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Das "Bio" in unserem Kraftstoff

Mittwoch, 31.03.2021

Bereits im April könnte der Bundestag beschließen, sogenannte „Bio“-Kraftstoffe aus Palmöl, Soja, Raps oder Mais weiter zu fördern, obwohl deren Anbau den weltweiten Flächenfraß anheizt und damit Entwaldung, Klimakrise und Artensterben befeuert. Die DUH fordert einen klaren Ausstiegspfad für alle Agrokraftstoffe für mehr Klimaschutz im Verkehr und den Erhalt der biologischen Vielfalt.

© T&E

Blühende Rapsfelder, laut surrend vor Bienen, die den Nektar der Blüten sammeln. Ein Mehrwert für die Biodiversität, ein Meilenstein in Richtung Klimaneutralität im Verkehr – so will uns die Industrielobby „Bio“-Kraftstoffe aus Pflanzen verkaufen. Die Realität sieht jedoch anders aus: Raps von pestizidbelasteten Monokulturen, der allein in Deutschland gut eine halbe Million Hektar belegt und zusätzlich aus weit entfernten Regionen wie zum Beispiel Australien importiert wird; Palmöl aus Südostasien und Soja
oder Zuckerrohr aus Südamerika, für die wertvolle tropische Wälder zerstört werden.

Das „Bio“ in „Bio“-Kraftstoffen hat nichts mit einer Bio-Zertifizierung zu tun, wie wir sie aus dem Lebensmittelbereich kennen, bei der strengere ökologische Kriterien eingehalten und negative Auswirkungen auf die Umwelt reduziert werden. Bei Kraftstoffen bedeutet der Zusatz „Bio“ lediglich, dass der Kraftstoff aus Pflanzen gewonnen wird – ökologisch sinnvoll ist daran nichts. Die DUH lehnt diesen irreführenden Begriff deshalb ab und nutzt stattdessen das treffendere Wort „Agrokraftstoffe“.

Verlust unserer biologischen Vielfalt

Wertvolle Lebensräume werden für den Anbau von Energiepflanzen zerstört. Die Folge ist ein enormer Verlust an Artenvielfalt in den Anbauregionen. Rund 400 Arten werden durch den Ölpalm-Anbau bedroht. Davon gelten 193 als gefährdet, stark gefährdet oder vom Aussterben bedroht. Holzeinschlag, Entwaldung und Plantagen haben auf Borneo bereits die Hälfte der Orang-Utan-Population ausgelöscht.

Gemäß EU-Regelwerk darf für den Anbau der im Agrokraftstoff verwendeten Energiepflanzen kein Regenwald direkt zerstört werden, die Pflanzen müssen „nachhaltig zertifiziert“ sein. Sie werden aber auf Flächen angebaut, auf denen zuvor häufig andere Produkte wie zum Beispiel Nahrungsmittel erzeugt wurden. Diese Verdrängung führt dazu, dass neue landwirtschaftliche Flächen für den Anbau der verdrängten Produkte erschlossen und indirekt doch riesige Waldflächen für den Agro-Sprit gerodet werden. Die Auswirkungen dieser sogenannten indirekten Landnutzungsänderungen sind verheerend. Sie sind die Ursache, warum Agrokraftstoffe im Durchschnitt sogar deutlich mehr Treibhausgase verursachen als fossile Kraftstoffe. Indirekte Landnutzungsänderungen werden jedoch nicht in die Treibhausgasbilanzierung einbezogen, wodurch die offiziellen Zahlen ein verfälschtes Bild zeichnen. Trotz all der wissenschaftlich anerkannten, katastrophalen Auswirkungen werden Agrokraftstoffe so tatsächlich als erneuerbare Energiequellen im Verkehr gefördert.

Festlegung für weitere zehn Jahre

Bundestag und Bundesrat haben derzeit die Chance, diesen Irrsinn grundlegend zu ändern. Auf der Basis der europäischen Erneuerbare Energien-Richtlinie werden in diesem Jahr die gesetzlichen Rahmenbedingungen für Agrokraftstoffe in Deutschland für die nächsten zehn Jahre festgelegt. Der Rahmen wird von der EU vorgegeben, Deutschland hat jedoch viel Spielraum für eigene Akzente. So ist es möglich, die Förderung von Agrokraftstoffen auslaufen zu lassen sowie die besonders natur- und klimaschädlichen Rohstoffe Soja- und Palmöl sofort aus der Förderung zu nehmen – wie Frankreich es für Palmöl bereits seit Januar 2020 vormacht.

Anfang Februar hat das Bundeskabinett seine Chance, schnell nachzuziehen bereits vertan – es hat einen Gesetzentwurf verabschiedet, wonach Agrokraftstoffe mindestens bis 2030 weiter im heutigen Umfang gefördert werden sollen und selbst der im Vergleich zu fossilem Diesel dreimal klimaschädlichere Palm-Diesel bis 2026. Doch noch müssen Bundesrat und Bundestag das Gesetz bestätigen. Die DUH appelliert an die Parlamentarierinnen und Parlamentarier, dem Gesetz in dieser Form nicht zuzustimmen und sich stattdessen für echten Natur- und Klimaschutz einzusetzen.

Agrokraftstoffe verzögern Ausstieg aus Verbrennungsmotor

Den Verkehrssektor klimafreundlich umzubauen ist eine umfassende Aufgabe. Statt auf extrem klimaschädlichen Agrosprit zu setzen, muss die Politik die Emissionen im Verkehr mit Hilfe von Instrumenten wie einer Zulassungssteuer für spritdurstige Pkw sowie der Förderung von effizienter Elektromobilität mindern. Das reduziert auch den Flächenbedarf: Zur Erzeugung von Solarstrom für ein E-Auto wird nur ein Bruchteil der Fläche benötigt, die erforderlich ist, um Agrosprit für ein Auto zu
produzieren.

Insgesamt muss der motorisierte Individualverkehr deutlich reduziert und der Fuß-, Rad- und öffentliche Verkehr gestärkt und ausgebaut werden. Agrokraftstoffe sind letztlich nur eine künstliche Lebensverlängerung für den bereits todgeweihten Verbrennungsmotor und verhindern eine Antriebswende. Deshalb fordern wir: Lebensmittel raus aus dem Tank!

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