Umweltgerechtigkeit und Biodiversität

Manch einer ist vielleicht der Meinung, dass Städte – geprägt von Stahl und Beton – und Artenvielfalt per se unvereinbar sind. Doch ganz im Gegenteil – Untersuchungen zeigen, dass Städte wahre Zentren der Artenvielfalt sind und sich hier nicht selten viel mehr Pflanzen- und Tierarten tummeln als in manchem natürlichen Biotop.

Städtische Parkanlagen, offene Grünräume, Stadtwälder, Wasserläufe, aber auch Brachflächen, Straßenränder, Gleise oder andere Kleinstbiotope sind grüne Inseln inmitten betongeprägter Stadträume. Entscheidend ist die hohe Struktur- und Substratvielfalt dieser kleinen Lebensräume, die eine große Bandbreite verschiedener Ansprüche abdecken. So stellen sie ökologische Nischen für eine Vielzahl an Pflanzen- und Tierarten dar, die in unserer versiegelten und landwirtschaftlich genutzten Landschaft keinen Lebensraum mehr finden. Trotz der geringen Habitatgröße sind viele Arten in der Lage, ihre Populationen auf diesen isolierten Flächen aufrechtzuerhalten.

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Zum typischen städtischen Artenspektrum zählen allerdings auffallend viele ubiquitäre Arten, also „Allerweltsarten“, die durch ihre wenig anspruchsvolle Lebensweise an vielen Orten überleben und sich an wechselnde Bedingungen anpassen können. Zudem gilt in städtischen Biotopen die Faustregel, dass eine hohe biologische Vielfalt Indiz ist für geringen menschlichen Einfluss, naturgemäß nicht. Kurioserweise stellen Arten, die sich üblicherweise von Städten fernhalten, den größten Anteil am städtischen Artenspektrum. Diese Relikte aus Zeiten vor der menschlichen Besiedlung haben vermutlich inmitten ihrer Kleinstbiotope überdauert. Heute kommen sie nur mehr auf wenigen Flächen vor und sind häufig durch drohende Bauvorhaben gefährdet.

Die große Artenzahl in den Städten lässt sich zum Teil durch die Besiedlung durch den Menschen erklären. Zum einen hat sich der Mensch bevorzugt dort niedergelassen, wo die Landschaft bereits durch vielfältige Strukturen wie Fließgewässer, Wälder, Felder und Verkehrswege geprägt war. Darüber hinaus hat der Mensch durch sein Wirken im Laufe der Zeit dafür gesorgt, dass weitere Arten in die Städte eingewandert sind. Die zunehmende Einwanderung fremder Arten kann aufgrund steigender Mobilität in der heutigen Zeit allerdings zum Problem werden. So werden im Zuge der Globalisierung zunehmend Arten eingeschleppt, die natürlicherweise nicht bei uns vorkommen. Wenn sich diese Neophyten und Neozoen allzu massiv ausbreiten, können sie das heimische Artgefüge nachhaltig stören.

Natur in der Stadt erbringt vielfältige Leistungen, die zur Steigerung der Lebensqualität beitragen. Pflanzen reduzieren durch ihre Filterfunktion Staub- und Lärmemissionen, sie verbessern das Mikroklima in Quartieren, mindern gas- und partikelförmige Luftschadstoffe.

Diese ökologischen Leistungen nutzen auch dem Menschen und wirken sich förderlich auf die Gesundheit aus – durch Biodiversität in der Stadt entsteht ein sozialer Nutzen. Man spricht hier auch von Ökosystemdienstleistungen. Dieser soziale Nutzen hat aber auch noch eine andere Komponente: Gärten, Parks und Grünanlagen sind Orte der Erhohlung und Ruhe, dienen der Entspannung und dem Abbau von Aggressionen. Städtische Parks regen zum Sport an und bieten Kindern Möglichkeiten zum Spielen und Toben. 

Die Umweltgerechtigkeitslücke im Themenfeld Stadt und Grün zeigt sich auch daran, dass der Zugang zu Grünflächen und Parks sozial ungleich verteilt ist. Der "Gesundheitsbericht für Deutschland" des Statistischen Bundesamtes von 1998 stellte fest, dass am Wohnungsmarkt benachteiligte Gruppen häufiger in Stadtteilen leben, die wenige Grünflächen aufweisen. Eine Untersuchung aus dem Jahre 2008 stellte fest, dass es einen Zusammenhang zwischen der Versorgung mit Grünflächen und der Arbeitslosenquote gibt. Sozial benachteiligte Menschen sind also häufiger von den Dienstleistungen, die das öffentliche Grün erbringt, ausgeschlossen.

Gerade Kinder würden von ökologisch gestalteten, nutzbaren Grünflächen profitieren, denn sie verbringen viel Zeit in der direkten Umgebung der Wohnung. Das Wohnumfeld von armen und armutsgefährdeten Personen bietet oftmals keine gesundheitsförderlichen Bedingungen. Schimmel, schlechte Innenraumluftqualität und Verkehrsemissionen verstärken die Belastung. Ein degradiertes Wohnumfeld fördert Bewegungsarmut und Übergewicht.

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Es gibt viele Möglichkeiten, die Biodiversität in der Stadt zu steigern. Manche Maßnahmen können kostengünstig und zeitnah umgesetzt werden, wie zum Beispiel Fassaden-, Dach- und Straßenbegrünung. Die Neuanlage von Parks und öffentlichen Grünanlagen erfordert längere Planungszeiträume und einen höheren Finanzrahmen. Bürgernahe Planungsmethoden, die die Anwohnerinnen und Anwohner zu einem frühen Zeitpunkt in die städtische Planung einbinden, erhöhen die Akzeptanz. Außerdem kann die Planung auf die zukünftige Nutzung ausgerichtet werden.

Ein großes Potenzial liegt sicherlich in der ökologischen Umgestaltung bereits vorhandener Grünflächen. Öffentliche Schulen, Kitas, Krankenhäuser und Altenheime verfügen oft über Grünflächen, die aber wenig genutzt werden, weil in der Vergangenheit Arten gepflanzt wurden, die pflegeleicht sein sollten und wenig ansprechend für die Bevölkerung sind. Ebenso ist es mit "Grünabstandsflächen" im Geschosswohnungsbau. Eine Umgestaltung mit heimischen Pflanzenarten erhöht für die Bürgerinnen und Bürger die Nutzbarkeit der Flächen. Und von einem ökologischen Grünflächenmanagement, zum Beispiel ohne Pflanzenschutz, profitieren die Gemeinden oft auch finanziell.

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Zusammenfassung

Entgegen der allgemeinen Vermutung finden in der Stadt viele Tier- und Pflanzenarten einen Lebensraum. Vor allem in städtischen Grünflächen, aber auch auf kleinräumigen Brachflächen und sonstigen Biotopinseln bieten sich vielfältige biologische Nischen. Stadt und Artenvielfalt schließen sich also nicht aus, allerdings unterscheidet sich die städtische Artenzusammensetzung sehr von der natürlicher Biotope. Grünflächen bieten auch dem Menschen eine Reihe von Ökosystemdienstleistungen wie etwa die Verringerung von Luft- und Staubemissionen, aber auch die Möglichkeit zu Erholung und Bewegung. Die Anlage und ökologische Ausgestaltung städtischer Grünflächen bringt biologische Vielfalt in die Stadt und nutzt neben den Bürgern auch den Kommunen.

Kontakt

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Markus Zipf
Bereichsleiter Kommunaler Umweltschutz
Tel.: 07732 9995-65
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