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EuGH verhandelte über Zwangshaft gegenüber bayerischen Amtsträgern

Donnerstag, 05.09.2019

Um die Einhaltung eines seit über 5 Jahren rechtskräftigen Urteils zur Luftreinhaltung in München sicherzustellen und um zu klären, welche Möglichkeiten Gerichte gegenüber Politiker*innen haben, die rechtskräftige Urteile nicht umsetzen, verhandelte der Europäische Gerichtshof am 3. September 2019 über die Frage, ob eine Zwangshaft gegenüber den für den Luftreinhalteplan München verantwortlichen Amtsträgern zulässig und notwendig ist.

© travelview/Fotolia

Im Jahr 2012 konnte die DUH vor dem Verwaltungsgericht München durchsetzen, dass Dieselfahrverbote in der bayerischen Landeshauptstadt München eingeführt werden müssen, um die Luftqualität so schnell wie möglich zu verbessern. Seit 2014 ist dieses Urteil rechtskräftig. Die bayerische Staatsregierung ignoriert seitdem jedoch dieses rechtskräftige Urteil und weigert sich, die notwendigen Schritte zur Einhaltung der Luftqualitätsgrenzwerte für das Dieselabgasgift Stickstoffdioxid (NO2) umzusetzen und Dieselfahrverbote in den Luftreinhalteplan aufzunehmen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) verhängte Zwangsgelder gegen den Freistaat Bayern, die sich jedoch als wirkungslos erwiesen und nicht dazu führten, dass die notwendigen Maßnahmen ergriffen wurden. Der Grund dafür ist einleuchtend: Der Freistaat zahlte die Zwangsgelder in Höhe von 10.000 € an sich selbst.

Nach mehrjährigen erfolglosen Versuchen, über wiederholte Zwangsgeldfestsetzungen die für die „Saubere Luft“ für München notwendigen Verkehrsbeschränkungen durchzusetzen, beantragte die DUH beim BayVGH Zwangshaft für die verantwortlichen Amtsträger*innen. Dies ist zunächst der Regierungspräsident der Regierung von Oberbayern. Der BayVGH beschloss daraufhin, den Europäischen Gerichtshof (EuGH) zu fragen, ob er gegenüber der bayerischen Staatsregierung die Zwangshaft gegenüber Amtsträgern verfügen müsse, um das Urteil durchzusetzen. Er teilte ebenfalls mit, dass zu prüfen wäre, ob die Zwangshaft auch gegen den Ministerpräsidenten zu verhängen sei, da er die politische Verantwortung tragen könnte.

Am 3. September 2019 fand nun vor dem EuGH in Luxemburg die Verhandlung über die Vorlagefragen statt. Dazu Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Der berichterstattende Richter des EuGHs hat in der Verhandlung Bezug genommen auf drei Beispiele aus Deutschland, in denen es bereits zur Anwendung der Beugehaft gegenüber Amtsträgern kam. Wir werten dies als wertvolles Signal und sind hoffnungsfroh, dass es in ein paar Monaten ein deutliches Urteil für die Wiederherstellung der Rechtsstaatlichkeit in Bayern geben wird. Denn die bisherige Praxis, die symbolischen Zwangsgelder in Höhe von maximal 10.000 Euro vom Innen- ans Justizministerium zu verschieben, ist gänzlich ungeeignet, eine widerspenstige Landesregierung wie in Bayern zur Einhaltung von Recht und Gesetz zu bewegen. Dieser Bewertung stimmte auch der Vertreter der EU-Kommission zu. Seit 2014 weigert sich die bayerische Staatsregierung, das rechtskräftige Urteil umzusetzen. Ministerpräsident Markus Söder vertritt wie schon sein Vorgänger Horst Seehofer einseitig die Interessen der Dieselkonzerne anstatt seine Bürgerinnen und Bürger vor den giftigen Diesel-Abgasen zu schützen.“

Weitere Schritte folgen

Im nächsten Schritt wird der Generalanwalt des EuGHs am 14. November 2019 seine Stellungnahme abgeben. Danach wird es einen Termin zur Urteilsverkündung geben. Die DUH rechnet in vier bis sechs Monaten mit einem Urteil. Wenn die Richterinnen und Richter in Luxemburg entscheiden, dass grundsätzlich in solchen Fällen eine Zwangshaft umgesetzt werden kann, kommt kein Politiker direkt ins Gefängnis. Der BayVGH müsste die Antworten des EuGHs zunächst umsetzen und entscheiden, ob eine Zwangshaft weiterhin nötig ist und gegen wen sie verhängt wird. Die Regierung in Bayern kann dann immer noch reagieren, das rechtskräftige Urteil umsetzen und so die Zwangshaft abwenden. Möglich ist es auch, dass der EuGH Auslegungsmaßstäbe für das deutsche Recht trifft, die andere Zwangsvollstreckungsmaßnahmen als die Zwangshaft erlauben. So hatte sich die DUH in dem Verfahren vor dem EuGH explizit dafür ausgesprochen, das deutsche Recht so auszulegen, dass das Zwangsgeld nicht in der Haushaltskasse des Freistaats Bayern verbleibt und auch nicht nur auf 10.000 € begrenzt ist. Vielmehr kann das Zwangsgeld auch automatisch je Zeiteinheit (also 10.000 € je Tag oder Woche) festgesetzt werden und dann einen anderen zu zahlen sein als der Freistaat Bayern. Entscheidend ist für die DUH, dass es effektive Vollstreckungsmaßnamen gibt, die die Einhaltung von rechtskräftigen Urteilen erwarten lassen.

Häufige Fragen und Antworten zur EuGH-Verhandlung am 3.9. über die Zulässigkeit und Notwendigkeit einer Zwangshaft gegenüber den für den Luftreinhalteplan München verantwortlichen Amtsträgern finden Sie hier.

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