Methan: Der unterschätzte Klimatreiber

Methan ist ein farb- und geruchloses Gas, welches als Gruppe der kurzlebigen klimawirksamen Schadstoffe (SLCP) nur etwa zwölf Jahre in der Atmosphäre verweilt, in dieser Zeit aber sehr stark erwärmend wirkt. Methan ist neben Kohlendioxid das zweitwichtigste Treibhausgas. Durch den Menschen verursachtes Methan trägt zu etwa 30 Prozent zur globalen Erwärmung bei und wirkt über einen Zeitraum von 20 Jahren etwa 83-mal so stark in der Atmosphäre wie CO2. Damit leistet das Methan heute einen Beitrag zur Brutto-Temperaturerhöhung von 0,5 Grad Celsius (IPCC, 2021). Denn bei dem Oxidationsprozess von Methan entsteht unter anderem der Luftschadstoff Ozon und als Endprodukt Kohlenstoffdioxid (CO2).

Bodennahes Ozon führt bei Menschen zu gesundheitlichen Schäden wie Augenreizungen, Entzündungen der Atemwege, Asthma, einer Einschränkung der Lungenfunktion, einer Beeinträchtigung der körperlichen Leistungsfähigkeit und sogar zu einer frühzeitigen Sterblichkeit, ungeachtet der Länge der Belastung. Eine Studie unter Leitung des Stockholm Environment Institutes schätzt, dass im Jahr 2010 weltweit etwas mehr als eine Million Todesfälle durch Atemwegserkrankungen bei Erwachsenen auf Belastungen durch Ozon zurückzuführen waren (Malley et. al. (2017)).

Als Vorläufersubstanz für Ozon, kommt ein Anstieg der Methanemissionen ebenfalls mit einem Anstieg der Todesfälle durch länger anhaltende Ozonbelastungen einher. Neben den negativen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und das Klima, schädigt Methan zudem Ökosysteme und Nutzpflanzen. Länger anhaltende Belastungen nur mäßig erhöhter Ozonkonzentrationen stellen ein Risiko für das Pflanzenwachstum, die Ernteerträge, die Qualität landwirtschaftlicher Produkte und Ökosystemleistungen wie die Kohlenstoffbindung in Wäldern dar. Durch den Menschen verursachtes Methan entsteht vor allem in der Landwirtschaft und hier in der Tierhaltung. Weitere relevante Quellen sind aber auch der Energie- und Industriesektor mit der Förderung und dem Transport fossiler Brennstoffe sowie der Abfallsektor mit der Lagerung und Verarbeitung von Abfällen, welcher auch den Abwassersektor beinhaltet.

Die Methanemissionen, vor allem die Emissionen aus der Tierhaltung, stagnieren in Deutschland seit Jahren. Unter den jetzigen politischen Szenarien wird sogar ein Anstieg der Methanemissionen um 30 Prozent im Vergleich zum Jahr 2015 erwartet. Außerdem folgt der in der letzten Dekade beobachtete Anstieg des atmosphärischen Methans dem Trend des wärmsten vom IPCC untersuchten Szenarios, nach dem es zu einer geschätzten globalen Erwärmung von 4,3 Grad Celsius bis 2100 kommen kann. 

Hauptverursacher Landwirtschaft:

Mit fast zwei Dritteln machen die Methanemissionen einen Hauptanteil der Treibhausgasemissionen innerhalb des Landwirtschaftssektors im Jahr 2022 aus. Auch im Jahr 2020 war die Landwirtschaft der größte Treiber der deutschen Methanemissionen. Methanemissionen aus der Tierhaltung setzen sich aus Emissionen aus der Fermentation während des tierischen Verdauungsprozesses von Wiederkäuern, den Emissionen durch die Lagerung von Festmist und Gülle (Wirtschaftsdüngermanagement) und weiteren Quellen, hauptsächlich aus der Vergärung von Energiepflanzen, zusammen. Nutztiere tragen zu gut drei Vierteln und das Wirtschaftsdüngemanagement zu einem weiteren Fünftel zum Methanausstoß der Landwirtschaft bei. Da der größte Anteil des Methans aus dem Wirtschaftsdünger auf die Exkremente von Rindern und Schweinen zurückgeht, ist vor allem die Nutztierhaltung das Hauptproblem der Methanemissionen in Deutschland. Auf die Rind- und Milchkuhhaltung entfallen etwa 96 Prozent der Methanemissionen des Landwirtschaftssektors. Aber auch die Vergärung von Energiepflanzen hat mit etwa 4 Prozent einen zunehmenden Einfluss auf die landwirtschaftlichen Methanemissionen.

Insbesondere in der ersten Dekade nach der Wiedervereinigung erfolgte die größte Reduktion der Methanemissionen aus dem Landwirtschaftssektor, hauptsächlich begründet mit der Umstrukturierung der Landwirtschaft in den neuen Bundesländern. Der Reduktionstrend hat sich seitdem deutlich verlangsamt und besonders bei der Methanreduktion in der Tierhaltung gibt es noch deutlich Luft nach oben, vor allem da ein großer Teil der Reduktion ab den 2000ern einem verbesserten Wirtschaftsdüngermanagement zuzuschreiben ist.

Erhöhte Ozonkonzentrationen haben zudem negative Auswirkungen auf die Nutzpflanzen, insbesondere auf deren Ertrag. Somit schadet die Landwirtschaft sich durch die hohen Emissionen selbst. Dies führt zu weltweiten Ernteverlusten in Höhe von schätzungsweise 11 bis 18 Milliarden Dollar jährlich. Schon mäßig erhöhte Ozonkonzentrationen stellen ein Risiko für das Pflanzenwachstum, die Ernteerträge und die Qualität landwirtschaftlicher Produkte dar.

Um einen relevanten Beitrag zur Erfüllung der Klimaziele zu erreichen und zusätzlich die Auswirkungen auf Luftqualität und Ökosysteme zu reduzieren, kann im Landwirtschaftssektor bereits eine Kombination von technischen und konsumbasierten Maßnahmen herangezogen werden. Zu den verfügbaren technischen Maßnahmen gehören:

Die Planung des Wirtschaftsdüngermanagements vom Stall bis zum Feld hat Vorteile für die Emissionsminderung: Das schließt die Einführung von Maßnahmen wie der luftdichten Lagerung von frischer Gülle und Gärresten sowie kontinuierlicher Entmistungssysteme in den Ställen und effizienter Gülleausbringungstechniken auf den Feldern ein.

Selektive Zucht kann Rassen mit einem natürlich geringeren Methanausstoß fördern. Zweinutzungsrassen können die Methanemissionen reduzieren und gleichzeitig den Tierschutz verbessern. Der Einsatz robusterer und langlebigerer Rassen mit unterschiedlichen Merkmalen kann diese Strategie ergänzen.

Die Verlängerung der Nutzungsdauer von Milchkühen verringert die relativen Methanemissionen pro Produkteinheit.

Eine optimierte Fütterung durch eine verbesserte Futtermittelumsetzung der Tiere oder Verwendung anderer Futtermittel kann die Methanemissionen verringern. Dazu kann auch die Beeinflussung der mikrobiellen Aktivität durch Futtermittelzusätze gehören. Wir befürworten deren Einsatz aber nur in enggestecktem Rahmen, da einige Produkte negative Nebenwirkungen aufweisen und das langfristige Reduktionspotenzial noch nicht bekannt ist. Es gibt Hinweise darauf, dass trotz regelmäßiger Verabreichung eines Futterzusatzstoffes die Wirkung aufgrund der Anpassungsfähigkeit des Mikrobioms von Wiederkäuermägen mit der Zeit nachlässt. Weitere Forschung ist hier notwendig, um das Potenzial zu verifizieren.

Biogasanlagen können Emissionen auffangen und durch Vergärung Biogas erzeugen, das in nutzbare Energie umgewandelt werden kann. Eine Erhöhung des Gülleanteils im Gärsubstrat von Biogasanlagen bringt Vorteile für die Biogaserzeugung. In der kleinbäuerlichen Landwirtschaft ist es ratsam, Biogasanlagen gemeinschaftlich zu betreiben, z.B. in Form eines Zusammenschlusses von Landwirt:innen oder Kooperativen. In jedem Fall darf die Verwertung von Gülle in Biogasanlagen nicht zu einem Anreiz für die Fortführung und Ausweitung der Intensivtierhaltung werden.

Diese Maßnahmen sollten umgesetzt und zum Standard in der europäischen/deutschen Landwirtschaft werden. Bei der Umsetzung dieser Minderungsmaßnahmen muss immer das Tierwohl als Leitlinie dienen. Grundsätzlich sind technische Minderungsmaßnahmen und ihr Minderungspotenzial in sich begrenzt, daher muss zusätzlich ein Methanreduzierung durch eine Verringerung der Produktion und damit des Verbrauchs von Fleisch- und Milchprodukten erreicht werden. Oder von der anderen Seite der Wertschöpfungskette gesehen, muss die Nachfrage nach Methanemissionsrelevanten Lebensmitteln gedrosselt werden, damit die Nachfrage einen reduzierenden Einfluss auf die Produktion hat.

Im Vergleich zur intensiven Produktion hat die Weidehaltung eine Vielzahl an Vorteilen, darunter auch emissionsmindernde Effekte. Die NH3- und CH4-Emissionen aus Gülle sind in Weidesystemen geringer als in Ställen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass weniger Material in Güllelagern gesammelt wird und auf der Weide ein natürlicher Trennprozess von flüssigen und festen Bestandteilen erfolgt. Die Weidehaltung bringt zudem weitere Nutzen, z.B. für das Tierwohl, die Tiergesundheit und die Artenvielfalt.

Die Umstellung auf Weidesysteme muss mit einer Reduzierung des Viehbestands einhergehen. Diese Maßnahme ist der wirksamste Weg zur Verringerung der Methanemissionen in der Landwirtschaft. Bei jeder Form der Landwirtschaft muss die Tierzahl an die verfügbare Fläche gekoppelt werden. Dies entlastet auch Hotspots und wirkt sich positiv auf die Ammoniakbelastung aus. Ein nachhaltiges Ziel sind zwei Großvieheinheiten (GVE) pro Hektar (1,4 GVE/ha in ökologisch sensiblen Gebieten).

Wirtschaftliche Instrumente können diesen Wandel im Tierhaltungssektor vorantreiben. Sie sollten insbesondere auf Betriebe abzielen, die ein Missverhältnis zwischen der Zahl der Tiere und der verfügbaren landwirtschaftlichen Nutzfläche aufweisen oder unverhältnismäßig große Mengen an Methanemissionen verursachen.

Mar Kathleen A. et. al. (2022), Beyond CO2 equivalence: The impacts of methane on climate, ecosystems, and health; in: Environmental Science and Policy, Volume 134, S. 127-136, published by Elsevier Ltd.

Appelhans J. et. al. (2022), Unterscha?tztes Treibhausgas Methan: Quellen, Wirkungen, Minderungsoptionen; in: Positionspapier August 2022, S. 1-33, Umweltbundesamt.

UBA (2023), Beitrag der Landwirtschaft zu den Treibhausgas-Emissionen, online im Internet, eingesehen: 12.02.2024, Umweltbundesamt, https://www.umweltbundesamt.de/daten/land-forstwirtschaft/beitrag-der-landwirtschaft-zu-den-treibhausgas#treibhausgas-emissionen-aus-der-landwirtschaft

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