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"Diesel-Fahrverbote werden kommen."

Dienstag, 17.01.2017

In 16 Städten klagt die Deutsche Umwelthilfe für saubere Luft. In diesem Zusammenhang fordert sie auch Fahrverbote für Diesel. Warum dies eine unverzichtbare Maßnahme ist und welche Konsequenzen dies hat, beantwortet Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH.

© Steffen Holzmann
Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch

Warum klagt die DUH in derzeit 16 Städten?

Die Luft in zahlreichen Städten in Deutschland ist zu dreckig und macht krank. Die zuständigen Behörden der Länder tun nicht genug, damit die vorgeschriebenen Luftqualitätsgrenzwerte eingehalten werden. Im Juni 2015 hat die EU-Kommission daher ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland wegen anhaltender Überschreitung der Stickstoffdioxid (NO2-)Grenzwerte eingeleitet.

Was möchte die DUH mit den Klagen erreichen?

Wir möchten, dass die zuständigen Behörden schnellstmöglich wirkungsvolle Maßnahmen ergreifen, damit die Luftqualitätsgrenzwerte eingehalten werden und die Umwelt und die Gesundheit der Menschen geschützt werden.

Mit welchen Maßnahmen kann die Luft in unseren Städten sauberer werden?

Die Maßnahmen, die betroffene Städte ergreifen können, sind vielfältig: Diesel-Taxen sollten von den Straßen verschwinden und durch Erdgas-/Benzinhybridantriebe ersetzt werden, Busse für den öffentlichen Nahverkehr sollten mit wirksamen NOx-Katalysatoren nachgerüstet werden,  öffentliche Dienststellen sollten auf die Anschaffung von Diesel-Pkw für  ihren Fuhrpark verzichten. Ganz entscheidend ist auch die Attraktivitäts- und Kapazitätsverbesserung der öffentlichen Verkehre, beispielsweise durch die Einführung eines Bürgertickets oder Park&Ride-Angeboten. Der Ausbau von Radwegen oder Tempolimits in belasteten Straßen sind ebenfall empfehlenswert.

Wenn es so viele Maßnahmen zur Luftreinhaltung gibt, warum fordert die DUH dann ein Diesel-Fahrverbot?

Die genannten Maßnahmen sind alle wichtige, aber leider auch zusammengenommen nicht ausreichend. Dieselmotoren sind die Hauptquelle für die Luftverschmutzung mit Stickstoffdioxid (NO2) in Städten. Moderne Euro 6 Diesel-Pkw emittieren 30 mal mehr Stickoxid (NOx) im realen Fahrbetrieb – also auf der Straße, als moderne Euro 6 Benzin-Pkw. Das belegen auch die aktuellen Messungen der DUH. NOx oxidiert in der Atmosphäre zu NO2. NO2 zählt aufgrund seiner unmittelbaren negativen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit zu den aktuell gefährlichsten Luftschadstoffen.

© Marggraf/DUH


Warum ist Stickstoffdioxid in der Luft so gefährlich?

NO2 schädigt die Atmungsorgane und beeinträchtigt das Herz-Kreislauf-System. Untersuchungen der Weltgesundheitsorganisation WHO zeigen, dass die Langzeitbelastung mit durchschnittlichen NO2-Konzentrationen, wie sie an verkehrsnahen Standorten vorherrschen, mit einer erhöhten Krankheitsanfälligkeit und einer erhöhten Sterberate verbunden sind. Die Europäische Umweltagentur (EEA) hat gerade eben veröffentlicht, dass allein in Deutschland 10 600 Menschen vorzeitig an den Folgen des Dieselabgasgiftes NO2 sterben.

Wie kommt es, dass Diesel-Pkw so viel schmutziger sind? Es gibt doch Grenzwerte die vorgeben, wie viel Emissionen ein Fahrzeug ausstoßen darf?

Ja, in der Tat. Die von der EU vorgeschriebenen Emissionsgrenzwerte für Diesel-Pkw werden jedoch nur im Labor eingehalten. Auf der Straße, im realen Fahrbetrieb, stoßen die Fahrzeuge jedoch viel mehr Stickoxid aus als erlaubt. Das belegen unsere eigenen Messungen, sowie die Messungen anderer Institute wie die des International Council on Clean Transportation (ICCT), aber auch die Messungen im Auftrag der Untersuchungskommission des Bundesverkehrministeriums.

Wie ist das möglich?

Die Fahrzeuge werden von den Herstellern manipuliert. Und zwar so, dass sie bei der für die Typzulassung erforderlichen Emissionsmessung im Labor die Grenzwerte einhalten. Das Fahrzeug erkennt, dass es getestet wird und schaltet auf “sauber” bzw. es aktiviert die Abgasreinigung. Sobald das Fahrzeug die Prüfrolle verlässt, wird die Abgasreinigung deaktiviert. Dies ist illegal und sorgt dafür, dass unsere Atemluft mit dem Dieselabgasgift NOx geflutet wird. Daher brauchen wir Fahrverbote für dreckige Diesel-Pkw.

Zu wann rechnen Sie mit den ersten Fahrverboten?

Wir gehen davon aus, dass die ersten Fahrverbote Anfang 2018 kommen. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat mit seinem Urteil vom 13. September 2016 erklärt, dass in Düsseldorf Fahrverbote für Dieselfahrzeuge so schnell wie möglich auszusprechen seien, um die NO2-Grenzwerte einzuhalten. Die rechtlichen Instrumente dafür sind nach Auffassung des Gerichts bereits vorhanden. Das Land NRW hat in diesem Verfahren Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht Leipzig eingereicht. Wir nehmen an, dass dieses Gericht im Sommer 2017 über die Klage der DUH entscheidet. Das Urteil hat dann wiederum Relevanz für alle Städte in Deutschland in denen NO2-Grenzwerte nicht eingehalten werden. 

Welche Fahrzeuge wären von einem Fahrverbot betroffen?

Betroffen wären alle Fahrzeuge, die die aktuellen Euro 6 Grenzwerte für NOx im realen Straßenbetrieb nicht einhalten Das sind im Moment alle Dieselfahrzeuge. Die meisten Benzin-, Hybrid, Erdgas-, Flüssiggas- und Elektro-Pkw könnten weiter einfahren.

Wird es Ausnahmen von dem Fahrverbot geben können?

Rettungsdienste, Feuerwehr, Polizei sind generell von einem Fahrverbot ausgenommen. In einer Übergangszeit wird es in begründeten Fällen sicher auch Einzelausnahmen geben können. Dies war bei der Einrichtun der Umweltzonen ebenfalls der Fall. Dies zu entscheiden, ist Sache der zuständigen Behörden.

Was rät die DUH, wenn man sich ein neues Fahrzeug kaufen möchte?

Auf keinen Fall einen Diesel-Pkw kaufen. Sauber und spritsparend sind Fahrzeuge mit Erdgas- bzw. Benzin-Hybridantrieb oder Elektrofahrzeuge.

Nicht jeder kann sich bis 2018 ein neues Fahrzeug anschaffen. Schadet ein Fahrverbot nicht vor allen den Verbrauchern, statt sie zu schützen?

Die Hersteller sind dafür verantwortlich, Fahrzeuge auf den Markt zu bringen, die die Grenzwerte einhalten. Halten die Fahrzeuge auf der Straße die Grenzwerte ein, gibt es auch kein Problem. Wir setzen uns dafür ein, dass die Pkw-Hersteller die Betrugs-Diesel zurücknehmen und den Kaufbetrag erstatten oder die Abgasreinigungsanlage so nachbessern, dass sie auch auf der Strasse funktioniert. Amerikanische Behörden haben exakt diese Lösung durchgesetzt. Technologisch ist übrigens die Nachbesserung möglich, wir haben entsprechende Konzepte getestet. Ich sehe gute Chancen, dass die Autobesitzer einen Rechtsanspruch auch in Deutschland durchsetzen werden. Zumal Autohersteller bislang ihren Kunden saubere Euro 6 Diesel-Pkw versprochen haben.

Was aber, wenn ich keine Euro 6 Pkw fahre, sondern ein Modell mit einer älteren Abgasnorm? Kann auch dieses Fahrzeug nachgerüstet werden?

Für manche Euro 5 Diesel-Pkw können wir uns Nachrüstlösungen vorstellen, noch ältere Diesel-Modelle werden allerdings zukünftig keine Zukunft in unseren Städten haben. Hier empfehlen wir den Haltern, sich rechtzeitig für ein sauberes Neu- oder Gebrauchtfahrzeug zu entscheiden.
 

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