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Pressemitteilung

Studie der Deutschen Umwelthilfe: Bioplastik bereitet Kompostwerken große Probleme

Donnerstag, 20.09.2018 Dateien: 2

Sogenannte biologisch abbaubare Kunststoffe sind für die große Mehrheit deutscher Kompostierer Störstoffe – Meist erfolgt keine normgerechte Kompostierung für einen problemlosen Abbau – Bioplastik wird oft aufwendig aussortiert und teuer entsorgt – Große Mehrheit der deutschen Kommunen verbietet Tüten aus Bioplastik für die Sammlung von Bioabfall – Bioplastik löst keine Abfallprobleme, sondern verschärft diese – Hersteller und Händler sollen auf Abfallvermeidung und Wiederverwendung setzen

© Sommer/DUH

Berlin, 20.9.2018: Die Begriffe „Bioplastik“ und „biologisch abbaubar“ kennzeichnen inzwischen eine Vielzahl von Verpackungen und Produkten und sollen einen besonders umweltfreundlichen Eindruck erwecken. Verbraucher werden dazu angeregt Tüten, Becher, Teller oder Einweg-Besteck, die als kompostierbar beworben werden, in der Biotonne zu entsorgen. Hierzu führte die Deutsche Umwelthilfe (DUH) im Jahr 2015/16 eine Umfrage unter rund 1.000 Kompostierungsanlagen in Deutschland (Bezugsjahr 2015/16) durch. Nachdem eine jahrelang andauernde und existenzbedrohende Schadenersatzklage des Bioplastiktütenherstellers Victor-Group in Millionenhöhe gegen die DUH gescheitert ist, werden die Ergebnisse nun veröffentlicht.

Demnach bereiten biologisch abbaubare Kunststoffe der großen Mehrheit der Kompostierer ganz erhebliche Probleme. Sie stellen Störstoffe dar, werden meist nicht normgerecht abgebaut und in den meisten Fällen aufwendig aussortiert und teuer entsorgt. Nach Einschätzung des Umwelt- und Verbraucherschutzverbandes sollten biologisch abbaubare Kunststoffe grundsätzlich nicht in der Biotonne entsorgt werden. Solange für diese keine Recyclinginfrastruktur existiert, gehören sie in den Restmüll.

Kurzlebige und ressourcenvergeudende Wegwerfverpackungen sind nicht durch den Einsatz von Biokunststoffen zu rechtfertigen. Biologisch abbaubares Plastik ist auch keine Lösung gegen die Plastikvermüllung der Meere. Vorhandene Ökobilanzen können bislang keine gesamtökologischen Vorteile von Biokunststoffen im Vergleich zu Plastik aus fossilem Rohöl belegen. Die DUH fordert deshalb ein Ende des Greenwashings von Wegwerfverpackungen aus Bioplastik. Stattdessen sollten Maßnahmen zur Abfallvermeidung umgesetzt und ressourcenschonende Mehrwegsysteme gefördert werden.

„Für 80 Prozent der befragten Kompostierer stellen biologisch abbaubare Kunststoffe Störstoffe dar. Entgegen der Werbeaussagen baut sich Bioplastik bei der Kompostierung oft nur unzureichend ab. Die biologische Abbaubarkeit von Kunststoffen ist ein Versuch großer Handelskonzerne und Verpackungshersteller ihre unnötigen Einwegprodukte grün zu färben. Wir brauchen keine Einwegverpackungen – egal aus welchem Werkstoff – sondern Mehrwegsysteme zur Schonung von Ressourcen. Bioplastik hat weder etwas in der Umwelt zu suchen, noch in der Biotonne“, sagt der DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch.

Viele Biokunststoffhersteller setzen anstelle eines geschlossenen Recyclingkreislaufs auf die Kompostierbarkeit ihrer Produkte und lassen diese nach der Norm EN 13432 als biologisch abbaubar zertifizieren. „Unsere Umfrage zeigt, dass in 95 Prozent der befragten Kompostanlagen biologisch abbaubare Kunststoffe nicht nach der Norm EN 13432 kompostiert werden. Während sich die Zertifizierung als biologisch abbaubar auf labortechnische Bedingungen bezieht, ist der Abbau unter realen Kompostierungsverhältnissen hingegen nicht gesichert. Beispielsweise wenn die notwendige Temperatur, Sauerstoffverfügbarkeit, der pH-Wert oder die optimale Feuchte nicht gegeben sind, wie etwa in der äußeren Schicht der Kompostmiete“, erklärt der DUH-Leiter für Kreislaufwirtschaft Thomas Fischer.

„Und selbst wenn die Bedingungen der Zertifizierungsnorm EN 13432 eingehalten würden, garantiert auch dies keinen rückstandsfreien Abbau. Die Norm fordert lediglich einen Zerfall des Kunststoffs innerhalb von zwölf Wochen zu mindestens 90 Prozent in Teile kleiner als zwei Millimeter. Der Biokunststoff kann also auch nach der Kompostierung zu zehn Prozent in großen Kunststoffteilen und zu 90 Prozent als Mikroplastik vorliegen. Die Norm ist ganz offenkundig Augenwischerei. Sie nutzt vor allem der Bioplastikindustrie, die mit vermeintlich ökologischen Wegwerfprodukten ein Geschäft machen möchte“, so Fischer.

In vielen Kompostierungsanlagen erreicht Bioplastik noch nicht einmal den Kompostierungsprozess, weil es unter anderem Probleme beim Abbau bereitet und schon zu Beginn des Prozesses ausgeschleust wird. 77 Prozent der befragten Anlagenbetreiber gaben an, Einkaufstüten aus Bioplastik noch vor der eigentlichen Kompostierung in einer Vorsortierung zu entfernen. Die Entsorgung der aussortierten Stoffe kostet viel Geld und wird über die Abfallgebühren wieder auf die Verbraucher umgelegt.

Verbraucher sollten als kompostierbar beworbene Produkte, Verpackungen oder auch Tüten nicht in der Biotonne entsorgen. Bereits die Bioabfallverordnung verbietet die Entsorgung von Produkten wie Verpackungen, Besteck oder Kaffeekapseln aus biologisch abbaubaren Kunststoffen in der Biotonne.

Die Verwendung von Bioplastikbeuteln für die Sammlung von Bioabfall ist nach der Bioabfallverordnung unter bestimmten Voraussetzungen zwar zulässig, wird jedoch auf kommunaler Ebene weit überwiegend ausgeschlossen. So lehnten nach einer Recherche der DUH im Jahr 2016 alle Landkreise und kreisfreien Städte Einkaufstüten aus Bioplastik für die Sammlung von Bioabfall ab – obwohl diese auch gerade für diesen Zweck vermarktet wurden. Lediglich zwölf Prozent der Kommunen erlaubten besonders dünnwandige Bioplastikbeutel für die Sammlung von Bioabfall. Die ganz überwiegende Mehrzahl der Kommunen sieht Sammelbeutel aus Bioplastik jedoch kritisch, etwa aufgrund ihres unzureichenden Abbaus, der Gefahr der Verunreinigung des Komposts mit Mikroplastik und Additiven oder einer unerwünschten Vorvergärung des Bioabfalls, die zur Freisetzung von Schadstoffen oder störenden Gerüchen führen kann. Für die Sammlung von Bioabfall empfiehlt der Umwelt- und Verbraucherschutzverband Papiertüten oder das Auslegen der Sammelbehälter mit Küchen- oder Zeitungspapier.

Biologisch abbaubare Kunststoffe bauen sich in der Landschaft oder in den Meeren oft nur ähnlich langsam ab wie konventionelle Kunststoffe. Bioplastik ist daher nicht die Lösung gegen marines Littering oder die Vermüllung der Natur. Die Kennzeichnung solcher Kunststoffe als angeblich „kompostierbar“ oder „abbaubar“ könnte sogar dazu führen, dass mehr Plastik in der Umwelt entsorgt wird und sich die Plastikstrudel in den Meeren vergrößern, befürchtet der Umwelt- und Verbraucherschutzverband.

Links:

  • Das Hintergrundpapier zur DUH-Umfrage unter deutschen Kompostierern sowie unser Infopapier zu Biokunststoffen finden Sie am Ende dieser Seite.
  • Weitere Informationen zum Thema Bioplastik: https://www.duh.de/bioplastik/ 

Kontakt:

Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer
0171 3649170, resch@duh.de

Thomas Fischer, Leiter Kreislaufwirtschaft
0151 18256692, 030 2400867-43, fischer@duh.de  

DUH-Pressestelle:

Andrea Kuper, Ann-Kathrin Marggraf
030 2400867-20, presse@duh.de

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