Elektrisch in die Zukunft
Der Artikel erschien in der DUHwelt 3/20.
Im Koalitionsvertrag haben sich die Regierungsparteien für das Jahr 2025 ein Elektrifizierungsziel von 70 Prozent gesteckt. Damit die E-Loks vermehrt zum Einsatz kommen können, fordert die DUH von der Bundesregierung und der Deutschen Bahn AG ein verbindliches Konzept: Für die Elektrifizierung von Bahn-Strecken müssen mehr Gelder und vor allem Planungskapazitäten bereitgestellt werden. Eine vollständige Elektrifizierung muss dabei gleich mitgedacht werden.
Deutschland hinkt hinterher
In der Schweiz sind seit der Jahrtausendwende fast 100 Prozent der Bahnstrecken für E-Loks ausgelegt. Auch hinter Belgien, den Niederlanden, Schweden, Österreich, Italien, Spanien und Polen bleibt Deutschland zurück. Denn hierzulande schritt die Elektrifizierung in den letzten beiden Jahrzehnten nur im Schneckentempo voran: Mit der derzeitigen Geschwindigkeit würde es knapp 200 Jahre dauern, bis das gesamte Schienennetz fit für die elektrische Zukunft ist. Elektrisch betriebene Loks sind leiser, leistungsfähiger, zuverlässiger und schneller als das fossile Pendant. Werden sie mit Strom aus erneuerbaren Energien betrieben, gleiten sie nicht nur ohne Luftschadstoff-Emissionen, sondern auch klimaneutral über die Schiene. Bei einer Modernisierung der Signal- und Steuertechnik kann man die Anzahl der Züge pro Stunde dank der kraftvollen Beschleunigung von E-Antrieben erhöhen. Das ist besonders für den Personenverkehr äußerst attraktiv. Aber nicht einmal die Hälfte der Schienen-Grenzübergänge in Deutschlands Nachbarländer sind elektrifiziert. Diese Lücken spielen vor allem im Güterverkehr eine große Rolle. Ihre Umweltvorteile können die sauberen E-Züge nur dann gegenüber internationalen Lkw-Transporten ausspielen, wenn die Strecken ohne Lokwechsel befahrbar sind. Denn der kostet Zeit und Geld.
Die Kampagne Lückenschluss
An den Grenzübergängen sowie im deutschen Bundesgebiet hat die DUH wichtige „Lückenschluss“-Strecken identifiziert. Paradebeispiel ist eine 50 Kilometer- Dieselstrecke zwischen Radolfzell und Friedrichshafen am Bodensee-Nordufer. Die DUH setzt sich seit 1991 für den Lückenschluss ein, denn erst wenn die Bodensee-Gürtelbahn elektrifiziert ist, kann auch die gesamte Strecke Ulm-Basel durchgehend elektrisch befahren werden. Trotz deren internationaler Bedeutung bleibt das Verkehrsministerium aber untätig und überlässt es den betroffenen Landkreisen und Gemeinden sowie dem Regionalverband Bodensee-Oberschwaben, eigenständig eine Elektrifizierungsplanung zu starten. Nach Auffassung der DUH sind eine beschleunigte Planung und Umsetzung der Elektrifizierung möglich, ohne Umweltaspekte und Beteiligungsrechte zu beschneiden. Dies soll bei den vorgeschlagenen Trassen mithilfe moderner Planungs- und Bauformen erprobt werden. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse können dann zeit- und kostensparend auf weiteren Streckenabschnitten angewendet werden. Für die Verkehrswende sind solche Konzepte längst überfällig.