zukunft gestaltet werden. Die SDGs formulieren Maßnahmen und Zielsetzungen zu den wichtigsten Themen der Zukunft: z. B. Armut, nachhaltiges Wachstum, Eindämmung des Klimawandels, Geschlechtergerechtigkeit und Schutz von Land- und Wasserökosystemen.

 

Auch Deutschland hat die Agenda 2030 mit den 17 Zielen unterzeichnet. In der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie von 2016 werden Schritte aufgezeigt, wie diese in Deutschland bis 2030 erreicht werden sollen. Am 10. März 2021 hat das Bundeskabinett deren Weiterentwicklung beschlossen. Tortzdem ist immer noch viel zu wenig passiert.        

Stickstoff ist ein elementarer Nährstoff, der Pflanzen zum Wachsen bringt und Leben auf unserer Erde ermöglicht. Im natürlichen Stoffkreislauf bilden sich verschiedene Stickstoffverbindungen, die in der Luft, im Wasser und im Boden vorkommen. Doch: Durch menschliche Aktivitäten ist Stickstoff vom Nährstoff zum Problem geworden. Schädliche Stickstoffverbindungen gelangen in unsere Umwelt und verursachen dort einen Stickstoff-Überschuss. Dieser Überschuss vergiftet Gewässer und Meere, bedroht die Artenvielfalt, heizt den Klimawandel an und gefährdet die menschliche Gesundheit.

Neun der 17 Ziele für eine nachhaltige Entwicklung (SDG) können nur erreicht werden, wenn schädliche Stickstoffemissionen endlich reduziert werden. Somit ist die Stickstoffproblematik von hoher politischer und gesellschaftlicher Relevanz. Die Gestaltung unserer Zukunft auf einem intakten Planeten hängt davon ab. 

 

Schädliche Stickstoffverbindungen gelangen über menschliche Aktivitäten in die Umwelt. Über die Hälfte der Emissionen stammen aus der Landwirtschaft. Als Dünger für das Pflanzenwachstum gelangt Stickstoff in zu hohen Mengen auf die Felder. Werden viele Tiere auf zu wenig Raum gehalten werden, fällt besonders viel Gülle an. Sie wird auf den umliegenden Äckern und Feldern entsorgt und belastet die Umwelt und das Klima. Als Gas entweicht der ungebundene Stickstoff in die Atmosphäre und heizt in Form von Lachgas, einem 265-mal so starken Treibhausgas wie Kohlendioxid, das Klima an (SDG 13). Im Boden gebunden gelangt er über Auswaschungen in das Grundwasser und die Gewässer und Meere. Dort bedroht er das Leben unter Wasser (SDG 14), denn die Stickstoffmengen lösen großflächige Algenblüten aus, die Zonen ohne Sauerstoff und ohne Leben („Totzonen“) erzeugen. Die Ostsee gehört zu den weltweit größten marinen Gebieten mit Totzonen. Der Zugang zu sauberen Wasser (SDG 6) ist durch die Verschmutzung unseres Grundwassers mit Nitrat als wichtige Trinkwasserquelle gefährdet. An rund 20 Prozent der Grundwassermessstellen wird der gesetzlich zulässige Nitrat-Grenzwert überschritten. Diese sogenannten „roten Gebiete“ kommen vor allem in Gebieten mit Massentierhaltung vor.

Gelangt viel Stickstoff in unsere Ökosysteme, verändert er die Lebensbedingungen für Pflanzen, Insekten und andere Lebewesen. Ein Großteil der ursprünglichen Flora und Fauna Europas ist angepasst an magere Böden, die wenig Stickstoff enthalten. Stickstoffeinträge führen deshalb zu einem Verlust der Artenvielfalt. In der industriellen Landwirtschaft werden zudem wenige  Kulturen auf riesigen Flächen angebaut. Chemische Hilfsmitteln wie Pestiziden werden intensiv und präventiv eingesetzt. Für Ackerkräuter und Insekten bleibt kaum noch Lebensraum. Ohne stickstoffhaltige Düngemittel kann auf den ausgelaugten Böden nichts mehr wachsen. Die nachhaltige Alternative wäre eine kleinteilige Landwirtschaft, in der Platz bleibt für verschiedene Kulturarten, Blühstreifen und Heckenstrukturen. Durch den Wechsel von verschiedenen Kulturen wird der Boden weniger ausgelaugt. Stickstoff kann auch durch den Anbau bestimmter Pflanzen (Leguminosen) im Boden natürlich gebunden werden. Denn zur Erreichung einer nachhaltigen Entwicklung brauchen wir eine Landwirtschaft, die weniger von Düngemitteln und Pestiziden abhängig ist.

Der weltweite Hunger auf Fleisch nimmt weiter zu und mit ihm der Überschuss an Gülle. Da der Platz in Deutschland für den Anbau von Futtermitteln für die Millionen Tiere der Fleischproduktion nicht ausreicht, werden Futtermittel in Übersee angebaut. Dabei handelt es sich hauptsächlich um proteinreiches Sojaschrot. Um Soja anzubauen, werden artenreiche Ökosysteme in Südamerika in landwirtschaftliche Produktionsflächen umgewandelt. Brandrodungen, z.B. im Amazonas, finden für die Rinderzucht, aber auch für die deutsche Fleischproduktion statt. Die dortigen Einwohner verlieren ihr Land und somit auch ihre Lebensgrundlage. Hinzu kommt der Sojaanbau. Das Resultat sind ausgelaugte Böden, die dem Anbau heimischer Nahrungsmittel langfristig verloren gehen. Somit steht der weltweite Hunger auf Fleisch dem Ziel Kein Hunger bis 2030 (SDG 2) entgegen.

Deutschland war lange Vorreiter bei der Energiewende. Doch allmählich kommt dieser Trend ins Stocken. Dabei hat die Industrie- und Energiewirtschaft einen Anteil von etwa 14 Prozent an schädlichen Stickstoffemissionen. Die Verbrennung fossiler Energieträger wie Kohle und Gas setzt Stickstoffoxide frei. Auch bei Verbrennungsprozessen in Fahrzeugmotoren entsteht schädliches Stickstoffdioxid. Der Verkehr hat somit einen Anteil von 13 Prozent an den Stickstoffemissionen. Stickstoffdioxid ist ein Ausgangsstoff zur Bildung von bodennahmen Ozon und sekundärem Feinstaub bei. Feinstaub in der Luft erhöht das Risiko für Herzkreislauf- und Atemwegserkrankungen, reduziert die Lungenfunktion und verursacht Krebs. Besonders in Städten mit hohem Verkehrsaufkommen sind die Feinstaubkonzentrationen hoch. Somit gefährden Stickstoffemissionen aus Verbrennungsprozessen Gesundheit und Wohlergehen (SDG 3). Der Umstieg auf bezahlbare und saubere Energie (SDG 7) bei der Strom- und Wärmeerzeugung und die Trendwende bei der Mobilität hingegen schützen unsere Gesundheit.

Neben der Landwirtschaft entstehen schädliche Stickstoffemissionen in der Industrie und durch die Infrastruktur (Energieversorgung, Abfall- und Abwasserbehandlung). Bis 2030 sollen deshalb ressourcenschonende Ansätze für Industrie, Innovation und Infrastruktur geschaffen und gefördert werden (SDG 9). Vor allem Unternehmen stehen zunehmend in der Pflicht effiziente, saubere und umweltverträgliche Innovationen und Technologien anzuwenden. Die Politik muss einen fördernden Rahmen dafür schaffen, indem z.B. mehr Geld in die Forschung und Entwicklung von stickstoffarmen Technologien fließt und ein Wissenstransfer auch in andere Länder stattfindet. Infrastruktur und Industrie müssen konsequent modernisiert und nachgerüstet werden, um Stickstoffemissionen deutlich zu reduzieren. Besonders ressourcenverschwendende und umweltschädliche Technologien, wie bspw. die Stromerzeugung aus Kohle, dürfen keine Zukunft mehr haben.

Dein Konsum in den Bereichen Ernährung, Mobilität und Energieverbrauch beeinflusst die Stickstoffemissionen weltweit. Pro Kopf und Jahr werden laut Umweltbundesamt etwa 24 kg Stickstoff freigesetzt. 80 Prozent gehen dabei allein auf das Konto der Ernährung.

Du kannst also etwas tun, indem du deinen Fleischkonsum reduzierst, auf saubere Mobilität umsteigst und grünen Strom beziehst. Für kurze Strecken auf das Fahrrad umsteigen ist sogar gut für die Gesundheit. Auch Urlaubsziele, die du mit der Bahn erreichen kannst, bieten Erholung und neue Kulturen. Verschwende keine Lebensmittel, denn für Lebensmittel, die im Müll landen, entstanden unnötig Stickstoffemissionen. Ressourcen, wie Boden, Wasser aber auch Verpackungen und Energie zur Erzeugung der Lebensmittel werden umsonst verbraucht. Weltweit landen schätzungsweise ein Drittel der Lebensmittel im Müll. Die Hälfte davon ist noch genießbar. Lebensmittelverschwendung soll bis 2030 halbiert werden (SDG 12.3), um den unnötigen Ressourcenverbrauch und den Stickstoffüberschuss zu reduzieren. Sei kein Teil der Wegwerfwerfgesellschaft. Schätze deine Lebensmittel!

Die Bundesregierung hat sich mit der Unterzeichnung der globalen Ziele für eine nachhaltige Entwicklung (SDGs) dazu verpflichtet, Maßnahmen für die Reduktion des Stickstoffeintrages in die Umwelt zu ergreifen. Ein erster Schritt wäre ein ambitioniertes „Aktionsprogramm Stickstoff“, welches die verschiedenen Handlungsfelder, Landwirtschaft, Energiewirtschaft, Industrie, Infrastruktur und Mobilität, mit konkreten Zielen und Maßnahmen ausstattet. Auch der Bereich Konsum sollte vermehrt Beachtung finden. Zahlreiche internationale, europäische und nationale Verpflichtungen adressieren das Thema Stickstoff zudem direkt oder indirekt. Dazu zählt beispielsweise die Genfer Luftreinhaltekonvention von 1983 als erster völkerrechtlich verbindlicher Vertrag zur Luftreinhaltung weltweit. Daraus entstand 2005 das Göteborg-Protokoll, welches dazu verpflichtet, bis 2010 nationale Emissionshöchstmengen für gasförmige, schädliche Stickstoffverbindungen einzuhalten. Das Protokoll wurde 2012 überarbeitet, um nationale Verpflichtungen zur Emissionsreduzierung aufzunehmen, die bis 2020 und darüber hinaus erreicht werden sollen.

Auch die europäische Rahmengesetzgebung umfasst zahlreiche Richtlinien mit stickstoffbezogenen Zielen. Dazu zählen z.B. die Nitratrichtlinie von 1991, die gesetzlich zugelassene Grenzwerte im Grundwasser festlegt und die NEC-Richtlinie zur Reduzierung von Ammoniakemissionen in Europa. Mit unserer Arbeit überprüfen wir die Einhaltung bestehender Umweltgesetzgebung.

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Dieses Projekt wurde gefördert durch das Umweltbundesamt und das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz. Die Mittelbereitstellung erfolgt auf Beschluss des Deutschen Bundestages.    

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