Pressemitteilung
25 Jahre Ozon-Alarm: Deutsche Umwelthilfe fordert angesichts steigender Ozonbelastung konsequente Absenkung der Stickoxide aus Dieselabgasen
Berlin, 25.7.2019: 25 Jahre nach Ausruf des ersten Ozon-Alarms in Hessen fordert die Deutsche Umwelthilfe (DUH) eine wirksame Minderung der Vorläufersubstanzen dieses gesundheits- und klimaschädlichen Reizgases. Die DUH kritisiert, dass die Bundesregierung es bis heute versäumt hat, eine effektive Nachfolgeregelung für die 1999 außer Kraft getretene Ozonverordnung einzuführen, die bei Werten wie den aktuell gemessenen, zu Fahrverboten und Geschwindigkeitsbeschränkungen auch auf Autobahnen geführt hätte.
Je höher die Lufttemperatur, desto höher ist bei gleichzeitig hohen Belastungswerten von Stickoxiden oder Kohlenwasserstoffen die Bildung von bodennahem Ozon. Mit dem Fortschreiten der Klimaerwärmung ist insbesondere bei ausbleibenden Maßnahmen der Luftreinhaltung mit einer weiteren Erhöhung der Ozon-Belastung zu rechnen. Umso dringlicher ist es, dass endlich wirksame Maßnahmen und rechtliche Regelungen zur schnellstmöglichen Minderung der Vorläufersubstanzen von Ozon, wie Stickoxide und Kohlenwasserstoffe, ergriffen werden.
„In den kommenden Jahren werden wir noch häufiger hohe sommerliche Temperaturen erleben. Dabei wandeln sich die innerstädtisch in hoher Konzentration vorhandenen Stickoxide, die dort vor allem aus den Dieselabgasen stammen, in Ozon um. Verschärft wird die Lage durch das Versagen der Politik, Kohlenwasserstoffe aus der Industrie und alltäglichen Produkten wie Farbsprays und Klebstoffe, drastisch zu reduzieren. Der jahrzehntelange Abgasbetrug der Dieselkonzerne ist maßgeblich dafür verantwortlich, dass wir in den Städten nach 25 Jahren immer noch zu hohe Ozonwerte im Sommer verzeichnen, unter denen Menschen und Umwelt leiden. Verkehr und Industrie sind die Hauptquellen der Stoffe, die zur Bildung von Ozon führen. In beiden Sektoren versagt die Bundesregierung, was die Durchsetzung von Abgasstandards angeht, um die Ursachen der Belastung anzugehen“, kritisiert Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH.
Nach Angaben des Umweltbundesamtes steigt seit 1990 die durchschnittliche Ozon-Konzentration in der innerstädtischen Atemluft vielerorts weiter an. Ozon bildet sich aus den Vorläuferstoffen Stickoxiden (NO und NO2) und flüchtigen Kohlenwasserstoffen (VOC) und ist an einen photochemischen Prozess gebunden. Daher tritt besonders an sonnigen und heißen Tagen in den Nachmittags- und Abendstunden eine hohe Ozonbelastung auf.
Die Ozonverordnung aus dem Jahr 1995, die in den 90er Jahren Fahrverbote bei zu hoher Belastung vorsah, trat 1999 außer Kraft. Heute gilt auf Basis der 39. Verordnung zum Bundes-Immissionsschutzgesetz eine sogenannte Informationsschwelle von 180 μg/m3 als 1-Stunden-Mittelwert sowie eine Alarmschwelle von 240 μg/m3 als 1-Stunden-Mittelwert. Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt einen Grenzwert von 100 µg/m³ im 8-Stunden-Mittel, der jedoch nach Angaben der Europäischen Umweltagentur an nur 4 Prozent aller und nur an zwei der insgesamt 537 Messstationen im ländlichen Hintergrund im Jahr 2016 eingehalten wurde. Für das Jahr 2015 gibt die Agentur in ihrem jährlichen Bericht zur Luftqualität (2018) 3.000 vorzeitige Todesfälle für Deutschland aufgrund zu hoher Ozonbelastung an.
„Dass die Bundesregierung es bis heute versäumt hat, eine effektive Nachfolgeregulierung für die Ozonverordnung von 1995 einzuführen, ergänzt die Reihe massiver umweltpolitischer Versäumnisse dieser und der Vorgängerregierungen. Zur Bekämpfung der Ozonbelastung sind Bund und Länder gefordert, und zwar im Zusammenspiel mit den europäischen Nachbarn, denn Ozon ist ein flächendeckendes Problem. Einige unserer Nachbarn, wie etwa Frankreich und auch die Schweiz, handeln hier entschlossener. Wir brauchen dringend ein Gesamtkonzept zur Minderung der entsprechenden Vorläufersubstanzen für Ozon. Dazu gehört, dass wir konsequent alle schmutzigen Dieselfahrzeuge entweder mit Fahrverboten belegen oder durch Hardware-Nachrüstungen wieder sauber machen aber auch die Minderung der Kohlenwasserstoff-Emissionen zum Beispiel aus Lösemitteln“, so Resch weiter.
Erst im Juni dieses Jahres hatte die französische Regierung ein Fahrverbot für etwa 60 Prozent aller Fahrzeuge im Großraum Paris aufgrund hoher Ozonbelastung bei heißen Außentemperaturen verhängt.
Hintergrund:
Erhöhte Ozonkonzentrationen können Reizung der Atemwege, Husten, Kopfschmerzen und Atembeschwerden bis hin zu Einschränkungen der Lungenfunktion und Lungenkrankheiten hervorrufen. Sie führen aber auch zu Schädigungen von Pflanzen, insbesondere einjährigen Nutzpflanzen und somit zu immer höheren Ertragseinbußen.
Die Ozon Verordnung von 1995, basierend auf Paragraph 40 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, sah Fahrverbote für Fahrzeuge ohne Katalysator ab einer Belastung von 240 µg/m³ im Mittelwert über eine Stunde vor. Ab einer Konzentration von 180 µg/m³ galten Geschwindigkeitsbegrenzungen von 90 km/h auf Autobahnen und 80km/h auf Landstraßen.
Die Ozon-Verordnung aus dem Jahr 1995, die Fahrverbote bei zu hoher Belastung vorsah, trat 1999 außer Kraft. Kurzfristig wirksame Maßnahmen wie das Fahrverbot von einst sind nicht mehr Gegenstand der Regulierung. Bei Ozon-Werten ab 180 μg/m3 wird gesundheitlich empfindlichen Personen, insbesondere Kindern und älteren Menschen empfohlen, auf anstrengende Tätigkeiten oder sportliche Aktivitäten im Freien zu verzichten. Bei Werten ab 240 μg/m3 richtet sich diese Empfehlung an alle Bürgerinnen und Bürger. Weiterhin gilt ein Zielwert von 120 µg/m³, der an höchstens 25 Tagen im Jahr, gemittelt über drei Jahre, überschritten werden darf. Dieser Wert, der ab 2020 als 8-Stunden-Mittelwert im Kalenderjahr einzuhalten ist, wird nach Aussage des Umweltbundesamts in ganz Deutschland überschritten.
Links:
Das Hintergrundpapier „Bodennahes Ozon – das unterschätzte Problem“ finden Sie am Ende dieser Seite.
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