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Wenn alles schläft

Sonntag, 12.05.2019

Der Gartenschläfer ist ein heimlicher Kobold, der nächtlich durch Gärten und Wälder huscht. Man sieht ihn kaum und weiß fast nichts von seiner Lebensweise. Das wird ihm nun zur Gefahr, denn sein Bestand nimmt rapide ab.

© PIXATERRA / Fotolia

Den Artikel, erschienen in der DUHwelt 1/19, finden Sie am Ende der Seite.

Erblickt man durch seltenen Zufall einmal einen Gartenschläfer in natura, weiß man oft nicht recht, wen genau man da vor sich hat. Von der Gestalt wie eine Maus, doch viel größer, mit Anleihen eines Eichhörnchens, doch dann wieder mit schwarzer Augenbinde. Eine Art Einbrecherhörnchen also. Die Tiere sind ausschließlich nachtaktiv und an das Leben in der Dunkelheit perfekt angepasst. Mit ihren sehr großen, pechschwarzen Augen fangen sie das Restlicht ein. Wenn es noch dunkler wird, ertasten sie sich mit ihren langen Barthaaren, den Vibrissen, den Weg durchs Unterholz. Dort sind sie flink und geschickt auf der Suche nach Früchten und Samen, Insekten und Weichtieren wie Schnecken und Würmern. Tagsüber macht der Gartenschläfer seinem Namen alle Ehre und döst in selbstgebauten Kugelnestern in der Strauchschicht. Relativ häufig mieten sich die Tiere aber auch in Nistkästen, Baumhöhlen oder sogar Garagen und Carports ein. Im Gegensatz zu ihren Fressfeinden, den Mardern, richten sie dort während ihrer Untermiete keinen Schaden an und benehmen sich meist tadellos. Einzig zur Paarungszeit im Frühjahr kann es etwas lauter werden, denn dann pfeifen die Weibchen nach den Männchen, während diese sich um die Damen streiten. Hat man sich geeinigt, wird ein Nest gebaut, in dem im Mai vier bis sechs Junge zur Welt kommen. In der Mitte des Sommers sind diese dann selbstständig und verlassen das heimische Revier.

Winterspeck erwünscht

Obwohl sie sich so abwechslungsreich und wenig nagend ernähren, gehören die Gartenschläfer zur Ordnung der Nagetiere und dort zur Familie der Bilche – auch Schlafmäuse genannt. Der bekannteste heimische Bilch ist wohl der etwas größere, doch viel häufigere Siebenschläfer. Daneben gibt es noch den extrem seltenen Baumschläfer und die Haselmaus, die zwar der kleinste Bilch, aber deswegen noch lange keine echte Maus ist. Ihnen allen ist die graue bis braune Ober- und helle Unterseite gemein, dazu ein langer Schwanz zum Klammern und Balancieren in den Ästen und Zweigen. Sie alle halten ihren ausgedehnten Winterschlaf spätestens ab Oktober und vor April ist an ein Aufwachen nicht zu denken. Hierfür ist ein Speckpolster nötig und so fressen sich die Gartenschläfer im Sommerhalbjahr von rund 80 Gramm auf das Doppelte pummelig. Im Frühjahr sind die Fettreserven dann meist restlos aufgebraucht und müssen sofort wieder aufgefüllt werden.

Gefährdung ist bisher kaum erforscht

Verbreitet sind die sympathischen Bilche vorwiegend in zwei völlig unterschiedlichen Landschaften. Einerseits gibt es eine große Population im westlichen Tiefland Deutschlands. Dort kommen sie wie der Siebenschläfer oft in Siedlungsnähe vor und erreichen teilweise hohe Dichten, zum Beispiel in Rheinland-Pfalz. Ein ökologisch ganz anderer Lebensraum sind die Gebirge in der Mitte und im Osten Deutschlands, wo die Art nur lückenhaft verbreitet ist und besonders stark abgenommen hat. In weiten Teilen ihres ehemaligen Verbreitungsgebietes ist sie schon ausgestorben oder verschollen. Die Gründe für diesen Rückgang sind noch weitgehend unbekannt. Da Deutschland im Kern der Verbreitung liegt, tragen wir eine hohe Verantwortung für den Erhalt der Art. Als Beitrag zum Bundesprogramm Biologische Vielfalt läuft seit 2018 das bisher größte Schutzprojekt zur Rettung der Art. Es ist zu hoffen, dass die beteiligten Naturschützer und Forschungseinrichtungen noch mehr über die Gefährdungsursachen herausfinden, um wirksame Schutzmaßnahmen für das seltene Nagetier treffen zu können. So versteckt wie die Art lebt, würden es die Menschen kaum bemerken, wenn die Schlafmaus für immer Abschied nähme.

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