Ölförderung auf der Mittelplate Stoppen

Seit 1987 wird mitten im Nationalpark Wattenmeer nach Öl gebohrt. Die derzeit gültige Förderbewilligung für die Offshore-Plattform Mittelplate, die auf Basis des schleswig-holsteinischen Nationalparkgesetzes ausgesprochen wurde, erlaubt die Ölförderung bis Ende 2041.

Im Jahr 2019 stellte der damalige Betreiberkonzern der Mittelplate, Wintershall Dea, einen Antrag auf Erteilung einer Bewilligung zur Erweiterung des bestehenden Bewilligungsfeldes um ein Gebiet südlich davon, das sich ebenfalls vollständig im beziehungsweise unter dem Nationalpark sowie einem FFH- und EU-Vogelschutzgebiet befindet.

Aus Sicht von Umweltorganisationen wäre die Bewilligung eines weiteren Ölfeldes im Nationalpark Wattenmeer rechtswidrig gewesen, da sie von der Ausnahmeregelung im Nationalparkgesetz nicht erfasst würde. Diese Einschätzung wurde auch durch ein Rechtsgutachten im Auftrag des schleswig-holsteinischen Umweltministeriums aus dem Jahr 2020 bestätigt. Im Jahr 2024 kam das Ministerium folgerichtig zu der Entscheidung Wintershall Dea keine Bewilligung für die Erweiterung zu erteilen. [1]

Doch die die bereits bestehende Ölförderung auf der Mittelplate im sensiblen Weltnaturerbe-Gebiet Wattenmeer gefährdet den Erhalt der biologischen Vielfalt weiterhin und widerspricht den Klimazielen. Das UNESCO Komitee kritisierte in seinen Entscheidungen der letzten Jahre die Ölförderung im Weltnaturerbe mehrfach, da fossiler Abbau in UNESCO-Weltnaturerbegebieten eigentlich verboten ist. Für die Versorgungssicherheit haben die Bohrungen keine Bedeutung. Nur ca. 1 Prozent des gesamten jährlichen Ölverbrauchs in Deutschland werden derzeit durch die Förderplattform Mittelplate abgedeckt.

Deswegen fordern wir den Stopp der Ölbohrungen und haben zuletzt als Reaktion auf die Veröffentlichung eines neuen Betriebsplan für die Mittelplate rechtlich Widerspruch gegen Fortsetzung der Ölförderung eingelegt. Die Grundlage dafür ist, dass für die Ölplattform niemals eine FFH-Verträglichkeitsprüfung gemäß der Flora-Fauna-Habitatrichtlinie durchgeführt wurde. Dass dies bisher nicht erfolgt, ist, obwohl das Wattenmeer bereits seit 1998 als FFH-Gebiet sowie seit 2001 als Europäisches Vogelschutzgebiet ausgewiesen ist, ist eindeutig ein Skandal. [2]

Glücklicherweise stehen unsere Chancen nicht schlecht: Mit einem ähnlichen Widerspruchsverfahren haben wir vor zwei Jahren bereits den Stopp des Braunkohletagebaus Jänschwalde durchgesetzt. Die Vorzeichen sind also glasklar: Rechtliche Schutzvorgaben für wertvolle Naturreservate dürfen nicht länger ignoriert werden. Das Wattenmeer ist ein einzigartiger Lebensraum, der nicht für fossile Profitinteressen geopfert werden darf. [3]

Die Klimaklage der Deutschen Umwelthilfe gegen den Ölkonzern Wintershall Dea war eine Pionierklage gegen einen Öl- und Gaskonzern in Deutschland. Mit der Klage hat die DUH versucht, erstmals einen fossilen Energieproduzenten auf Grundlage des Klimaurteils des Bundesverfassungsgericht klimapolitisch in die Pflicht zu nehmen.

Der Konzern Wintershall Dea hatte seit 2019 geplant seine Erdgas- und Erdöl-Förderung massiv auszuweiten: Damals kündigte das Unternehmen bis 2023 eine Produktionssteigerung von 27-35% Prozent an. [4] Der Konzern agierte damit klar gegen die Pariser Klimaziele, für deren Einhaltung eine rasche Reduzierung des Erdöl- und Erdgasverbrauchs erforderlich ist – nicht eine Steigerung, wie von Wintershall Dea geplant. In Deutschland hatte Wintershall Dea einen Antrag gestellt, um im Nationalpark Wattenmeer auf der Ölplattform Mittelplate neue Ölbohrungen vornehmen zu dürfen. Gemäß Antragsunterlagen wollte das Unternehmen dort bis zum Jahr 2069 Erdöl fördern.

Diese Pläne gingen in eine völlig entgegengesetzte Richtung als die vereinbarten Klimaziele und die Erfordernisse des Pariser Klimaabkommens. Zudem hatte die Internationale Energieagentur (IEA) in ihrer Studie „Net Zero 2050” belegt, dass für eine Einhaltung der Pariser Klimaziele keine neuen Erdgas- und Erdöl-Felder mehr entwickelt werden dürfen. [5] Bereits mit den Mengen aus den heutigen Erdgas- und Erdöl-Feldern ist eine Überschreitung des verbleibenden CO2-Budgets wahrscheinlich. Eine zusätzliche Förderung – wie sie Wintershall Dea geplant hatte, war deshalb nicht hinnehmbar.

Im September 2024 wurden jedoch fast alle Förderstätten des Konzerns an den britischen Öl- und Gaskonzern Harbour Energy verkauft. Der Konzern Wintershall Dea wurde bis auf einige Rest-Assets quasi aufgelöst. Damit entfällt für die Deutsche Umwelthilfe die Grundlage für die Klimaklage gegen den Konzern, da dieser kaum noch fossile Förderstätten besitzt und für deren Schließung nicht mehr verantwortlich gemacht werden kann. Die Deutsche Umwelthilfe zieht deshalb ihre Klimaklage gegen den Konzern zurück, setzt sich aber weiterhin mit Klagen wie gegen Deutschlands größte Ölförderung Mittelplate für einen vollständigen und schnellen Ausstieg aus allen fossilen Energien in Deutschland und weltweit ein.

 

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat im Februar 2024 Strafanzeige gegen den mittlerweile aufgelösten Öl- und Gaskonzern Wintershall Dea erstattet. Im Zentrum der Vorwürfe steht der Verdacht, dass das Unternehmen in seinem Geschäftsbericht wesentliche Informationen über seine Umwelt- und Klimabelastungen verschleiert hat. Besonders fehlt eine klare Strategie zur Reduzierung der Scope 3- Emissionen, die durch die Verbrennung der geförderten fossilen Brennstoffe entstehen und 97 Prozent der Gesamtemissionen ausmachen.

Die DUH wirft Wintershall Dea vor, bewusst die Öffentlichkeit getäuscht und Greenwashing betrieben zu haben. Obwohl der Konzern nicht mehr existiert, richtet sich das Strafverfahren weiterhin gegen die ehemaligen Mitglieder des Vorstandes und des Aufsichtsrates von Wintershall Dea. Diese sollen persönlich zur Verantwortung gezogen werden.

Die Staatsanwaltschaft hat inzwischen Ermittlungen aufgenommen, was die DUH als entscheidenden Schritt begrüßt. Mit dem Verfahren soll sichergestellt werden, dass auch ehemalige Führungskräfte fossiler Unternehmen für Verstöße gegen Transparenz- und Berichtspflichten zur Rechenschaft gezogen werden. Die DUH fordert zudem vom Nachfolgekonzern Harbour Energy konkrete und glaubwürdige Pläne zur Einhaltung der internationalen Klimaziele.

Downloads

UNESCO Entscheidung zu Mittelplate

1,30 M

UNESCO Entscheidung zu Mittelplate

World Heritage Watch Report 2024 zur Mittelplate

23 M

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Referentin Energie & Klimaschutz
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Copyright: © Finke/DUH

Constantin Zerger
Bereichsleiter Energie und Klimaschutz
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