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Schluss mit neuen Gasprojekten: Was auf der UN-Klimakonferenz in Scharm el Scheich passieren muss

Donnerstag, 03.11.2022

Die UN-Mitgliedstaaten steuern mit voller Kraft an den Klimazielen des Pariser Abkommens vorbei. Was sich nun ändern muss und welche Signale es auf der 27. UN-Klimakonferenz braucht, erklärt Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, im Interview.

© Stefan Wieland

Warum ist die 27. Klimakonferenz in Ägypten so wichtig?

Auf der Pariser Klimakonferenz 2015 haben die UN-Mitgliedsstaaten mit dem 1,5 Grad Ziel vereinbart, die Erderwärmung zur Einhaltung dieses Limits effektiv bekämpfen zu wollen. Seitdem sind sieben Jahre vergangen und die Zwischenbilanz liest sich ernüchternd. Laut einem Bericht des Umweltprogramms der Vereinten Nationen steuern wir statt 1,5 Grad derzeit eine globale Erwärmung von 2,8 Grad an – gemessen an den Verpflichtungen und Zielen, die sich die Mitgliedsstaaten selbst auferlegen. Weder die bisherigen Bemühungen noch die gesteckten Reduktionsziele reichen also aus, um die Klimakatastrophe aufzuhalten. Das heißt sämtliche Staaten müssen ihre Klimaziele nachbessern. 

Das gilt natürlich auch und insbesondere für die EU und ihre Mitgliedsstaaten. Denn die Europäische Union kann hier durch entschlossenes Handeln zur Vorreiterin werden, um die anderen Mitglieder ebenfalls zu effektiven Klimaschutzmaßnahmen zu bewegen. Insbesondere gegenüber den USA und China hätten wir mit einer raschen Anpassung unserer Ziele gute Argumente für weitere Verhandlungen in der Hand. 

Wo steht die EU momentan in Sachen Klimaschutz?

Unter dem Namen REPowerEU hat die Europäische Union kürzlich ein umfangreiches Paket von Gesetzesvorschlägen erarbeitet – auch als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg. Leider haben die Vorschläge noch nicht die Entscheidungsverfahren im Europäischen Rat und Parlament durchlaufen und sind daher noch nicht in Kraft getreten. Die EU steht momentan mit leeren Händen da.

Momentan liegen unsere Reduktionsziele von Treibhausgasen bei 55 Prozent bis 2030 im Vergleich zum gemessenen Wert im Jahr 1990. Werden die REPowerEU-Vorschläge hingegen umgesetzt, wäre es für die EU ein Leichtes, ihre geplante Treibhausgasreduktion auf 60 Prozent bis 2030 zu erhöhen. Das geplante Paket beinhaltet sowohl Investitionen in Zukunftstechnologien und Erneuerbare Energien, als auch effektive Maßnahmen zur Einsparung von Energie. Im Grunde muss zur Erreichung verbesserter Zielwerte nur das zusätzliche Reduktionspotenzial durch die Gesetzesvorschläge zusammengezählt werden. Hierzu gehören etwa Revisionen der Erneuerbare Energien Richtlinie, der Effizienz-Richtlinie und der Gebäudeeffizienz-Richtlinie sowie weitere Investitionen, die die EU über den EU-Wiederaufbaufonds voranbringen möchte.

Deswegen ist es ganz besonders wichtig, dass sich die EU Mitgliedsstaaten während der am Sonntag beginnenden Konferenz zusammensetzt, die Gesetzesvorschläge voranbringt und noch auf der Klimakonferenz die erhöhten Ziele verkündet.

Was bedeutet das für Deutschland?

Deutschland spielt eine ganz besonders wichtige Rolle in der EU. Wir haben schließlich die größte Volkswirtschaft und sind der größte Treibhausgas Emittent der Staatengemeinschaft. Natürlich ergeben sich hieraus großer Einfluss und eine große Verantwortung. Während die EU bis 2050 Klimaneutralität erreichen will, hat sich Deutschland vorgenommen, dieses Ziel bereits 2045 zu erreichen. Leider ist aktuelle Jahr ein sehr schwieriges für den Klimaschutz. In Deutschland werden alte Kohlekraftwerke aus der Reserve geholt und LNG-Terminals zum Import von Flüssigerdgas gebaut. Bei den Erneuerbaren Energien haben wir leider nicht dasselbe Tempo.

Daher ist es extrem wichtig, dass Deutschland auf der Klimakonferenz in Scharm el Scheich ein deutliches Signal sendet: Wir setzen ein ambitioniertes Dekarbonisierungsziel und wollen jetzt in Sieben-Meilen-Stiefeln Richtung 100 Prozent aus Erneuerbaren Energien vorankommen. Und dann heißt es natürlich nicht nur reden, sondern auch handeln!

Welche Rolle wird LNG auf der Konferenz spielen?

Am Rande des Klimagipfels wird sicherlich eine Reihe von Ländern versuchen durch die Lücke, die Russland hinterlassen hat, auf den Europäischen Gasmarkt zu drängen – zum Beispiel Ägypten oder auch der Senegal. Aber auch Gas ist bekanntlich ein fossiler Energieträger, der der Umwelt und dem Klima massiv schadet. Wir sollten dringend aus dem Gas aussteigen und nicht in neue Gas- oder Ölfelder investieren.

Deswegen ist es besonders besorgniserregend, dass Bundeskanzler Olaf Scholz noch vor wenigen Monaten im Senegal in Aussicht gestellt hat, dass sich die Bundesregierung über die KfW Entwicklungs- oder IPEX-Bank an der Finanzierung neuer Offshore-Gasfelder vor der senegalesischen Küste beteiligt. Neben den fatalen Folgen solcher Projekte für das weltweite Klima kommt erschwerend hinzu, dass durch die Ausbeutung der Gasfelder auch das größte Kaltwasserriff des Atlantiks negativ beeinträchtigt und damit die Lebensgrundlage zahlreicher Fischereigemeinschaften an der Küste Senegals gefährdet würde.

Es muss ein ganz wichtiges Ziel sein, dass wir auf der Klimakonferenz in Scharm el Scheich ein Zeichen für Klimaneutralität und den Ausbau Erneuerbarer Energien setzen und nicht die Tür aufmachen für neue fossile Investitionen und Infrastrukturen.    

Was bringt die Konferenz Ländern, die schon jetzt stark unter dem Klimawandel leiden?

Ein sehr wichtiges Verhandlungsthema wird sein, wie die am meisten vom Klimawandel betroffenen Länder für schon eingetretene oder demnächst eintretende Schäden durch den Klimawandel finanziell unterstützt werden können. Dies betrifft beispielsweise kleine Inselstaaten, von Wüstenbildung bedrohte Regionen und besonders arme Entwicklungsländer. Der Kompensationsmechanismus, der hier vereinbart werden muss, nennt sich „Loss and Damage“. Außenministerin Annalena Baerbock hat bereits betont, dass dies auch für Deutschland ein wichtiges Thema sei. Auf der Klimakonferenz ist es nun wichtig, dass es nicht bei politischen Ankündigungen bleibt, sondern auch das Geld für die geplanten Kompensationszahlungen zur Verfügung gestellt wird. 

Mehr über Energie und Klimawandel sowie Ihre Möglichkeiten, sich für den Klimaschutz einzusetzen, erfahren Sie hier: 

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