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Pressemitteilung

Armutszeugnis für die Fischereipolitik der EU: Überfischte Meere, illegale Rückwürfe und politische Blockadehaltung

Montag, 16.12.2019 Dateien: 2

Deutsche Umwelthilfe veröffentlicht Studie zur Umsetzung der Gemeinsamen Fischereipolitik in den letzten 5 Jahren – Zahlreiche Bestände wie Dorsch, Hering & Co. sind weiterhin überfischt – Wirksame Kontrollen des Rückwurfverbotes fehlen – Politik und Fischereiwirtschaft blockieren Umsetzung erforderlicher Maßnahmen

© Vlada Z / Fotolia

Berlin, 16.12.2019: Laut einer aktuellen Studie der Deutschen Umwelthilfe (DUH) bestehen eklatante Defizite in der Umsetzung und Wirksamkeit der Gemeinsamen Fischereipolitik (GFP) der EU. Die Analyse von renommierten Fischereiexperten stellt Mängel beim Kampf gegen die Überfischung und bei der Umsetzung eines ökosystemgerechten Fischereimanagements fest. So werden entgegen den wissenschaftlichen Empfehlungen weiterhin zu hohe Fangmengen zugelassen. Die Kontrolle rechtlicher Verpflichtungen wie dem Anlandegebot, das illegale Rückwürfe von zu kleinen oder ungewollten Fischen verhindern sollte, funktioniert nicht. Bedrohte Arten wie Schweinswale und seltene Seevögel werden nicht vor schädigenden Fischereipraktiken geschützt. Die umfangreiche Studie zur Zwischenbilanz der GFP wurde vom Bundesamt für Naturschutz gefördert.

Dazu Sascha Müller-Kraenner, DUH-Bundesgeschäftsführer: „Sechs Jahre nach Verabschiedung der reformierten Gemeinsamen Fischereipolitik stellt die vorliegende Studie den für die Umsetzung zuständigen Mitgliedstaaten leider ein unmissverständliches Armutszeugnis aus. Die Fortschritte hin zu einer nachhaltigen Fischerei sind kaum wahrnehmbar. Die Umsetzung geht nicht schnell genug voran und das wichtigste Ziel, die Überfischung in der EU bis 2020 zu beenden, wurde durch anhaltende politische Kurzsichtigkeit aufs Spiel gesetzt. Eine vollständige und termingerechte Umsetzung der Gemeinsamen Fischereipolitik würde eine zukunftsfähige Fischerei ermöglichen. Doch ohne den politischen Willen verbessert sich für die Fischbestände und die Meeresökosysteme in Europa leider nichts. Deshalb fordern wir Frau Klöckner als zuständige Ministerin auf, die EU-Vorgaben endlich vollständig umzusetzen und sich für eine nachhaltige Fischerei stark zu machen. Ihren Durchsetzungswillen kann sie in den bevorstehenden Fangquoten-Verhandlungen für die Nordsee und den Nordostatlantik unter Beweis stellen und sich entschieden gegen alle Fangmengenentscheidungen oberhalb der wissenschaftlichen Empfehlungen einsetzen. Politische Blockaden dürfen nicht den Schutzauftrag der Gemeinsamen Fischereipolitik torpedieren.“

Um die Konflikte zwischen der fischereilichen Nutzung und dem Schutz der europäischen Meere zu lösen, wurde im Dezember 2013 die Reform der GFP verabschiedet, die am 1. Januar 2014 in Kraft trat. Das übergeordnete Ziel der Reform ist es, die Fischerei unter EU-Flagge nachhaltiger zu gestalten und die schädlichen Auswirkungen der Fischerei auf die Meeresumwelt auf ein Minimum zu reduzieren. Eine nachhaltige sowie ökosystemverträgliche Nutzung der marinen biologischen Ressourcen soll durch die GFP ermöglicht und gefördert werden.

Die wesentlichen Inhalte der Studie umfassen:

  • Zustand und Entwicklung der europäischen Fischbestände
  • Integration von Naturschutzaspekten in die Fischerei
  • Umsetzung von Kontrollen und Sanktionen
  • Schnittstellen der GFP zur Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL)
  • Ökonomische Aspekte und Schaffung von Anreizen für die Fischereiwirtschaft
  • Stand der Umsetzung der wichtigen GFP-Nachhaltigkeitsziele

Außerdem beinhaltet die Studie einen detaillierten Forderungskatalog, der die nötigen Schritte aufzählt, damit die Nachhaltigkeitsziele der GFP noch erreicht werden können.

Der DUH-Fachbereichsleiter Naturschutz und Biodiversität und Projektleiter der Studie, Ulrich Stöcker, kritisiert vor allem das unzureichende Verständnis für den Wert intakter mariner Ökosysteme. „In der deutschen Nord- und Ostsee gibt es Meeresschutzgebiete, für die auch nach Jahren noch keine Maßnahmen zur Begrenzung ökosystemschädigender Fischereiaktivitäten erlassen wurden. So bleibt ein wichtiger Baustein zum Schutz der Arten und Lebensräume in diesen Gebieten nach wie vor ungenutzt. Während für die Schutzgebiete in der Ostsee das internationale Verfahren zur Umsetzung von Managementmaßnahmen noch nicht begonnen hat, wurden für die Nordsee nach einem mehrjährigen Prozess zu schwache Empfehlungen an die EU-Kommission übermittelt und von dieser prompt als unzureichend zurückgewiesen. Die zuständigen Fischereiminister in der Scheveningen-Gruppe der Nordseeanrainerstaaten müssen sich jetzt dringend auf effektive Regelungen für die berufsmäßige Fischerei einigen, die den Anforderungen der EU-Kommission genügen und das Erreichen der Naturschutzziele in den Natura 2000-Gebieten gewährleisten. Das betrifft den günstigen Erhaltungszustand der Arten und Lebensräume ebenso wie die Einhaltung des gesetzlichen Verbots einer Zustandsverschlechterung.“

Links:

Die Lang- und Kurzfassung der Studie finden Sie am Ende dieser Seite.

Kontakt:

Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer
0160 90354509, mueller-kraenner@duh.de  

Ulrich Stöcker, Bereichsleiter Naturschutz
030 2400867-13, stoecker@duh.de  

DUH-Pressestelle:

Ann-Kathrin Marggraf, Marlen Bachmann
030 2400867-20, presse@duh.de

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