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Klimagipfel & Klimapaket: Eine Katastrophe jagt die nächste

Montag, 16.12.2019

Der gescheiterte Klimagipfel von Madrid bildet den traurigen Schlusspunkt für ein klimapolitisches bewegtes Jahr. Anspruch und Wirklichkeit haben lange nicht mehr soweit auseinandergeklafft: Wissenschaft und eine wachsende Erwartungshaltung der jungen Generation auf der einen Seite – Verlust der Handlungsfähigkeit und Lagerdenken in der Politik auf der anderen Seite. Das Ergebnis ist ein Jahr der verlorenen Chancen für den Klimaschutz. Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, zieht Bilanz:

© DUH / Heidi Scherm

Seit vor 30 Jahren der Weltklimabeirat IPCC gegründet und kurz danach beschlossen wurde, unter dem Dach der Vereinten Nationen einen globalen Klimavertrag auszuhandeln, war die öffentliche Unterstützung für eine mutige Klimapolitik noch nie so hoch wie heute. 2019 war das Jahr, in dem sowohl in Europa als auch weltweit so viele junge und ältere Menschen wie nie zuvor für konsequenten Klimaschutz auf die Straße gingen. Eine neue Klimaschutzbewegung wurde geboren. Das ist die gute Nachricht: Diese Generation wird die Politik hierzulande und in den anderen europäischen Staaten noch auf Jahre hinaus zum Besseren hin prägen.

Und 2019 begann mit einem kleinen Zeichen der Hoffnung. Eine Kommission wichtiger gesellschaftlicher Gruppen einigte sich auf den Kohlekompromiss. Der vereinbarte Ausstieg aus der Kohle kommt zwar zu langsam und zu spät. Aber in den kommenden Jahren darf nachverhandelt werden. Außerdem zeigt das Beispiel der Kohlekommission, dass bei gutem Willen auf allen Seiten, auch bei einer derart umstrittenen Frage und in Zeiten hoher gesellschaftlicher Polarisierung, ein für alle Seiten tragbarer Kompromiss erzielt werden kann.

Leider blieb der Kohlekonsens, mit dem das Jahre begann, ein einsamer Lichtblick. Seitdem regieren Stillstand und Rückschritt das Land in einer Großen Koalition. Zum Ende des Jahres 2019 wirkt es eher so als wolle unsere Regierung nicht aus der Kohle, sondern aus der Windenergie aussteigen. Kein einziges Kohlekraftwerk wurde als Folge des Kohlekompromisses seit Anfang des Jahres stillgelegt. Stattdessen soll mit Datteln 4 eines der größten jemals gebauten Steinkohle-Kraftwerke hierzulande neu in Betrieb gehen. Zeitgleich steckt die deutsche Windkraft-Industrie in der größten Krise ihrer Geschichte. Schuld daran sind unklare Genehmigungsregeln und eine unsinnige neu beschlossene 1.000 Meter-Abstandsregelung von Wohnbebauung, die neue Windkraftanlagen einhalten müssen – ein deutlich höherer Abstand als er beispielsweise für Atom- oder Kohlekraftwerke gilt. Hier hat ganz offensichtlich die Kohlelobby den Stift des Gesetzgebers geführt.

Ihre klimapolitische Kapitulationserklärung hat die Große Koalition mit ihrem so genannten Klimapaket dann ausgerechnet zum Höhepunkt der klimapolitischen Proteste verabschiedet – als am 20. September 1,5 Millionen meist junge Menschen deutschlandweit auf die Straße gingen. Das Klimapaket enthält einen Salat von unausgegorenen und unzureichenden Maßnahmen. Dazu gehören ein Emissionspreis der trotz aller Versuche zur Nachbesserung unterhalb der Wahrnehmungsschwelle liegt und wahrscheinlich verfassungswidrig ist. Und die Liste geht weiter: Selbst neue Subventionen für Autofahrer und -konzerne sind Teil des Klimapakets. Damit wird die deutsche Regierung, nachdem sie schon eingestanden hat, das eigene Klimaschutzziel für das Jahr 2020 zu verfehlen, auch die Latte für 2030 reißen.

Praktisch gescheitert ist am Wochenende auch der internationale Klimagipfel COP25 in Madrid. An diesem Scheitern waren Deutschland und Europa allerdings nicht schuld. Die Bilanz ist dennoch dramatisch: Weder einigten sich die knapp 200 teilnehmenden Staaten auf gemeinsame Regeln für einen weltweiten Austausch von Emissionsrechten, noch wurden die bisherigen dürftigen Ziele dem Anspruch des vor vier Jahren geschlossenen Pariser Klimavertrages und der Realität des grassierenden Klimawandels angepasst. So sind wir auf Kurs einer globalen Erderhitzung von über 3 Grad! Es sind es Trumps USA, das vom rechtsradikalen Agrarlobbyisten Bolsonaro regierte Brasilien und die arabischen Ölstaaten, die jeden Fortschritt verhindert haben. Diese unheilige Allianz möchte verhindern, dass das fossile Geschäftsmodell mit dem sie jahrzehntelang reich geworden sind, zu Ende geht. Und mit Doppelbuchungen im globalen Austausch von Emissionen, also beispielsweise der Anrechnung international gehandelter CO2-Zertifikate sowohl im Käufer- als auch im Verkäuferland, wollen sie die ohnehin schwachen Klimaziele, die sie auf dem Pariser Gipfel vorgelegt hatten, weiter aufweichen.

Gut, dass Europa und auch Deutschland sich hier entgegengestellt haben. Die neue EU-Kommission hat mit ihrem Vorschlag eines Europäischen Green Deal den Takt vorgegeben. Europa hat sich vorgenommen, seine eigene Klimagesetzgebung in den kommenden Jahren dem Anspruchsniveau des Pariser Klimaschutzabkommens anzupassen. Wir von der Deutschen Umwelthilfe werden darauf dringen, dass Deutschland innerhalb von Europa wieder zum Vorreiter wird und seine momentane Blockaderolle gegen anspruchsvolle Klimaziele, strikte Grenzwerte für Pkw oder einen konsequenten Ausbau der Erneuerbaren Energien hinter sich lässt.

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