Deutsche EU-Ratspräsidentschaft: Mit Klimaschutz die Konjunktur ankurbeln
Die neue Kommission unter Ursula von der Leyen hat mit dem Green Deal ein ambitioniertes und zukunftsweisendes Arbeitsprogramm vorgelegt, das die grüne Transformation der europäischen Wirtschaft vorantreiben und Europa auf den Weg zur Klimaneutralität bis 2050 bringen soll. Angesichts der wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise mehren sich jedoch bereits Angriffe auf den Green Deal, sowohl aus Teilen der Politik als in der fossilen Vergangenheit verhafteten Teilen der Wirtschaft.
Diese rückwärtsgewandten Kräfte argumentieren, die Klimapolitik sei ein Luxus, den wir uns angesichts des bevorstehenden Wirtschaftseinbruchs nicht mehr leisten können. Die Bundesregierung muss sich dieser Argumentation entschieden entgegenstellen, denn an den physikalischen Belastungsgrenzen unseres Planeten hat sich nichts geändert. Eine ungebremste Klimakrise kann unsere Gesellschaft gerade jetzt nicht verkraften. Ein wirtschaftliches „Weiter so“ kann es nicht geben.
Die Kernstücke europäischer Klimapolitik, wie das Klimagesetz und die Anhebung des 2030-Ziels, müssen unter der deutschen EU-Ratspräsidentschaft verabschiedet werden. Sonst verspielt Europa seine internationale Glaubwürdigkeit, was katastrophale Folgen für die ohnehin angeschlagene internationale Klimapolitik haben könnte. Das 2030-Klimaziel der EU, das gleichzeitig als offizieller Beitrag zum UN-Klimaprozess dient, muss auf 65 Prozent erhöht werden, denn nur so kann laut der Klimawissenschaft das 1,5-Grad-Ziel noch erreicht werden.
Wir haben jetzt die Chance, eine ökologische und klimagerechte Transformation unserer Wirtschaft einzuleiten. Diese müssen wir nutzen. Die Aushandlung des nächsten EU-Haushalts und des EU-Wiederaufbaufonds unter der deutschen Ratspräsidentschaft wird die Ausgabenpolitik der EU auf Jahre prägen. Es bahnen sich bereits beispiellose Konjunkturprogramme und ein deutlich höherer EU-Haushalt für die nächsten zwei Jahre an.
Dabei darf die Bundesregierung jedoch keine Finanzspritzen zulassen, die Europas Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen noch erhöhen. Dem „do no harm“-Ansatz folgend sollten keine fossilen Projekte mehr durch EU-Mittel gefördert werden. Das macht insbesondere ein Umdenken bei der Förderung von Gasinfrastruktur nötig, was die Bundesregierung bei der Überarbeitung der Verordnung für Transeuropäische Netze unbedingt beachten sollte.
Green-Deal-Initiativen mit großer Beschäftigungswirkung wie die Renovierungswelle, der Ausbau der Offshore-Windenergie und die Sektorenkopplungsstrategie sind jetzt vorranging zu behandeln und mit ausreichend Mitteln auszustatten. Wiederaufbau und Klimaschutz müssen Hand in Hand gehen, damit die Überwindung der Wirtschaftskrise die Klimakrise nicht noch verschärft.