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Pressemitteilung

Einzigartige Chance im Klimaschutz nicht verspielen

Berlin, Dienstag, 30.01.2007 Dateien: 1

Deutsche Umwelthilfe warnt Bundesregierung im Klimastreit mit der EU-Kommission, dem „blinden Strukturkonservatismus“ großer Teile von Industrie und Gewerkschaften zu folgen – Kanzlerin soll peinliche Auseinandersetzung mit Brüssel um Emissionshandel beenden - Globale Sorgen um den Klimawandel als Chance erkennen und für reale Fortschritte nutzen – DUH fordert nach Fahrzeuggröße gestaffelte CO2-Grenzwerte

Bundeskanzlerin Angela Merkel darf die deutsche Vorreiterrolle im Klimaschutz nicht kurzsichtigen Lobbyinteressen mächtiger Industrieverbände opfern. Das würde nicht nur Deutschlands Ruf als ehrlicher Makler im globalen Klimaschutzprozess dauerhaft ruinieren, sondern mittelfristig auch den Erfolg der exportorientierten heimischen Wirtschaft selbst in Frage stellen. Darauf haben Rainer Baake und Jürgen Resch, die beiden Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe e. V. (DUH), nach dem Trommelfeuer der letzten Tage von Autoindustrie und Wirtschaftsverbänden gegen die geplante Klimaschutzstrategie der EU-Kommission hingewiesen. Merkel bleibe angesichts der realen Entwicklung im Treibhaus Erde gar keine andere Wahl als die heimischen Partikularinteressen in die Schranken zu weisen. Andernfalls sei ihr Anspruch, den deutschen Doppelvorsitz in der Europäischen Union und der G8-Runde für reale Fortschritte im europäischen und globalen Klimaschutz zu nutzen, schon vor dem ersten Anlauf gescheitert.

„Noch nie gab es in Deutschland, in Europa und selbst in den USA so viel Unterstützung für reale Weichenstellungen hin zu einer wirklichen Klimawende wie jetzt unter dem Eindruck weltweiter Wetterkapriolen. Das Fenster der Gelegenheit steht weit offen. Wer die EU und die G8 anführt und diese Chance nicht ergreift, wird nach Ablauf des deutschen Doppelvorsitzes erst recht kleinmütig herumtaktieren und sich in jahrelangen Kleinkriegen um ein paar Millionen Tonnen Kohlendioxid verlieren“, sagte Rainer Baake. Der Bundesregierung warf der DUH-Geschäftsführer angesichts des seit Monaten andauernden Geschacheres um den Zuteilungsplan beim CO2-Emissionshandel Handlungsunfähigkeit vor: „Die praktische Politik folgt einfach nicht dem Erkenntniszuwachs über den Klimaeffekt, der sich in dieser Woche dramatisch wie nie zuvor im neuen Bericht der Klimawissenschaftler des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) niederschlagen wird“. Scharf kritisierte Baake auch den „blinden Strukturkonservatismus“ großer Teile der deutschen Industrie, die überall Risiken wittern wolle und kein Gefühl für die Chancen entwickle, die sich für ein Hochtechnologieland wie Deutschland aus der anstehenden Epochenwende im globalen Energiesystem ergäben.

Baake erinnerte daran, dass BDI-Chef Jürgen Thumann kürzlich wörtlich erklärt habe, er unterstütze „den Klimaschutz ohne Wenn und Aber“. Doch gleichzeitig plädiere Thumann dafür, den Brüsseler Klimaplänen „entschiedenen Widerstand entgegenzusetzen“, er lehne vehement den Vorschlag der Kommission ab, den rasant wachsenden Flugverkehr europaweit in den Emissionshandel einzubeziehen und halte es schließlich für einen Anschlag auf den Standort Deutschland, wenn die EU-Kommission den deutschen Autoherstellern zwingend vorschreiben wolle, was die in Form einer Selbstverpflichtung selbst angeboten hätten. „So viel Heuchelei war in der Klimadebatte noch nie“, sagte Baake. Große Teile der Industrie argumentierten nach „dem schlichten Muster: Klimaschutz? Selbstverständlich! – aber nicht jetzt, nicht hier und nicht bei uns.“

In diesen Wochen werde sich entscheiden, ob die deutsche Automobilindustrie „weiter ihrem vorgestrigen Wahn vom schneller, größer, schwerer folgt oder die Kreativität ihrer Ingenieure darauf orientiert, endlich die Autos zu bauen, die die Welt wirklich braucht“, sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Den am Wochenende bekannt gewordenen Brief  von DaimlerChrysler, Volkswagen, BMW, Opel und Ford an die EU-Kommission nannte Resch einen „Offenbarungseid, der das Ansehen deutscher Autobauer auf Jahre hinaus schädigen wird“. Das Schreiben stehe in nahtloser historischer Kontinuität zu den Auseinandersetzungen bei der Einführung des bleifreien Benzins, des Katalysators oder des Rußfilters. Jedes Mal in den vergangenen 25 Jahren, wenn es um die Einführung neuer Umwelttechnologien ging, habe „die deutsche Autoindustrie den Untergang des Abendlandes beschworen und als Schreckgespenst Arbeitsplatzverluste an die Wand gemalt. Die Mehrkosten für den ökologischen und technologischen Fortschritt wurden bis zu einem Faktor zehn höher angesetzt, als sie dann tatsächlich eintraten. So wird es sich auch bei den jetzt genannten Mehrkosten von 2.500 Euro pro Pkw herausstellen“, sagte Resch.

Aktuell fordere die EU-Kommission eine schlichte Selbstverständlichkeit von den Autobauern, nämlich, dass sie die eingegangene CO2-Reduktionsverpflichtung verbindlich einhalten, auf die sich EU-Kommission und Autohersteller bereits 1998 gemeinsam verständigt haben. „Noch vor wenigen Monaten tönte der Verband der deutschen Automobilindustrie, man werde die Selbstverpflichtung beim Klimaschutz einhalten. Jetzt will die EU-Kommission die Zusage absichern und BMW & Co verlieren die Nerven. Auf Jahre hinaus sind diese Brüder keine seriösen Verhandlungspartner mehr“, so Resch. Besonders peinlich wirke in diesem Zusammenhang die „Geisterfahrt auf dem Beifahrersitz“ von Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) und EU-Industriekommissar Günter Verheugen (SPD).

Resch griff insbesondere die Behauptung der Autohersteller an, mit der EU-Forderung eines CO2-Grenzwerts von 120 g CO2/km werde der Absatz von Ober- und Mittelklassewagen dramatisch zurückgehen: „Das ist schlichte Volksverdummung, kein Mensch und kein EU-Umweltkommissar wünscht sich, dass nur noch eine aufgehübschte Version des Trabis auf Europas Straßen unterwegs ist“. Ein Flottengrenzwert von 120 g CO2/km bedeute, dass Kleinwagen deutlich weniger, Ober- oder Luxusklasse eben auch mehr CO2 ausstoßen dürften als den Durchschnittswert. Die DUH plädiere für eine Reihe individueller Grenzwerte für unterschiedliche Fahrzeuggrößen, deren entsprechend gewichtete Summe schließlich die geforderten 120 g/km ergeben müssten. Durch derartige größenabhängige Regeln seien beispielsweise in Japan effiziente Pkw auf den Markt gekommen. Der Grenzwert für Kleinwagen müsste nach diesem Konzept zukünftig bei 80 – 85 g CO2/km liegen, für Mittelklassefahrzeuge bei etwa 110 CO2/km und bei großen Limousinen und SUVs würde sich eine Grenze von 160 – 170 CO2/km ergeben. Über die Einführung von Spritverbrauchsgrenzwerten hinaus seien steuerliche Maßnahmen wie die Teilumstellung der Kfz-Steuer auch auf CO2-Bezug sowie die Abschaffung absurder Subventionen für Klima schädigende Dienstwagen notwendig.

Resch warnte vor einer Vermischung von fahrzeugseitigen Grenzwerten mit angeblichen CO2-Gutschriften aus Biokraftstoffen: „Es macht keinen Sinn, ausgerechnet die teuren Biokraftstoffe ineffizient zu verbrennen“.

Beide DUH-Bundesgeschäftsführer appellierten angesichts der realen Bedrohung durch den Klimaeffekt an die Kanzlerin, den kleinlichen Streit mit der EU über den Zuteilungsplan und die Autogrenzwerte rasch zu beenden. Das weitaus schlechteste Signal an die Welt wäre: „Der Klimaaufbruch scheitert schon am Widerstand derer, die ihn lautstark fordern.“ 

Für Rückfragen

Rainer Baake
Bundesgeschäftsführer, Hackescher Markt 4, 10178 Berlin
Mobil: 0151 55 01 69 43,E-Mail: baake@duh.de

Jürgen Resch
Bundesgeschäftsführer, Hackescher Markt 4, 10178 Berlin
Mobil: 0171 3649170, Fax: 030 258986-19, E-Mail: resch@duh.de

Dr. Gerd Rosenkranz
Leiter Politik, Hackescher Markt 4, 10178 Berlin
Tel.: 030 258986-0, Fax: 030 258986-19, Mobil: 0171 5660577, E-Mail: rosenkranz@duh.de

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