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Pressemitteilung

Deutschland ist Exportweltmeister – auch dank Elektroschrott!

Berlin, Mittwoch, 20.06.2007 Dateien: 8

Deutsche Umwelthilfe dokumentiert nach Inspektion vor Ort unhaltbare Zustände - Elektroschrott wird als angebliche Handelsware etwa nach Vietnam und Usbekistan verschoben, Kleinbusse und Pkw mit Müll und alten Kühlschränken vornehmlich nach Afrika – Umweltsenator Gedaschko gibt sich ungerührt und ahnungslos

© Jürgen Resch
Bilder: J.Resch / DUH
© Jürgen Resch
Besonders Elektro-Altgeräte und Schrottautos sind begehrte "Recycling-Exportgüter". Diese werden häufig als Handelsware deklariert und dann im Ausland entsorgt. Auf diese Weise werden illegal die hohen Recyclingkosten in Deutschland umgangen, ebenso wie die strengen Vorschriften zum Schutz der Umwelt beim Recycling.

:  Die seit dem Inkrafttreten des Baseler Übereinkommens über den grenzüberschreitenden Abfallexport im Jahr 1992 einigermaßen eingedämmte illegale Müllentsorgung in die Entwicklungsländer wird offenbar schwunghaft wiederbelebt. Das legen die Ergebnisse einer Inspektion im Hamburger Hafen nahe, die Mitarbeiter der Deutschen Umwelthilfe e.V. (DUH) auf entsprechende Hinweise hin kürzlich durchgeführt haben. Die Inaugenscheinnahme von zum Export bestimmten Containern mit gebrauchten Elektrogeräten sowie von Altautos kurz vor der Verschiffung und Folgerecherchen der DUH in der Abfallszene begründen den Verdacht, dass erneut in großem Stil gefährlicher Schrott fälschlich als Handelsware deklariert aus Deutschland in arme Länder entsorgt wird. Von den Ergebnissen setzte die DUH inzwischen den Hamburger Umweltsenator Axel Gedaschko (CDU) in Kenntnis. Doch die Behörde reagierte desinteressiert und abwiegelnd.

„Nicht weit von der Umweltbehörde entfernt, breitet sich am Hamburger Hafen ein Biotop der besonderen Art aus: Computerbildschirme und alte Röhrenfernseher, die aus Schiffscontainern purzeln, hunderte, wenn nicht gar tausende Pkw und Kleintransporter, randvoll mit Elektro- und anderen Abfällen, die zum Export in die Armutsregionen Afrikas bereitstehen“, erklärte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Dass der zuständige Umweltsenator in einem Schreiben an die DUH mitteilte, das alles habe seine Richtigkeit, die zur Verschiffung bereitgestellten Container seien ordnungsgemäß deklariert und laut eingereichter Dokumente sei der Inhalt funktionstüchtige „Handelsware“, hält Resch für „einen schlechten Witz“. Die Abwiegelungsstrategie des Umweltsenators erfülle den Tatbestand der „Beihilfe zur transnationalen Umweltverschmutzung“.

Experten der DUH hatten das Gelände am Hamburger Hafen kürzlich nach einem entsprechenden Hinweis inspizieren können und die unhaltbaren Zustände mit der Digitalkamera dokumentiert. Neben alten Computerbildschirmen, Fernsehern und Altautos stießen die Umweltschützer auch auf Kühl- und Gefrierschränke, die nach dem Augenschein mit großer Wahrscheinlichkeit noch den Ozon- und Klimakiller FCKW enthielten. Ihr Export ist verboten.

Als einen Auslöser für die Neuauflage der Müllexportmisere aus den 1980er Jahren identifizieren die Umweltschützer die Auflagen zur Verwertung beziehungsweise seriösen Entsorgung, die das im vergangenen Jahr 2006 verabschiedete Elektrogesetz Herstellern von Elektrogeräten und deren Subunternehmen aus der Entsorgungsbranche auferlegt. Nach DUH-Informationen kursieren in der Abfallszene Angebote der Exporteure, die beispielsweise für ausrangierte Computerbildschirme 50 ct bis 1 Euro bezahlen. Das ist für die angesprochenen Unternehmen lukrativ, denn für eine seriöse Entsorgung müssen die Unternehmen den Entsorgern normalerweise rund 4 Euro bezahlen – die Differenz für Hersteller und Entsorger beträgt also 4,50 bis 5,00 Euro pro Gerät. Eva Leonhardt, Leiterin Kreislaufwirtschaft bei der DUH, berichtete von ausdrücklichen Hinweisen der Exporteure an ihre potenziellen Kunden, wonach Bildschirme besserer Qualität beim Packen der Container in den äußeren Schichten sichtbar gestapelt sein sollten und die erkennbar kaputte Ware im nicht sofort sichtbaren hinteren Teil des Containers. „Das ärgerliche ist – neben der mutmaßlich unsachgemäßen und gesundheitsgefährdenden Entsorgung in den armen Ländern –  dass gesetzestreue Unternehmen bei derartigen Preisen und Praktiken nicht mithalten können und verlieren“, sagt Frau Leonhardt. „Am Ende wird das Elektro-Gesetz diskreditiert, statt ökologischen Fortschritt produzieren wir Rückschritt. Hier ist unbedingt einzuschreiten, damit die Ziele des Gesetzes auch in die Praxis umgesetzt werden“.

„Es ist mehr als verwunderlich, mit welcher Begründung die Hamburger Umweltbehörde sich ihrer Verantwortung zu entledigen versucht. Das internationale Baseler Übereinkommen und die EU-Abfallverbringungsverordnung sehen ausdrückliche Exportverbote für Abfälle zur Beseitigung und Ausschlachtung vor, und die Durchsetzung dieser Exportverbote obliegt den zuständigen Behörden des Versandstaates, hier also der Hamburger Umweltbehörde. Das kann und darf bei Exportverboten auch gar nicht anders sein“, erklärte die Leiterin Recht und Verbraucherschutz der DUH, Cornelia Ziehm. Es gebe eine eindeutige gesetzliche Verantwortung des Versandstaates, die auch Hamburg nicht auf Empfängerstaaten abwälzen könne. Allein dies werde im Übrigen dem Verursacherprinzip sowie der Verantwortung der Industriestaaten gegenüber Entwicklungs- und Schwellenländern gerecht, so Ziehm weiter. Der Behauptung der Hamburger Umweltbehörde, die ausrangierten Elektrogeräte seien funktionstüchtige Handelsware und ihr Export mithin nach EU-Abfallrecht erlaubt, trat Ziehm vehement entgegen. Sie verwies dafür insbesondere auf EU-Guidelines, die Kriterien zur Unterscheidung von Abfall und Handelsware festlegen. Danach sind z.B. nicht nur die Verträge zum Verkauf der Elektrogeräte, sondern für jedes einzelne Gerät Funktionsnachweise vorzulegen und eine ausreichende Verpackung sicherzustellen, die die Geräte vor Beschädigungen auf dem Transport schützt. In der Realität haben wir jedoch offensichtlich funktionsuntüchtige Geräte ohne auch nur irgendeine Schutzverpackung gesehen. Ziehm: „Es handelt sich hier mit großer Wahrscheinlichkeit nicht um Handelsware, sondern um zur Ausschlachtung bestimmte Geräte, damit um Abfälle und folglich um eine illegale Abfallverbringung. Wer anderes behauptet, muss dringend selbst mal die paar Schritte aus der Umweltbehörde zum Hafen laufen und sich von der angeblichen Handelsware ein Bild machen.“

Resch betonte, bei den von der DUH dokumentierten Vorgängen handele es sich nicht um ein isoliertes Problem des Hamburger Senats, sondern um ein „rücksichtsloses Fehlverhalten Deutschlands“. Die Bundesregierung rief Resch auf, dafür zu sorgen, dass die illegalen Exporte von Elektro-Altgeräten und Altfahrzeugen beendet würden. „Sonst kriegt der Jubelruf ´Deutschland ist Exportweltmeister´ bald einen ganz neuen unappetitlichen Klang“. So würden von jährlich 3 Millionen abgemeldeten Fahrzeugen nur etwa eine halbe Million ordnungsgemäß verwertet und 2,5 Millionen exportiert, der Verbleib von 2 Millionen dieser Fahrzeuge sei unklar. Bei Elektro-Altgeräten sei die Zahl der Exporte nicht zu beziffern.

Für Rückfragen:

Jürgen Resch
Bundesgeschäftsführer, Hackescher Markt 4, 10178 Berlin
Tel.: 030/258986-0, Fax: 030/258986-19, mobil 0171/3649170, E-Mail: resch@duh.de

Eva Leonhardt
Leiterin Kreislaufwirtschaft, Hackescher Markt 4, 10178 Berlin
Tel.: 030/258986-12, Fax: 030/258986-19, mobil: 0151/16716545, E-Mail: leonhardt@duh.de

Dr. Cornelia Ziehm
Leiterin Verbraucherschutz und Recht, Hackescher Markt 4, 10178 Berlin
Tel.: 030/258986-0, 0160/5337376, E-Mail: ziehm@duh.de

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