Pressemitteilung
Deutsche Umwelthilfe warnt vor Verwässerung des geplanten EU-Gesetzes gegen importierte Entwaldung aufgrund von Lobbyinteressen, insbesondere der Autoindustrie
Berlin, 3.11.2021: Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) warnt davor, das geplante EU-Gesetz gegen importierte Entwaldung aufgrund von Lobbyinteressen insbesondere der Autoindustrie zu verwässern. Mit dem Gesetz sollen Produkte, die aus Entwaldung stammen, vom Import ausgeschlossen und verbindliche Sorgfaltspflichten für Unternehmen formuliert werden. Ein der DUH vorliegender Leak des Gesetzentwurfs zeigt, dass Leder und Kautschuk nicht auf der Liste der Entwaldungstreiber stehen und damit nicht unter das Gesetz fallen, obwohl wissenschaftliche Erkenntnisse deren Entwaldungsrisiko belegen. Leder und Kautschuk – ausgerechnet zwei zentrale Rohstoffe für die Autoindustrie. Das EU-Parlament hatte zuvor gefordert, sowohl Leder als auch Kautschuk als Entwaldungstreiber zu berücksichtigen. Die DUH fordert, Leder und Kautschuk wieder auf die Liste der Entwaldungstreiber zu setzen und auch die zu schützenden Ökosysteme zu erweitern, sodass zum Beispiel auch der Entwaldungs-Hotspot Cerrado in Brasilien erfasst wird.
Dazu Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Der längst überfällige Vorstoß der EU gegen die Entwaldung zum Beispiel in Brasilien droht aufgrund von Lobbyinteressen zum stumpfen Schwert zu werden. Die Rinderhaltung ist in Brasilien der mit Abstand größte Treiber für Naturzerstörung. Dabei ist Leder deutlich mehr als bloß ein Nebenprodukt der Rindfleischproduktion: Leder ist die wichtigste Ware, die die EU aus der zerstörerischen brasilianischen Viehwirtschaft importiert. Wenn die EU Entwaldung durch Importe reduzieren will, darf sie Leder nicht außen vor lassen. Natürliche Ökosysteme sind unverzichtbar für den Klima- und Biodiversitätsschutz. Ohne den Schutz dieser Ökosysteme werden wir weder die Pariser Klimaziele noch die Ziele für nachhaltige Entwicklung erreichen.“
Neue Auswertungen von Satellitendaten im Auftrag der DUH und der Rainforest Foundation Norway belegen, dass im Amazonasgebiet seit Januar über 30.000 systematisch gelegte Waldbrände im Bezugsgebiet der brasilianischen Gerbereien stattfanden, die Leder in die EU liefern. Bereits im April zeigten Recherchen der beiden Organisationen, dass Autobauer wie Volkswagen, BMW und Daimler Leder von brasilianischen Unternehmen beziehen, die mit großflächiger Entwaldung in Verbindung stehen.
Dazu Tina Lutz, Campaignerin Naturschutz bei der DUH: „In den Bezugsgebieten der brasilianischen Gerbereien, die in die EU liefern, werden weiter systematisch Wälder abgeholzt und abgebrannt, zum Teil auch in Schutzgebieten. Rund 80 Prozent des brasilianischen Leders werden exportiert, wobei die EU ein wichtiger Markt ist. Das macht es sehr wahrscheinlich, dass weiterhin Leder aus frischen Brandrodungen auf den EU-Markt gelangt.“
Im Schnitt werden pro Stunde etwa 800 Fußballfelder Wald vernichtet, vor allem in den Tropen und Subtropen. Dabei ist der Erhalt der natürlichen Landökosysteme, insbesondere der Wälder, für den Klimaschutz unverzichtbar. Deren Zerstörung trägt etwa zu 15 Prozent zu den von Menschen verursachten Treibhausgasen bei. Auf der UN-Klimakonferenz COP26 haben sich die Staats- und Regierungschefs nun verpflichtet, die Entwaldung bis 2030 zu stoppen. Das EU-Gesetz ist ein wichtiger Baustein, um die durch den EU-Konsum verursachte Zerstörung von Ökosystemen einzudämmen. Dieser darf nicht für die Lobbyinteressen der Autoindustrie verspielt werden.
Hintergrund:
Etwa 50 Prozent des in die EU importierten brasilianischen Leders fließen in die Autoindustrie, zum Beispiel für Ledersitze. 70 Prozent der weltweiten Kautschukernte gehen in die Reifenproduktion. Kautschuk ist ein wichtiger Treiber für Entwaldungen in Südostasien und der Subsahara.
Links:
- Die Kurzanalyse und Erläuterungen von Satellitendaten zu Entwaldungen und Bränden in der letzten Feuersaison im Bezugsgebiet von Gerbereien, die in die EU liefern, finden Sie am Ende dieser Seite.
- Mehr Infos zum Thema Leder: https://www.duh.de/themen/natur/naturvertraegliche-landnutzung/nachhaltige-lieferketten/leder/
Kontakt:
Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer
0160 90354509, mueller-kraenner@duh.de
Tina Lutz, Campaignerin Naturschutz und Biologische Vielfalt
030 2400867-890, 0163 2822403, lutz@duh.de
DUH-Newsroom:
030 2400867-20, presse@duh.de