Die Kunststoffindustrie bewirbt das chemische Recycling zunehmend als Lösung für aktuelle Umweltprobleme im Zusammenhang mit Plastik. Dabei handelt es sich um eine unausgereifte und hochriskante Technologie, deren Umweltauswirkungen bisher kaum bekannt sind. Das chemische Recycling könnte damit zur Sackgasse werden und wichtige Entwicklungen für eine umweltgerechte Kreislaufwirtschaft behindern.

Das chemische Recycling bezeichnet verschiedene technische Verfahren, bei denen Altkunststoffe in ihre Grundbausteine zerlegt werden, aus denen dann wieder neue Kunststoffe hergestellt werden. Ob der Begriff „Recycling“ für das chemische Recycling überhaupt angemessen ist, ist umstritten, denn das Plastik wird bis zum eigentlichen Rohstoff der Kunststoffherstellung aufgespalten. Anschließend muss der Kunststoff im Prinzip komplett neu hergestellt werden. Im Gegensatz dazu wird beim klassischen „mechanischen Recycling“ das Plastik nicht chemisch verändert.

Die DUH warnt unter den jetzigen Voraussetzungen vor dem chemischen Recycling als Lösungsansatz zur Bewältigung des Plastikmüllproblems, da die Umweltfolgen bisher kaum bekannt sind. Durch einen hohen Energiebedarf, eine geringe Ausbeute und die Erzeugung gefährlicher Nebenprodukte scheint die neue Technologie mehr Umweltprobleme zu schaffen als zu lösen. Die DUH fordert transparente und unabhängige Studien zur Untersuchung aller Umweltfolgen, bevor chemische Recyclingtechniken politisch oder finanziell gefördert werden.

Es gibt bessere Lösungsansätze für aktuelle Umweltprobleme im Zusammenhang mit Plastik, deren Umweltnutzen zweifelsfrei nachgewiesen ist, beispielsweise Abfallvermeidung, Mehrweg sowie ein hochwertiges mechanisches Recycling. Ein besseres Ökodesign kann aktuell schwer recycelbare Verpackungen, auf die das chemische Recycling abzielt, überflüssig machen. Maßnahmen zur Förderung des chemischen Recyclings dürfen wichtige andere Weichenstellungen für eine bessere Kreislaufwirtschaft keinesfalls behindern. Die DUH möchte über die Risiken des chemischen Recyclings aufklären und setzt sich konsequent für einen nachhaltigen Umgang mit Kunststoffen ein.

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Unausgereifte Technologie mit zahlreichen Umweltauswirkungen

Bisher gibt es in Deutschland keine Anlage, die das chemische Recycling von Plastikabfällen großtechnisch anwendet. Auch in keinem anderen Land hat sich eine solche Technik bisher etablieren können, obwohl seit Jahrzehnten daran geforscht wird. Zahlreiche ungelöste verfahrenstechnische Probleme stehen offenbar einer wirtschaftlichen Umsetzung entgegen.

Es ist bekannt, dass chemische Recyclingverfahren sehr viel Energie benötigen, um die Kunststoffe z.B. unter hohen Temperaturen oder Druck aufzuspalten. Diese Energie muss entweder durch zusätzliche Energieträger bereitgestellt werden oder schmälert die Ausbeute des eigentlichen Verfahrens. Derzeit ist unklar, ob es ohne externe Energiezufuhr überhaupt möglich ist, ein Produkt in ausreichender Menge und Qualität für die Kunststoffherstellung herzustellen. Zu diesem Energiebedarf kommt dann noch ein nicht unerheblicher Energieaufwand für die erneute Kunststoffherstellung hinzu.

Auch gibt es Hinweise auf weitere negative Umweltauswirkungen des chemischen Recyclings. Neben den Zielprodukten entstehen bei den bekannten Verfahren auch ungewünschte Stoffe, wie z.B. Phthalate, BPA, bromierte Verbindungen oder PAKs. Diese gesundheitsgefährdenden Stoffe landen entweder in den Abgasen der Anlagen oder in den Abfallströmen bzw. Nebenprodukten. Werden solche belasteten Nebenprodukte zum Beispiel als Energieträger genutzt, können die enthaltenen Schadstoffe auch weit entfernt von der chemischen Recyclinganlage die Umwelt belasten. Eine Aufreinigung ist wiederum energieaufwändig und ebenfalls technisch noch nicht ausgereift.

Weitere ungeklärte Fragen beim chemischen Recycling betrifft die Frage, ob das Verfahren wirklich geeignet ist, um Kunststoffe in Neuqualität zu produzieren. Derzeit werden die Produkte des chemischen Recyclings bei der Produktion neuer Kunststoffe mit einer großen Menge fossilen Rohstoffen vermischt. Die vielfach beworbene Neuqualität des entstehenden Kunststoffs könnte also auch auf einen reinen Verdünnungseffekt zurückzuführen sein. Auch die Massenausbeute des chemischen Recyclings ist wenig überzeugend. Die chemische Industrie gibt an, dass beim Gesamtprozess 50 Prozent des Materials verloren gehen.

Für eine umfassende Beurteilung der Umweltverträglichkeit dieser neuen Technologie im Vergleich zu anderen Verwertungsmöglichkeiten sind Ökobilanzen notwendig. Nur auf Grundlage von solchen Studien sollten politische Entscheidungen abgeleitet werden. Das Problem ist: Derzeit gibt es keine umfassenden und unabhängigen Ökobilanzen zum chemischen Recycling. Aktuelle Studien sind häufig intransparent, einseitig und enthalten diverse Fehler, wie eine Studie der DUH gemeinsam mit anderen Umweltverbänden zeigt.

Warum chemisches Recycling keine Lösung ist

Nach aktuellem Kenntnisstand empfiehlt es sich nicht, das chemische Recycling von Kunststoffen im großen Maßstab zu etablieren. Um aktuelle Umweltprobleme im Zusammenhang mit Plastik zu lösen, stehen zahlreiche ausgereifte Lösungsansätze zur Verfügung, deren Umweltnutzen klar nachgewiesen ist. Dies betrifft vor allem Verpackungen – den aktuell größten Einsatzbereich für Kunststoffe.

Abfallvermeidung und Wiederverwendung können an vielen Stellen dazu führen, dass Kunststoffabfälle gar nicht erst entstehen: Zum Beispiel durch den Verzicht auf sinnlose Einwegprodukte, sparsamen Verpackungseinsatz sowie die Nutzung von Mehrwegsystemen bei Getränken, Tüten oder To-Go-Geschirr. Hier sind politische Initiativen notwendig, um verpackungsarme Produkte zu fördern und Mehrwegstrukturen zu etablieren.

Neben diesen Maßnahmen steht mit dem klassischen „mechanischen“ Recycling eine ausgereifte und gut etablierte Technik zur Verfügung, um viele häufig verwendete Kunststoffe im Kreis zu führen. Im Vergleich zum chemischen Recycling wird dabei viel Energie gespart, denn das Material wird nicht chemisch verändert.

Um mehr Plastik zu recyceln ist keine neue Technik notwendig: Bei Verpackungen und anderen Produkte müsste sich das Ökodesign verbessern, das heißt sie müssen recyclingfreundlicher und schadstoffärmer gestaltet werden. Keinesfalls sollten schlecht recycelbare Verbundkunststoffe, die eigentlich vermeidbar wären, den Einsatz einer hochriskanten Technologie rechtfertigen.

Es zeigt sich, dass das chemische Recycling, wenn dann nur eine marginale Rolle in einer zukunftsfähigen Kreislaufwirtschaft spielen kann. Da es sich aber um eine Technologie handelt, die nur im großindustriellen Maßstab und unter großem Investitionsaufwand realisiert werden kann, besteht die Gefahr, dass sie letztlich andere wichtige Entwicklungen in Richtung einer umweltfreundlichen Kreislaufwirtschaft ausbremst. Die DUH warnt daher vor einer politischen Förderung oder Investitionen in das chemische Recycling – die Risiken dieser Technologie überwiegen klar die Chancen.

Dafür engagiert sich die Deutsche Umwelthilfe

Die DUH setzt sich dafür ein, die tatsächlichen Umweltauswirkungen des chemischen Recyclings bekannt zu machen. Mit einer detaillierten Auswertung häufig zitierter Ökobilanzen zum chemischen Recycling konnten wir aufzeigen, dass unabhängige und transparente Studien zu diesem Thema derzeit fehlen. Stattdessen werden in aktuellen Publikationen teilweise unzulässige Gutschriften erteilt, Ergebnisse irreführend dargestellt und wichtige Umweltaspekte weggelassen. Zusätzlich verhindern vertrauliche Daten jegliche Transparenz. Die aus den Studien abgeleiteten angeblichen Umweltvorteile des chemischen Recyclings sind somit nicht valide und sollten keinesfalls als Basis für politische Entscheidungen dienen.

Politische Forderungen der DUH:

  • Unter den derzeitigen Voraussetzungen keine finanzielle oder politische Förderung des chemischen Recyclings, da diese unausgereifte Technologie nach aktuellen Kenntnissen mit hohen Umweltrisiken verbunden ist
  • Förderung nachweislich umweltfreundlicher Alternativen: Abfallvermeidung, Wiederverwendung, Ökodesign, Sortiertechnik und mechanische Recyclingverfahren
  • Untersuchung der wahren Umweltwirkungen des chemischen Recyclings durch unabhängige, transparente und umfassende Studien
  • Die im Kreislaufwirtschafts- bzw. Verpackungsgesetz festgelegten Recyclingquoten dürfen chemisch recycelte Kunststoffe nicht mit einbeziehen
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