Pressemitteilung
Deutsche Umwelthilfe beantragt erneut Zwangsgeld gegen Bayerische Staatsregierung – Freistaat ignoriert zum zweiten Mal Entscheidung des höchsten Bayerischen Gerichts für „Saubere Luft in München“
Berlin, 25.8.2017: Der Rechtsstreit zwischen der Deutschen Umwelthilfe (DUH) und dem Freistaat Bayern für saubere Luft in München geht in die nächste Runde. Der Freistaat Bayern ist gemäß dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27.2.2017 dazu verpflichtet, für die Beteiligung der Öffentlichkeit bis zum 31.8.2017 einen Luftreinhalteplanentwurf zu präsentieren, in dem alle Straßenzüge genannt werden, die von Diesel-Fahrverboten betroffen sein werden. Da das nächste Amtsblatt erst wieder am 1.9.2017 veröffentlicht wird, kann die Einhaltung der Frist nicht mehr gewährleistet werden. Auch Nachfragen der DUH beim Umweltministerium, ob der Beschluss erfüllt werden wird, blieben unbeantwortet. Daher hat die DUH am 21.8.2017 beim Verwaltungsgericht München einen Antrag auf Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 4.000 Euro gegen den Freistaat Bayern gestellt.
Dazu erklärt Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Seit fünf Jahren kämpfen wir nun vor Gericht für saubere Luft in München. Seit 2014 haben wir einen rechtskräftigen Titel gegen den Freistaat und für die Münchner. Doch die Bayerische Staatsregierung versucht mit allen Mitteln, ihren Bürgern das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit zu verweigern. Erst diesen Juni hat Ministerpräsident Horst Seehofer Rechtsbruch begangen und trotz höchstrichterlichem Beschluss persönlich entschieden, die vom Gericht angeordnete Veröffentlichung eines Gutachtens zur NO2-Luftbelastung in München nicht fristgerecht zum 29.6.2017 vorzunehmen. Nun soll auch die nächste Frist nicht eingehalten werden. Es ist nicht hinnehmbar, dass die Bayerische Staatsregierung sich erneut einer höchstrichterlichen Entscheidung widersetzt.“
Rechtsanwalt Remo Klinger, der die DUH in dem Verfahren vertritt, erklärt: „Eine Staatsregierung, die die bindenden Beschlüsse ihres höchsten Gerichts absichtlich ignoriert, findet man europaweit aktuell in Polen und in Bayern. Es deutet alles darauf hin, dass die Staatsregierung einen Konflikt darüber führen möchte, wer in Bayern das letzte Wort hat. Wir werden alles dafür tun, dass es die Gerichte sind.“
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 27.2.2017 bestätigt, dass das bereits 2012 im Rechtsstreit mit der DUH ergangene und seit 2014 rechtskräftige Urteil des Verwaltungsgerichts München zu vollstrecken ist. Der Freistaat muss die Öffentlichkeitsbeteiligung für Diesel-Fahrverbote bis zum 31.8.2017 beginnen. Ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 4.000 Euro ist mit dem Beschluss vom 27.2.2017 angedroht, falls der Öffentlichkeit bis zum 31.12.2017 kein vollzugsfähiges Konzept vorgelegt wird, aus dem sich ergibt, dass in eine künftige Fortschreibung des Luftreinhalteplans auch Fahrverbote für Pkw mit Dieselmotor aufgenommen werden können. Wird der Freistaat auch diese Frist nicht einhalten, wird die DUH alle ihr zur Verfügung stehenden Rechtsmittel nutzen.
Hintergrund:
Die DUH erhob am 29.2.2012 Klage gegen den Freistaat wegen Überschreitung des NO2-Grenzwertes. Mit Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 9.10.2012 wurde der Freistaat Bayern antragsmäßig verurteilt. Mit der 6. Fortschreibung des Plans werden die Grenzwerte für NO2 im Jahresmittel erst nach 2030 eingehalten werden können. Da trotz anhaltender Luftverschmutzung keine kurzfristig wirksamen Maßnahmen für eine schnellstmögliche Grenzwerteinhaltung ergriffen werden, hat die DUH einen Antrag auf Vollstreckung des rechtskräftigen Urteils gestellt. Mit Beschluss vom 29.6.2016 forderte das Bayerische Verwaltungsgericht München die Fortschreibung des Luftreinhalteplans für München mit effektiven Maßnahmen innerhalb eines Jahres und drohte dem Freistaat ein Zwangsgeld von bis zu 10.000 Euro an, wenn diese Frist nicht eingehalten wird. Der Freistaat hatte gegen diesen Beschluss Beschwerde eingereicht. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof drohte mit Beschluss vom 27.2.2017 dem Freistaat Bayern ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000 Euro an, falls er bis zum 29.6.2017 der Öffentlichkeit kein vollständiges Verzeichnis aller Straßenabschnitte im Gebiet München vorlegt, an denen der NO2-Immissionsgrenzwert überschritten wird. Dies veröffentlichte der Freistaat jedoch erst im Juli 2017, so dass sich dieses Zwangsgeldverfahren erledigte. Das Gutachten zeigt, dass an 123 Kilometern des Hauptverkehrsstraßennetzes von München Überschreitungen des NO2-Grenzwertes auftreten. Allerdings wurden zu niedrige Realemissionsdaten für Diesel-Fahrzeuge verwendet, weshalb die Belastungssituation in Wirklichkeit noch gravierender ist, als angenommen. Weitere Zwangsgelder in Höhe von jeweils 4.000 Euro werden angedroht, wenn der Freistaat bis 31.8.2017 die Öffentlichkeitsbeteiligung zur Vorbereitung einer Fortschreibung des Luftreinhalteplans für München nicht eingeleitet hat, bzw. bis 31.12.2017 der Öffentlichkeit kein vollzugsfähiges Konzept zur Kenntnis bringt, aus dem sich ergibt, dass in eine künftige Fortschreibung des Luftreinhalteplans auch Fahrverbote für Pkw mit Dieselmotor aufgenommen werden können.
Ziffer 2 des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs lautet: „2. Dem Beklagten wird ein Zwangsgeld in Höhe von 4.000 Euro angedroht, falls er nicht bis zum Ablauf des 31. August 2017 die Öffentlichkeitsbeteiligung zur Vorbereitung einer weiteren Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Landeshauptstadt München (Paragraph 47 Absatz 5 Satz 2, Absatz 5a Satz 1 bis 3 Bundes-Immisionsschutzgesetz BImSchG) dergestalt einleitet, dass er in das Amtsblatt der Regierung von Oberbayern eine den Anforderungen des Paragraphen 47 Absatz 5a Satz 2 BImSchG genügende Bekanntmachung einrückt, aus der sich ergibt, dass in eine solche Fortschreibung Verkehrsverbote für Fahrzeuge mit Selbstzündungsmotor in Bezug auf enumerativ aufzuführende Straßen(abschnitte) im Gebiet der Beigeladenen aufgenommen werden sollen, welche zeitlichen und sachlichen Einschränkungen – unter Angabe der hierfür maßgeblichen Gründe – für diese Verkehrsverbote ggf. in Aussicht genommen sind, und hinsichtlich welcher Straßen(abschnitte) im Gebiet der Beigeladenen, an denen der in Paragraph 3 Absatz 2 der 39. Verordnung zur Durchführung des BImSchG festgesetzte Immissionsgrenzwert nach dem aktuellsten dem Beklagten zur Verfügung stehenden Erkenntnisstand überschritten wird, von der Aufnahme eines solchen Verkehrsverbots mit welcher Begründung abgesehen werden soll.“
Links:
Zum Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27.2.2017
Das Hintergrundpapier "Klagen für saubere Luft" finden Sie am Ende dieser Seite.
Mehr über das Projekt „Right to Clean Air“
Kontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer
0171 3649170, resch@duh.de
Prof. Dr. Remo Klinger, Geulen & Klinger Rechtsanwälte
030 884 72 80, 0171 2435458, klinger@geulen.com
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