Pressemitteilung
Nur drei Bundesländer verfolgen Verstöße von Industrie und Handel gegen Verbraucherschutzvorschriften mit Umweltbezug
Zum neunten Mal hat die Deutsche Umwelthilfe (DUH) überprüft, ob und in welcher Qualität die Landesbehörden die Energieverbrauchsangaben beim Verkauf von Haushaltsgeräten, Pkw und Reifen kontrollieren. Die EU schreibt verbindlich vor, wie diese Vorgaben zu überwachen sind. Auch das diesjährige Ergebnis bezeichnet die DUH als nicht zufriedenstellend: Nur Bremen, Hessen und Rheinland-Pfalz kontrollieren die Einhaltung von Energieverbrauchs-Kennzeichnungsvorschriften und verfügen Bußgelder und Ordnungsstrafen im Falle festgestellter Verstöße. Sie erhalten dafür die „Grüne Karte“. Neun Bundesländer überprüfen immerhin statistisch, ob die Energieverbrauchsvorschriften eingehalten werden, wagen es aber wie zum Beispiel Baden-Württemberg im Falle der Daimler AG nicht, festgestellte Verstöße mit Ordnungsgeldern zu belegen. Diese Länder erhalten die „Gelbe Karte“. Die Bundesländer Hamburg, Saarland, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein erhalten wie auch 2014 eine „Rote Karte“, weil sie sich ihrer Verantwortung bei der Marktüberwachung nach wie vor entziehen.
„Falsche oder fehlende Angaben zu Energieeffizienz und Spritverbrauch von Neuwagen, mehrfache Überschreitungen der Quecksilbergrenzwerte bei Energiesparlampen oder handgeführten Maschinen ohne wirksamen Katalysator mit in der Folge krebserregenden Abgaswolken werden in den meisten Bundesländern nur als „Kavaliersdelikte“ gewertet. Während der einzelne Bürger selbst bei geringfügigen Parkvergehen zur Kasse gebeten wird, haben die Landesbehörden ein großes Herz für Industrie und Handel und verweigern ihren Bürgern auch weiterhin einen wirksamen Verbraucherschutz“, kritisiert DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Er beklagt, dass die Aufsichtsbehörden selbst bei offiziellen Hinweisen der DUH auf massive Verstöße in den meisten Fällen untätig bleiben, zum Teil mit dem Hinweis, man wolle‚ 'wichtige Arbeitgeber' im Land nicht verärgern. Resch kündigte an, diese Fälle der EU-Kommission zur Prüfung vorzulegen, da es sich dabei um eindeutige Verstöße gegen EU-Recht handele.
Die drei vorbildlichen Bundesländer Bremen, Hessen und Rheinland-Pfalz führen nicht nur formale und technische Kontrollen durch, sondern ahnden festgestellte Verstöße auch durch die Verhängung von Bußgeldern. Besonders erfreulich ist aus Sicht der DUH die Entwicklung in Bremen, das sich gegenüber der letztjährigen Umfrage von einer gelben auf eine grüne Karte verbessert hat. Positiv entwickelt hat sich gegenüber den Vorjahren auch die Marktüberwachung in Mecklenburg-Vorpommern, das nach der Neuregelung der Zuständigkeit mit mehreren tausend Überprüfungen der Energieverbrauchskennzeichnung startete. Weil das Bundesland die zahlreichen festgestellten Verstöße jedoch kaum ahndete, erhält Mecklenburg-Vorpommern in der Gesamtbewertung nur eine „Gelbe Karte".
Zum Teil positive Veränderungen gab es bei der Überprüfung der Herstellerangaben bezüglich Inhaltsstoffen, Energieverbrauch oder Umwelteigenschaften von Produkten. Zehn Bundesländer führen inzwischen Labortests hinsichtlich der Mindeststandards nach der Ökodesign-Richtlinie durch. Nachmessungen des Energieverbrauchs von Haushaltsgeräten erfolgen allerdings nur in Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen und Thüringen. Auf die Frage, ob die Länder die Spritverbrauchsangaben der Autohersteller überprüfen, verwiesen diese auf das zuständige Kraftfahrtbundesamt (KBA). Dieses bleibt zur großen Freude der deutschen Autohersteller jedoch untätig, obwohl die EU solche Nachmessungen ausdrücklich für notwendig hält. Die DUH kritisiert seit vielen Jahren die seit der Jahrtausendwende von unter zehn auf heute durchschnittlich über 40 Prozent angestiegene Abweichung zwischen Herstellerangaben und realen Verbräuchen.
Die Kriterien zur Vergabe der „Grünen“, „Gelben“ und „Roten“ Karten richten sich nach Art, Umfang und Konsequenz der behördlichen Maßnahmen. In den ersten Jahren des Bestehens der Energieverbrauchs-Kennzeichnungsvorschriften gab es weder zuständige Kontrollbehörden noch amtliche Überprüfungen. Industrie und Handel missachteten die Regelungen in der Konsequenz weitgehend oder legten die Vorschriften großzügig zu ihren Gunsten aus. Entsprechend verärgert reagierten Elektrohandel, Automobilindustrie und KFZ-Handel auf die Kontrolle durch klageberechtigte Verbraucherschutzorganisationen wie die DUH. Deren stichprobenhafte Kontrollen, die rechtliche Verfolgung von Verbrauchertäuschung sowie in besonders schwerwiegenden Fällen der gerichtlich verfügte Stopp grober Irreführungen machen deutlich, wie dringend notwendig behördliche Kontrollen sind. Das zeigen zum Beispiel auch die im Jahr 2013 über eine Einstweilige Verfügung des Landgerichts Stuttgart bestätigten falschen Spritverbrauchsangaben bei der neuen S-Klasse durch Mercedes.
„In den meisten Bundesländern besteht die härteste Sanktion bei festgestellten Verstößen darin, es Unternehmen zu überlassen, zukünftig freiwillig nachzubessern. Damit jedoch werden letztendlich diejenigen Unternehmen im Wettbewerb benachteiligt, die sich von vorneherein an die geltenden Umwelt- und Verbraucherschutzgesetze halten, statt eine der seltenen Kontrollen abzuwarten. Diese Vorzugsbehandlung lässt sich weder den Bürgern noch rechtstreuen Unternehmen erklären“, fasst Agnes Sauter, Leiterin Verbraucherschutz bei der DUH, zusammen. Leidtragende einer unzureichenden Marktüberwachung seien die Verbraucher, weil sie ihr Kaufverhalten nicht am tatsächlichen Energieverbrauch und den Umwelteigenschaften der Produkte ausrichten können.
Die Ergebnisse der Umfrage finden Sie am Ende dieser Meldung.
Kontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer
Mobil: 0171 3649170, E-Mail: resch@duh.de
Agnes Sauter, Leiterin Verbraucherschutz
E-Mail: sauter@duh.de
Daniel Hufeisen, Pressesprecher
Tel.: 030 2400867-22, Mobil: 0151 55017009, E-Mail: hufeisen@duh.de