Pressemitteilung
Erfolg mit Folgen
Hundert Jahre lang war der Wolf verschwunden; nun kehrt er in unsere Landschaften zurück. Luchse konnten erfolgreich wiederangesiedelt werden. In deutschen Küstengewässern wurden nach langer Abwesenheit Kegelrobben gesichtet. Und da ist der Fischotter: In Westdeutschland galt er über Jahrzehnte als fast ausgestorben, seit den 90er Jahren wandert er von Osten kommend entlang der Fließgewässer zurück. Allerdings hat er noch einiges an Weg vor sich: Bisher trennt die Populationen in Europa immer noch ein „Auslöschungskorridor“, der zwischen dem Osten Deutschlands und Westfrankreich verläuft.
Was die Herzen vieler Naturschützer höherschlagen lässt, birgt auch Konflikte. Wo Menschen die Landschaft nutzen, kommen sie den national wie europarechtlich geschützten Tieren in die Quere – und umgekehrt. Im Falle von Wolf, Luchs und Biber sehen sich vor allem Landwirte, Weidetierhalter und Jäger vor Problemen. Teichwirte beklagen Einkommensverluste durch Otter, die in Fischzuchtanlagen jagen.
Vom Gegen- zum Nebeneinander
Das Naturschutz-Team der DUH beleuchtet die Lage in den verschiedenen Bundesländern:
Wo finden Teichwirte Beratung und Unterstützung? Wie können Fischzuchtanlagen so eingezäunt werden, dass Frösche ans Wasser, Otter aber nicht an die Fische gelangen? Welche anderen naturschutzverträglichen Maßnahmen sind erfolgreich? Zudem zeigt das Team auf, wo die Herausforderungen im Zusammenleben von Ottern und Teichwirten bereits gemeistert wurden. Von solchen Erfahrungen für ein gutes Miteinander könne andere lernen.
Doch auch ganz andere Stimmen werden laut. In Bayern wurde im März in einem sogenannten Pilotprojekt die Entnahme von Fischottern erlaubt – dahinter verbirgt sich die Genehmigung zum Fangen und Töten einzelner Tiere. Dies ist weder EU-rechtskonform noch zielführend. Zumal getötete Tiere in frei gewordenen Revieren oft durch Einwanderung neuer Artgenossen ersetzt werden. Statt einer Lösung kann ein Dauerproblem entstehen, das immer neue Abschussanträge provoziert. Wir begrüßen daher, dass der Bund Naturschutz Bayern Klage gegen die Entnahme-Genehmigung eingereicht hat. Grundsätzlich fordern wir gesetzeskonformes Vorgehen; die Tötung von Wildtieren darf nur eine allerletzte Maßnahme nach umfassender Prüfung der Alternativen sein. Dabei müssen wissenschaftliche Erkenntnisse über ökologische Zusammenhänge zugrunde gelegt werden, nicht allein wirtschaftliche Interessen.
Gutes Beispiel Kegelrobbe
In Nord- und Ostseegewässern heimisch, wurde die Kegelrobbe in der deutschen Ostsee Anfang des 20. Jahrhunderts nahezu vollständig ausgerottet. Nun kommt sie hierher zurück. 2018 wurden sogar die ersten Kegelrobben-Geburten in Mecklenburg- Vorpommern nachgewiesen. Fischer fürchten nun wie in alten Zeiten Einkommensverluste, wenn Robben Fisch aus den Netzen klauen oder das Fanggerät beschädigen. Mancherorts hört man auch hier Forderungen nach einer „letalen Entnahme“.
Die Landesregierung geht erfreulicherweise einen Schritt auf die Fischer zu: Für das Jahr 2020 können Fischer bei Fangausfällen durch Kegelrobben Entschädigungszahlungen beantragen. Damit will die Landesregierung auch die Akzeptanz gegenüber den Robben fördern. Die Beispiele zeigen, dass wir für ein friedliches Miteinander mit den Rückkehrern neue Strategien aushandeln müssen. Das gilt für Nutzer, die nun Entschädigungsanträge ausfüllen und an modernen Wildtiermanagement-Ansätzen mitwirken sollen, statt Ausrottungs-Feldzüge des frühen 20. Jahrhunderts aus der Mottenkiste zu holen. Und das gilt auch für die Naturschutzakteure, die Jahrzehnte lang engagiert für Otter, Wolf und Robbe gekämpft haben und nun den betroffenen Nutzergruppen bei der Suche nach Management- und Abwehrmaßnahmen helfen sollen. In dieser Auseinandersetzung liegt die Chance, kreative Wege für die Integration der Natur in Wirtschaft und Gesellschaft zu finden.