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Aquakultur kann dazu beitragen, den Druck von überfischten Wildfischbeständen zu nehmen und gleichzeitig für Nahrungssicherheit sorgen. Doch aktuell ist das leider nicht der Fall, da viele dieser Wildfische in Aquakultur-Futtermitteln landen. Eine Entkopplung der Aquakultur von der Fischerei ist deshalb unabdingbar. Untersuchungen der Deutschen Umwelthilfe (DUH) zeigen, dass deutsche Supermärkte den Nachhaltigkeitsstandards für Futtermittel in der Aquakultur bisher nicht gerecht werden. Durch Aufklärung unter den Verbraucher*innen und mit Forderungen nach mehr Transparenz in den Lieferketten setzen wir uns deshalb für einen nachhaltigen Wandel bei der Verwendung von Futtermitteln in der Aquakultur ein.

Unsere Meere sind überfischt. Gleichzeitig wächst das weltweite Verlangen nach Fisch und Meeresfrüchten beständig. Aquakultur scheint die Lösung zu sein, sie ist aktuell einer der am schnellsten wachsenden Wirtschaftszweige der Nahrungsmittelerzeugung weltweit. Leider trägt die Aquakultur einen guten Teil zur Überfischung der Meere bei. Fast 20 Prozent der weltweiten Fischanlandungen – ca. 20 Millionen Tonnen Wildfisch pro Jahr – werden derzeit zu Fischmehl und -öl verarbeitet, mit dem wiederum zum Großteil die Aquakulturindustrie beliefert wird.

Supermärkte haben eine enorme Macht, das Konsumverhalten der Verbraucher*innen zu beeinflussen. Sie müssen dafür sorgen, dass hohe Nachhaltigkeitsstandards für die Lebensmittel- und Fischfutterproduktion in ihren Lieferketten eingehalten werden. Die Berichte „Futter bei die Fische“ und "Floundering Around" der DUH zeigen, dass sie dieser verantwortungsvollen Rolle bisher nicht gerecht werden.

Jeder fünfte weltweit gefangene Fisch wird zu Fischmehl und -öl verarbeitet

Aquakultur ist die Zucht von Fischen und Schalentieren an Land oder im Meer. Ist deren Produktion nachhaltig, kann durch sie eine gesunde Proteinquelle geschaffen werden, ohne dass ökologische Grenzen überschritten werden. Doch leider ist die Aquakultur nicht so unabhängig von der Fischerei, wie es scheint. Zwei der größten Abnehmer weltweit für Wildfische, wie Sardinen, Hering oder Sardellen, sind die Aquakultur- und Agrarindustrie. Die Nachfrage nach Fischmehl und -öl steigt im gleichen Maße, in dem die Aquakulturindustrie expandiert – rasant. Dabei gibt es bereits nachhaltigere Alternativen: pflanzliche Futtermittel, die Fischmehl und -öl ersetzen, sowie die Zucht anderer Fischarten, die wenig oder kein Fischmehl und –öl im Futter brauchen.

Unter den aktuell vorherrschenden Gegebenheiten sind Aquakulturen leider mehr Fluch als Segen für die Meere. Sie stellen eine inakzeptable Belastung für Wildfische und die Menschen dar, die von gesunden marinen Ökosystemen abhängig sind. Unabdingbar für echte Nachhaltigkeit ist deshalb eine Entkopplung der Aquakultur von der Fischerei. Die DUH setzt sich bundesweit für einen nachhaltigen Wandel  bei der Verwendung von Aquakultur-Futtermitteln ein.

Ein Arbeiter entlädt “Abfallfische” im Hafen von Ullal in Karnataka, Indien© Changing Markets
Verladung von “Abfallfischen” eines Hochsee-Fischereifahrzeugs in Vietnam, die später zu Fischmehl verarbeitet werden© Changing Markets
Ein Mann steht auf Triggerfisch-Beifang in einem Hafen in Mangalore (Indien)© Changing Markets
 

In Deutschland wird der meiste Fisch als Tiefkühlware, Konserve oder Marinade im Supermarkt verkauft. Supermärkte haben damit eine enorme Macht, das Konsumverhalten der Verbraucher*innen zu beeinflussen. Sie müssen dafür sorgen, dass hohe Nachhaltigkeitsstandards für die Lebensmittel- und Fischfutterproduktion in ihren Lieferketten eingehalten werden. Ihnen kommt damit eine entscheidende Verantwortung zu, eine Vorreiterrolle beim Einsatz für gesunde Meere zu übernehmen.

DUH übt Kritik am Umgang von Groß- und Einzelhändlern mit Wildfisch als Futtermittel in ihren Aquakultur-Lieferketten

In Deutschland wird der meiste Fisch als Tiefkühlware, Konserve oder Marinade im Supermarkt verkauft. Supermärkte haben damit eine enorme Macht, das Konsumverhalten der Verbraucher*innen zu beeinflussen. Sie müssen dafür sorgen, dass hohe Nachhaltigkeitsstandards für die Lebensmittel- und Fischfutterproduktion in ihren Lieferketten eingehalten werden. Ihnen kommt damit eine entscheidende Verantwortung zu, eine Vorreiterrolle beim Einsatz für gesunde Meere zu übernehmen.

Anhand von umfassenden Interviews, eigenen Recherchearbeiten und Marktbesuchen hat die DUH untersucht, wie transparent und nachhaltig die Lieferketten der Groß- und Einzelhändler im Hinblick auf die Produkte der Aquakulturindustrie und der dort verwendeten Futtermittel tatsächlich sind. Insbesondere vor dem Hintergrund eines zukünftigen EU-Lieferkettengesetzes, das dafür sorgen soll, dass große Unternehmen nicht ohne Berücksichtigung von Umweltstandards und Menschenrechten wirtschaften können, ist es essentiell, dass hier ein guter Wissensstand herrscht. Die Ergebnisse, veröffentlicht im DUH-Bericht „Futter bei die Fische“, zeigen ein ernüchterndes Bild: Keines der evaluierten Unternehmen erfüllte auch nur die Hälfte der untersuchten Bedingungen in den Bereichen „Lieferketten-Transparenz“, „Unternehmenspolitik“ und „Produktvermarktung“. Die größten Einzelhändler Europas tragen damit weiter zur Überfischung der Meere bei. Unser Bericht „Floundering Around“ deckt außerdem auf: Keiner der 33 größten Lebensmittelhändler in Europa ergreift konkrete Maßnahmen, um Wildfisch als Futtermittel aus seinen Aquakulturlieferketten auszuschließen. Das gilt auch für Groß- und Einzelhändler in Deutschland wie Aldi, Lidl, Edeka und Co.

Keiner der Händler formuliert ein klares Ziel, wann und wie Wildfisch als Futtermittel aus ihren Aquakultur-Lieferketten verschwinden soll.  An der Spitze der Rangliste zeigte KAUFLAND ein ernstzunehmendes Engagement für unsere Untersuchung und konnte Informationen über die Wildfische liefern, die im Fischfutter einiger seiner Produkte verwendet werden. Als erster deutscher Lebensmitteleinzelhändler bietet KAUFLAND in einer Eigenmarke Lachs an, der mit Algenöl statt mit Fischöl gefüttert wird. Schlusslicht der Bewertung ist die METRO AG, deren Anzahl nachhaltiger Fischprodukte 2018/19 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sogar gesunken ist.

Die DUH fordert einen schrittweisen Verzicht von Wildfisch in Futtermitteln bis spätestens 2025, um Fischerei und Aquakultur zu entkoppeln.

Die Rolle des Groß- und Einzelhandels bis zum Verbraucher

Im Angesicht von Klimawandel und menschgemachter Ökosystemzerstörung, die unsere Ernährungssicherheit bedrohen, sowie einem zunehmenden Fokus auf verantwortungsbewusster und gesunder Ernährung, können es sich Groß- und Einzelhändler nicht mehr leisten, vor dieser Problematik die Augen zu verschließen. Sie müssen ihren Beitrag leisten, indem sie Sorgfaltspflichten einhalten, Risikoanalysen durchführen, sich zu festgeschriebenen Standards bekennen, nachhaltigere Alternativprodukte offensiver vermarkten und ihre Lieferketten für ihre Kund*innen vollständig transparent machen. Ultimativ braucht es eine gesetzliche Verpflichtung der Unternehmen, die Nutzung von Wildfisch in den Futtermitteln ihrer Aquakultur-Lieferketten zu beenden.

Durch breite Bewusstseinsschaffung bei den Verbraucher*innen für die Probleme im Zusammenhang mit der Verwendung von Wildfisch als Fischfutter in Aquakulturen ebenso wie durch politische Arbeit schaffen wir öffentlichen Druck, der relevante Akteur*innen dazu motiviert, nachhaltige Lösungsansätze weiterzuverfolgen. Hierzu erarbeiten wir mit Hilfe relevanter Stakeholder und Erkenntnissen aus der Wissenschaft Handlungsempfehlungen und Positionspapiere, um einen nachhaltigen Wandel bei der Verwendung von Aquakultur-Futtermitteln einzuleiten.

Das Projekt „Futter bei die Fische“ wird von der Deutschen Postcode Lotterie gefördert und ist Teil der europaweiten Kampagne „Fishing the Feed“ der Changing Markets Foundation, die die Aquakulturindustrie dazu aufruft, die Verwendung von Wildfisch zur Fütterung von Zuchtfischen zu beenden.

Copyright Navigationsbild: Thorsten Schier - Fotolia
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