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Die Verkehrswende braucht Entscheidungen

Mittwoch, 14.07.2021

Schon seit Langem tritt die DUH für wirksamen Klimaschutz im Verkehrssektor ein. Um den Umstieg in ein klimaneutrales Verkehrssystem zu meistern, muss Deutschland ein ganzes Bündel an Maßnahmen realisieren. Das Ziel ist eine sichere und bezahlbare Mobilität für alle.

© Scanrail / Adobe Stock

Dieser Artikel erschien in DUHwelt 2/2021

Viel wird über die Verkehrswende geredet – gehandelt wird hingegen viel zu zögerlich. Immerhin wächst der Druck auf die Bundesregierung, nicht zuletzt durch das Klima-Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Die von der DUH unterstützten Verfassungsbeschwerden von jungen Menschen aus Deutschland hat das Gericht im April mit einem bahnbrechenden Urteil beschieden: Das deutsche Klimaschutzgesetz ist in seiner jetzigen Fassung nicht verfassungskonform und muss nachgebessert werden, da es die Einhaltung der Pariser Klimaschutzziele nicht sicherstellt und dabei insbesondere den Belangen junger Menschen nicht Rechnung trägt. Auch kurzfristig wirksame Maßnahmen muss die Bundesregierung auf den Weg bringen, die Klimagasemissionen reduzieren, sodass nicht bereits in diesem Jahrzehnt das gesamte „Verschmutzungskontingent“ aufgebraucht wird.

Hier spielt der Verkehrssektor eine unrühmliche Rolle, denn in den letzten 30 Jahren liegen dessen CO2- Emissionen auf unverändert hohem Niveau. Zwar legen Schätzungen des Umweltbundesamtes (UBA) nahe, dass selbst dieser Sektor seine Klimaschutzziele für das Jahr 2020 eingehalten habe, jedoch geht der Klimarat der Bundesregierung davon aus, dass die UBA-Zahlen nach oben korrigiert werden müssen und dann das laut Klimaschutzgesetz erlaubte Kontingent überschritten wird. Dass die Verkehrsemissionen im vergangenen Jahr von 19 auf 16 Millionen Tonnen CO2 gesunken sind, rührt vor allem von coronabedingten Beschränkungen her, so die Einschätzung des Umweltbundesamtes. Minderungen durch strukturelle Änderungen wie ein Umbau der Infrastruktur oder aus Maßnahmen einer klimafreundlicheren Verkehrspolitik sind leider Mangelware. Zwar twittert Stefan Bilger, Staatssekretär im Verkehrsministerium, die CO2-Minderungen gingen auf „zahlreiche Klimaschutzmaßnahmen im Verkehr“ zurück, beziffern kann das Ministerium die Wirkung der Maßnahmen aber nicht.

Auch die DUH selbst ist Klimaschutz-Klägerin

Die bislang im Klimaschutzplan der Bundesregierung formulierten Maßnahmen reichen für einen wirksamen Schutz des Klimas nicht aus. Die Versäumnisse hat die DUH bereits 2020 zum Anlass genommen, eine Klimaklage gegen die Bundesregierung vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg einzureichen. Mit diesem Mittel wollen wir die Regierung zu mehr Ambition bewegen. Denn trotz aller Lippenbekenntnisse und Pseudo-Lob für das klimabewegte Jahr 2019, trotz der Schmeicheleien in Richtung Fridays for Future setzt sie ihren automobilfreundlichen Kurs ungerührt fort. So stehen im Konjunkturprogramm zum Wiederaufbau nach Corona Kaufprämien für spritschluckende Plug-In-Hybride, ja sogar für Diesel-Lkw auf der Liste, während Investitionen in die klimafreundliche Schiene fehlen.

Wir sprechen alle Ebenen an

Unsere Vorschläge für kurzfristig wirksame Maßnahmen liegen seit langem auf dem Tisch: ein generelles Tempolimit auf Autobahnen und Landstraßen, der Abbau klimaschädlicher Subventionen etwa in der Ausgestaltung der Dienstwagenregulierung, eine fahrleistungsabhängige Pkw-Maut, mehr Raum für sichere Fuß- und Radwege, eine massive Förderung des öffentlichen Verkehrs, um nur einige zu nennen. Anstatt solche Instrumente zu nutzen, flüchtet sich der Bundesverkehrsminister in Zukunftsversprechen. Insbesondere der Hype um synthetische Kraftstoffe fällt dabei ins Auge – mit ihrer Hilfe will der Minister zum Wohle der Autobauer das Erfolgsmodell Verbrennungsmotor auch ins nächste Jahrzehnt retten. Doch solche Kraftstoffe sind nicht nur ineffizient und teuer, sondern faktisch nicht verfügbar. Unsere Kampagne für Pop-up-Radwege fordert eine Verdopplung der Radwege und eine Halbierung der Autos in den Städten, damit alle Radfahrerinnen und –fahrer sicher unterwegs sein können. Wir haben dank mehr als 4.000 Rückmeldungen aus der Bevölkerung schon 2020 Anträge zur Einrichtung von Pop-up-Radwegen in über 200 Städten gestellt. Zahlreiche Kommunen haben kurzfristig Pop-up-Radwege, Fahrradstraßen und verkehrsberuhigte Straßen zum Spielen, Flanieren und Verweilen geschaffen. Immer mehr Städte melden uns zurück, dass sie mitmachen wollen.

Die DUH trägt nicht nur zur Verkehrswende in der Stadt bei – wir setzen uns auch auf europäischer Ebene für echten Klimaschutz ein. Hier stehen in den kommenden Monaten wichtige Verhandlungen auf der Agenda. Es geht um die Ausgestaltung des European Green Deal, mit dem die EU-Kommission die Einhaltung des Pariser Klimaschutzabkommens sicherstellen will. Wir erwarten Vorschläge zur Neugestaltung der Verordnung für CO2-Grenzwerte von Neuwagenflotten, aber auch Diskussionsvorschläge etwa zur Frage, ob der Verkehrssektor in den Emissionshandel eingebunden werden sollte. Hier bringen wir unsere klaren Forderungen ein: Die Regelungen müssen so ausgestaltet werden, dass der Umstieg auf den batterieelektrischen Antrieb bei Pkw gelingt und ab 2030 nur noch solche Fahrzeuge neu zugelassen werden. Eine Einbindung des Verkehrs in den Emissionshandel würde dieses Ziel gefährden.

Viel Zustimmung zur Verkehrswende

Die Beispiele machen deutlich: Von der lokalen bis hin zur EU-Ebene sind alle aufgefordert, zur Verkehrswende beizutragen. Solange politische Entscheidungsträger aber nicht bereit sind, aus den Erkenntnissen der Vergangenheit zu lernen und daraus klare Entscheidungen abzuleiten, kommen wir nicht voran. Es ist offenkundig, dass synthetische Kraftstoffe in den kommenden zehn Jahren nicht in nennenswertem Umfang zur Verfügung stehen – warum also bei der künftigen Ausgestaltung von Pkw-Flotten darauf setzen? Das Ausbauziel für die Schiene im Koalitionsvertrag war reine Makulatur, wenn zugleich Kaufprämien für Diesel-Lkw ausgeschrieben werden. Eine Regelgeschwindigkeit von Tempo 30 in der Stadt – wichtiger Beitrag für mehr Sicherheit vor allem für den Rad- und Fußverkehr - verlangt eine Änderung der rechtlichen Grundlagen, doch das Verkehrsministerium hält stur am Vorrang des motorisierten Straßenverkehrs fest. Mit dieser Haltung werden nicht zuletzt Zukunftstechnologien ausgebremst, die der wichtige Arbeitgeber Automobilwirtschaft dringend bräuchte. Zugleich unterschätzt das Ministerium auch den „Wendewillen“ der Bevölkerung, die sich in jüngsten Umfragen für mehr Klimaschutz auch im Verkehrssektor ausspricht. Denn andere Lasten werden mit einer Verkehrswende ebenso adressiert: Sie führt zu mehr Sicherheit auf den Straßen und verringert die Lärm- und Luftbelastung. Auch hier sind noch viele Baustellen offen.

Helfen Sie uns die Verkehrswende voranzubringen: Tempolimit jetzt!

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