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Pressemitteilung

Ein Jahr Dieselgate: Autohersteller produzieren weiterhin Dieselstinker mit aktiven Abschalteinrichtungen und Verkehrsminister Dobrindt beugt das Recht

Berlin, Mittwoch, 14.09.2016 Dateien: 3

Deutsche Umwelthilfe informierte bereits seit Herbst 2007 über den Abgasbetrug und erweiterte den ursprünglich auf die Volkswagen-Gruppe begrenzten Abgasskandal auf nahezu alle Dieselhersteller – Bundesverkehrsministerium verweigert auf Druck der Autokonzerne amtlich angeordnete Rückrufe und schädigt somit Millionen vom Abgasbetrug betroffene Autokäufer – DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch kündigt Klage gegen die Bundesregierung an, sollte Dobrindt EU-Recht brechen und die Abgasreinigungsvorschrift auf Außentemperaturen von über +5 Grad Celsius wie im Falle des Porsche Macan angekündigt einschränken – Nach der gestrigen Gerichtsentscheidung in Düsseldorf rechnet die DUH spätestens für 2018 mit flächendeckenden Diesel-Fahrverboten in den Ballungsräumen

Vor einem Jahr, am 18.9.2015, sind die behördlichen Ermittlungen im Volkswagen-Abgasskandal in den USA bekannt geworden. Der Versuch der Autokonzerne und der Politik, diesen Skandal als Fehlverhalten eines einzelnen Unternehmens darzustellen, begegnete die Deutsche Umwelthilfe (DUH) mit eigenen Untersuchungen an Diesel-Pkw anderer Hersteller. Seit Oktober 2015 veröffentlichte die DUH eigene, alarmierende Abgasmessungen mit bis zu 25-fachen Überschreitungen der Grenzwerte an Diesel-Pkw der Hersteller Opel (General Motors), Renault (Nissan), BMW, Daimler, Fiat-Chrysler und zuletzt Ford. Am Beispiel des Opel Zafira identifizierte die DUH in diesem Frühjahr gemeinsam mit dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel und  Monitor/WDR vier illegale Abschalteinrichtungen, durch die bei bis zu 90 Prozent der Betriebszeit die Abgasreinigung deaktiviert wird. Diese illegale Abschalteinrichtung ist nicht nur in den USA, sondern auch in Europa verboten.

Die DUH wurde in ihrer Aufklärung des Diesel-Abgasskandals von der Automobilindustrie massiv bedroht und im Falle der Daimler AG sogar über drei Monate mit einer „Einstweiligen Verfügung“ an der Veröffentlichung von Schriftsätzen behindert. Auch das Bundesverkehr¬sministerium hat von Anfang einseitig Partei ergriffen, behindert aktiv die Aufklärung des Dieselabgasskandals, hält weiterhin wichtige Messergebnisse unter Verschluss und weigert sich seit nunmehr einem Jahr, auch nur offizielle Gespräche mit der DUH zu führen.

Ein Jahr nach Bekanntwerden des Diesel-Abgasskandals wurde in Deutschland noch kein einziges Diesel-Fahrzeug entsprechend der Dobrindt-Untersuchungsergebnisse „freiwillig zurückgerufen“. In der vergangenen Woche wurde bekannt, dass der Porsche Macan das erste hierfür vorgesehene Modell ist und Verkehrsminister Dobrindt dem Stuttgarter Sportwagenhersteller erlauben möchte, die Dieselabgase nur bei Temperaturen von über +5 Grad Celsius ordnungsgemäß zu reinigen, obwohl die EU-Zulassungsvorschriften das Funktionieren auch bei winterlichen Temperaturen zwingend vorschreibt und einen Funktionsnachweis bei -15 Grad Celsius fordert. Sollte Dobrindt im Fall Porsche EU-Recht beugen und Porsche eine Abschalteinrichtung bei +5 Grad Celsius genehmigen, wird die DUH Klage erheben. Andernfalls werden sich andere Hersteller darauf berufen und ebenfalls zwischen Oktober und April eines jeden Jahres weitgehend die Abgasreinigung deaktivieren.

„Der Diesel-Abgasskandal zeigt Züge einer ’organisierten Kriminalität’. Es geht nicht um die Verfehlungen einzelner Ingenieure in den jeweiligen Konzernen, sondern um ein ganz offensichtlich zwischen den Herstellern abgesprochenes Verhalten, eine nur kurzzeitig wirksame Abgasreinigung zu verbauen um Kosten zu sparen – mit voller Kenntnis der katastrophalen Folgen für die Gesundheit von Millionen Menschen. Die Autokonzernbosse betreiben ‚vorsätzliche Körperverletzung mit Todesfolge in vielen tausend Fällen’ und die Bundesregierung hilft ihnen auch noch dabei, obwohl sie nach EU-Recht verpflichtet wäre, dagegen einzuschreiten. Außerdem verweigert sie seit sechs Jahren den von den Dieselabgasen betroffenen Menschen in den Städten die Einhaltung der Luftqualitätswerte beim Dieselabgasgift Stickstoffdioxid“, bewertet Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH.

Die DUH kämpft seit 2005 vor deutschen Gerichten für  „saubere Luft“. Alle Klageverfahren wurden bisher gewonnen. Doch trotz mehrerer Grundsatzentscheidungen vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Europäischen Gerichtshof weigert sich die Politik, wirksame Maßnahmen zur Einhaltung der geltenden Luftqualitätsstandards für die Stickoxidbelastung zu beschließen. Mit der gestrigen Entscheidung des Düsseldorfer Verwaltungsgerichts für Diesel- Einfahrverbote spätestens zum 1.1.2018, erwartet die DUH für die kommenden Monate ähnliche Entscheidungen in den übrigen, noch laufenden Klageverfahren und damit flächendeckende. Fahrverbote für Diesel-Pkw in belasteten Städten. Dies hatte auch die EU-Kommission angeregt, die im Juni 2015 gegen die Bundesrepublik Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren aufgrund der anhaltenden Überschreitung der Luftqualitätsstandards beim Dieselabgasgift NO2 eingeleitet hat.

Am 7.9.2016 hat die DUH eigene Emissionsmessungen an 36 Diesel-Pkw vorgestellt, von denen 33 die geltenden Stickoxidgrenzwerte (NOx) im realen Fahrbetrieb nicht einhalten. „Jeder, der sich heute ein Dieselfahrzeug mit solch hohen Emissionen kauft, muss wissen, dass er in Zukunft nicht mehr in Städte mit hoher Luftbelastung einfahren kann“, so der internationale Verkehrsexperte und frühere Abteilungsleiter im Umweltbundesamt, Axel Friedrich. „Nur wenn die Fahrzeuge auf der Straße die Grenzwerte einhalten, wird eine Einfahrt möglich sein. Daher sollten Kunden sich das ausdrücklich vom Hersteller  im Kaufvertrag bestätigen lassen. Wenn Kunden schon ein betroffenes Fahrzeug gekauft haben, sollten sie vom Hersteller Nachbesserung zur Einhaltung des Grenzwertes auf der Straße einfordern.“

Die DUH fordert von der Bundesregierung zum Schutz der betroffenen Autohalter verbindliche, amtlich verfügte Rückrufe, die eine voll funktionstüchtige Abgasreinigung auf der Straße bei allen Temperaturen im normalen Gebrauch des Fahrzeugs sicherstellt. Wie die DUH im Rahmen ihrer erfolgreichen Klage gegen die Bundesregierung zur Offenlegung der VW-Rückrufe feststellen musste, hat sie dies aber ausdrücklich unterlassen. In der Folge führen die zwischenzeitlich von VW ebenfalls als „freiwillig“ eingestuften VW-Rückrufe zu keiner nennenswerten Veränderung der NOx-Werte auf der Straße.

Hintergrund:

Die DUH hat bereits 2007 auf die von Herstellern verwendeten illegalen Tricks im Typzulassungsverfahren hingewiesen, mit denen Verbrauchs- und Abgaswerte so manipuliert werden, dass die Tests bestanden werden, auch wenn im realen Fahrbetrieb die Emissionen um ein Vielfaches höher liegen (http://www.duh.de/dieselgate_chronologie.html). Schon damals, in zahlreichen Veröffentlichungen, Pressekonferenzen und Behördengesprächen wies die Verbraucherschutzorganisation auf illegale Abschalteinrichtungen und Verfahren zur Erkennung des Prüfzyklusses hin. Die Forderungen nach einer Offenlegung aller relevanten Prüfberichte, nach unabhängigen Kontrollen sowie nach Sanktionen bei unzulässigen Verstößen gegen die geltenden Abgasgrenzwerte besteht weiterhin unverändert, ohne dass die politisch verantwortlichen Bundesverkehrsminister im Laufe der Jahre mehr als nur ein Schulterzucken zustande gebracht hätten.

Anhand von Labormessungen in der Schweizer Abgasprüfstelle in Bern/Biel und eigenen Messungen seit März 2016 mit portablen Emissionsmessgeräten im Rahmen des Emissions-Kontroll-Instituts (EKI) dokumentiert die DUH die Muster und Arbeitsweisen der verschiedenen Abschalteinrichtungen. Mittlerweile geben die Hersteller freimütig zu, bei in Deutschland üblichen Durchschnittstemperaturen die Abgasreinigung weitgehend zu deaktivieren. Die Argumentation, dies sei zum „Motorschutz“ notwendig, ist technisch falsch. Auch die Abschaltung von Harnstoffeinspritzungen im SCR-Katalysator bzw. die ausbleibende Regenerationen des Speicherkats ist juristisch falsch, da diese Systeme im Abgasstrang hinter dem Motor liegen und eine Aktivierung diesen nicht negativ beeinflussen  können. Rechtsgutachten von Rechtsanwalt Remo Klinger sowie des wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestags, die diese Position unterstrichen, werden vom Bundesverkehrsministerium allerdings ignoriert.

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Kontakt:

Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer
0171 3649170, resch@duh.de
 
Dr. Axel Friedrich, Internationaler Verkehrsberater
0152 29483857, axel.friedrich.berlin@gmail.com

DUH-Pressestelle:

Daniel Hufeisen, Ann-Kathrin Marggraf, Laura Holzäpfel
030 2400867-20, presse@duh.de 

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