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Pressemitteilung

Gesetze allein reichen nicht aus: Sie müssen auch durchgesetzt werden!

Mittwoch, 17.04.2019

Die Vorteile gemeinsamer Umwelt- und Verbraucherschutz-Standards für alle EU-Staaten liegen auf der Hand: In jedem EU-Land können Verbraucher*innen darauf vertrauen, dass, was einmal in den Handel gelangt ist, die gemeinsamen gesetzlichen Vorgaben erfüllt. Soweit zumindest die Theorie.

© travelview/Fotolia

-- Am 26. Mai ist Europawahl. In unserer Artikel-Serie erklären und kommentieren unsere Expert*innen bis zur Wahl wichtige Themen, die das nächste EU-Parlament dringend angehen muss. --

Der gemeinsame Binnenmarkt hat ein Problem: Die Menge nicht-konformer Produkte nimmt stetig zu. Dieses Problem möchte die EU-Kommission mit einer Novellierung der EU-Marktüberwachungsverordnung (EG) Nr. 765/2008 angehen. Gleichzeitig möchte sie Anreize für eine bessere Einhaltung der Vorschriften bieten, die sowohl für Unternehmen als auch für Verbraucher Vorteile bringen. Die Verordnung soll noch in diesem Jahr in Kraft treten. Die Deutsche Umwelthilfe unterstützt dieses Vorhaben und drängt auf die Festschreibung ambitionierter, europaweit geltender Standards für die behördliche Marktüberwachung.

Illegale und nichtkonforme Produkte auf dem europäischen Markt verzerren den Wettbewerb und stellen eine Gefahr für Verbraucher*innen dar. Bestehende, auf Europarecht basierende Informationspflichten seitens des Handels bei der Bewerbung von Produkten werden häufig ignoriert. Viele Wirtschaftsakteure missachten die Regeln aus Unkenntnis oder Vorsatz, um sich einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Drei Beispiele:

  • Die Bundesnetzagentur überprüfte im Jahr 2017 rund 1.443 Produkte aus dem Bereich elektromagentischer Verträglichkeit, der Anteil nicht konformer Produkte lag bei rund 42%.
  • Die gleiche Bundesbehörde überprüfte ebenfalls im Jahr 2017 1.564 Produkte aus dem Bereich FuAG (Funkanlagen) und stellte einen Anteil von 53% nichtkonformer Produkte fest.
  • Im Rahmen eigener Erhebungen stellte die DUH vier Jahre nach Einführung der Informationspflichten bei der Bewerbung von Immobilien noch immer rund 30% Verstöße fest.

Diese Reihe lässt sich fast beliebig fortsetzen.

Die europaweit geltende Marktüberwachungsvorschrift EG Nr. 765/2008 soll sicherstellen, dass Produkte, die die Gesundheit oder Sicherheit der Benutzer gefährden können und die die geltenden Anforderungen der EU-Gesetzgebung zum Schutz der Verbraucher nicht erfüllen, vom Markt genommen werden bzw. ihre Bereitstellung auf dem Markt untersagt oder eingeschränkt wird und dass die Öffentlichkeit, die Kommission und die anderen Mitgliedstaaten ordnungsgemäß informiert werden. Sofern durch Gesetz nichts Anderes vorgegeben ist, sind in Deutschland die Bundesländer für die Marktüberwachung zuständig.

Doch die zuständigen Behörden tun zu wenig: Seit vielen Jahren stellen wir bei unseren jährlichen Abfragen fehlende bzw. unzureichende Vollzugsaktivitäten fest. Es mangele an Personal oder Geld, an klaren Vorgaben durch die übergeordneten Behörden oder die Zuständigkeiten seien unklar. Hinzu kommt, dass die Behörden durch föderale und nationale Grenzen in ihrer Handlungsfähigkeit z.T. erheblich eingeschränkt sind. Unternehmen sind oft bundesweit, EU- oder gar weltweit tätig und passen laufend ihre Lieferketten an. Besonders im Online-Handel haben die Marktüberwachungsbehörden große Schwierigkeiten, nicht-konforme Produkte, die in die Union eingeführt werden, zurückzuverfolgen und den zuständigen Akteur in ihrem Zuständigkeitsbereich zu finden.

Weitere Maßnahmen sind daher dringend vonnöten. Wir fordern von der EU-Kommission und den für den Vollzug der Verbraucherschutzvorschriften in Deutschland verantwortlichen Akteure in Politik und Verwaltung:

  • Klare und situationsgerechte Zuständigkeiten der Marktüberwachungsbehörden.
    Marktüberwachung in Deutschland muss in der Verantwortung der Bundesländer liegen. Nur auf diese Weise ist eine bundesweite Abdeckung in der Fläche zu erreichen. Fallen Firmensitz und Ort der Zuwiderhandlung auseinander, muss die Zuständigkeit der zuerst mit der Angelegenheit befassten Behörde ausdrücklich verankert werden (Erstentdeckerprinzip). Die Amtshilfe, d.h. der Vollzug über nationale Grenzen hinweg, muss verbessert werden (Cross-Border-Prinzip). Nur dann ist die Ergreifung frühzeitiger und wirksamer Maßnahmen gesichert.
  • Sicherstellung einer Mindestanzahl an regelmäßigen Kontrollen.
    Die „Angemessenheit des Umfangs“ von Prüfungen muss als „prozentual signifikanter Prozentsatz von Prüfungen der Produkt- und formalen Vorgaben je Kalenderjahr“ definiert werden.
  • Einführung effektiver Sanktionsmechanismen für jede Form einer Zuwiderhandlung gegen Verbraucherschutzvorschriften.
    Neben der konsequenten Anwendung bußgeldbewehrter Ordnungswidrigkeitenkataloge bedarf es „Soll-Vorschriften“ für Marktüberwachungsbehörden zur Untersagung der weiteren Bereitstellung von Produkten auf dem Markt sowie klar definierter Vorgaben für weitere wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionierungsmaßnahmen.
  • Verankerung von Dokumentations- und Informationspflichten an übergeordnete Behörden und an die EU-Kommission.
    Im Rahmen von UIG-Anfragen mussten wir vielfach feststellen, dass übergeordnete Behörden über die Tätigkeit nachgeordneter Behörden nicht oder nicht ausreichend informiert werden. Ohne entsprechende Datengrundlage können weder behördliche Marktüberwachungsmaßnahmen auf ihre Wirksamkeit hin evaluiert noch geeignete Verbesserungsmaßnahmen angestrengt werden.
  • Intensivere Nutzung der europäischen Produkt- und Informationsdatenbanken RAPEX und ICSMS und deren Zugänglichmachung einer breiten Öffentlichkeit.
    Das europäische Schnellwarnsystem RAPEX für den schnellen Informationsaustausch über unsichere Verbraucherprodukte muss von den Behörden intensiver genutzt und der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Gleiches gilt für die Produktdatenbank ICSMS. Mithilfe dieser Produktdatenbank sollen Marktüberwachungsbehörden Produktinformationen austauschen können. Verbraucher, Hersteller technischer Produkte und Händler sollen mit diesem Instrument fehlerhafte Produkte melden können. Beide Datenbanken müssen den europäischen Verbraucher*innenfrei zugänglich sein.

Am 26. Mai ist Europawahl – Ihre Gelegenheit, die Weichen Europas zu stellen. Unsere Experten erklären und kommentieren bis zur Wahl wichtige Themen, die das nächste EU-Parlament dringend angehen muss. Das neue Europaparlament braucht eine pro-europäische und demokratische Mehrheit. Nur dann hat auch unsere Umwelt eine Chance. Deshalb unsere Bitte: Informieren Sie sich, sprechen Sie die Kandidat*innen in Ihrem Wahlkreis an und machen Sie ihnen klar, dass das Thema Umwelt ihren Wähler*innen wichtig ist.
Unsere Zukunft liegt auch in Ihrer Hand: Bitte gehen Sie am 26. Mai wählen!

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