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Pressemitteilung

„Es ist, als ob ein Lehrer sich neue Prüfungsfragen überlegen würde, aber die Studenten während der Prüfung ohne Aufsicht lässt.“

Mittwoch, 06.09.2017

Die offiziellen Spritangaben der Autohersteller weichen immer mehr vom Realverbrauch ab. Am 1. September 2017 wurde das neue Prüfverfahren WLTP zur Bestimmung der Abgasemissionen und des Kraftstoffverbrauchs von neuen Pkw-Fahrzeugtypen eingeführt. Wird sich dadurch die Lücke schließen? Ein Interview mit Peter Mock, Managing Director der Organisation International Council on Clean Transportation (ICCT).

© Daniel Pasche

Herr Mock, mit der Kampagne „Get Real” wollen wir dazu beitragen, dass die Lücke zwischen den offiziellen Herstellerangaben und dem Realverbrauch von Pkw in der EU geschlossen wird. Mit welchen politischen Maßnahmen kann dieses Ziel erreicht werden?

Es gibt eine Reihe an Maßnahmen, die kombiniert werden müssen, um echte Fortschritte zu erreichen.

Erstens: Das am 1. September 2017 eingeführte Prüfverfahren WLTP (Worldwide Harmonized Light-Duty Vehicles Test Procedure) wird bereits dazu beitragen, die Lücke zu schließen, weil das neue Verfahren realistischer als der bisherige Prüfzyklus NEDC (New European Driving Cycle) ist. Aber dieser Schritt allein ist nicht ausreichend.

Das zweite Element, das ich für wesentlich halte, ist die Durchsetzung der Vorschriften. Letztes Jahr hat die EU-Kommission eine Reform der Regulierung über die Typgenehmigung von Pkw vorgeschlagen. Der Fokus der Reform liegt auf Marktüberwachung und besseren Durchsetzungsmaßnahmen. Der Vorschlag liegt zurzeit in den Händen des Europäischen Parlaments und des Rates und es ist dringend erforderlich, dass sie die Reform bald beschließen. Eine Verbesserung des Testzyklus wird nichts bringen, wenn wir keine Kontrollen haben. Es ist, als ob ein Lehrer sich neue Prüfungsfragen überlegen würde, aber die Studenten während der Prüfung ohne Aufsicht lässt.

Mittelfristig wäre der nächste Schritt die Einführung eines Testverfahrens zur Messung von realen CO2-Emissionen auf der Straße, ähnlich wie die neue RDE-Regulierung (Real Driving Emissions) für Schadstoffemissionen. Die EU-Kommission sollte bereits jetzt reale CO2-Emissionen überwachen und die Einführung eines Grenzwerts für den realen CO2-Ausstoß bestimmen, während sie ein geeignetes Testverfahren entwickelt. Es muss Autoherstellern klar werden, dass es zukünftig einen Grenzwert für CO2-Emissionen unter realen Fahrbedingungen auf der Straße und Sanktionen für Nichteinhaltung geben wird.

ICCT berechnet jährlich die durchschnittliche Abweichung zwischen offiziellen Angaben und dem realen Spritverbrauch. Sie ist von 9% im Jahr 2001 inzwischen auf 42% für das Jahr 2015 gewachsen. Was ist der Hauptgrund für diese Entwicklung?

Der Hauptgrund für die wachsende Diskrepanz liegt darin, dass Autohersteller die Flexibilität und auch die Schlupflöcher des NEDC-Prüfverfahrens in den letzten Jahren zunehmend ausgenutzt haben. Hersteller stehen unter Druck, ihre CO2-Emissionen zu reduzieren, um die EU-Zielvorgaben zu erfüllen. Weil es faktisch keine Nachkontrollen gibt, ist für die Autohersteller die Ausnutzung von Schlupflöchern der günstigste Weg, um ihre CO2-Emissionen zu senken. Dies belegen mehrere Studien. Die Einführung von Technologien wie Start-Stopp-Systeme oder Hybridmotoren erklärt zwar einen kleinen Teil des Anstiegs. Gleiches gilt für den Einsatz von Kraftstoff verbrauchenden Extras, wie Unterhaltungsgeräte. Potenziell könnten auch Abschalt-/Umschalteinrichtungen für CO2-Emissionen zum Einsatz kommen, aber dafür gibt es bislang noch keine endgültigen Beweise. Verbraucher sind definitiv nicht für den Anstieg der Diskrepanz verantwortlich. Sie fahren jetzt nicht anders als früher.

Der neue Prüfzyklus WLTP wurde zum 1. September 2017 in der EU eingeführt. Wie wird er sich auf die Lücke zwischen Herstellerangaben und Realverbrauch in den nächsten Jahren auswirken? Was schätzen Sie?

Wir schätzen, dass die Lücke von heute mit 42% im NEDC-Prüfzyklus auf etwa 20% im WLTP sinken wird. Wir erwarten, dass die Lücke sich zuerst um die Hälfte verringert. Aber wir gehen davon aus, dass sie in den nächsten Jahren wieder ansteigt. Das ist damit zu begründen, dass auch das WLTP-Prüfverfahren Schlupflöcher haben wird. Es lässt sich nicht vermeiden. Die Regulierung ist sehr komplex und ich würde sagen, dass niemand, außer vielleicht wenige Top-Experten aus der Automobilindustrie, alle ihre Details kennen. Autohersteller werden wahrscheinlich diese Schlupflöcher ausnutzen und die Lücke wird wieder ansteigen. Es sei denn, die Daten werden genau kontrolliert und es wird ein Grenzwert für CO2-Emissionen auf der Straße festgelegt.

Das vollständige Interview (Englisch) finden Sie als Download am Ende dieser Seite.

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Das Interview wurde im Rahmen der Kampagne „Get Real – Für ehrliche Spritangaben“ durchgeführt. Get Real wird im Rahmen des LIFE-Programms von der EU-Kommission gefördert.

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