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BGH bestätigt Wächterfunktion der DUH

Freitag, 24.01.2020

Der Bundesgerichtshof hat in einem Grundsatzurteil entschieden, dass die DUH zu Recht stichprobenhaft kontrolliert, ob Unternehmen gegen Vorschriften des ökologischen Verbraucherschutzes verstoßen. „Das System des deutschen Verbraucherschutzrechts ist darauf angewiesen, dass es Verbände gibt, die die Einhaltung der Regeln kontrollieren“, schreibt Rechtsanwalt Prof. Dr. Remo Klinger, der die DUH in dem Verfahren vertreten hat. Der BGH hat auch festgestellt, dass die DUH keine Gewinnabsichten mit der Marktüberwachung verfolgt. Denn: „Ein Verbraucherschutzverband, der seine Aufgabe ernst nimmt, so der BGH, zieht zwangsläufi g eine entsprechende Anzahl von Verfahren und damit von möglichen Einnahmen nach sich. Dies ist so logisch wie richtig.“

 

© Robert Lehmann / DUH
3 Billboards outside BMVI

von Prof. Dr. Remo Klinger

"Im Kern geht es um Rechtstreue"

Verbraucherrechte, deren Einhaltung nicht kontrolliert wird, sind Gnadenrechte. Effektiver Verbraucherschutz bedarf der Kontrolle. Von diesem Ansatz ausgehend überprüft die DUH seit 2004 stichprobenartig Verstöße gegen Vorschriften des ökologischen Verbraucherschutzes. Lange Jahre erfolgte dies ohne große öffentliche Aufmerksamkeit. Andere Verbände tun dies seit Jahrzehnten. Das System des deutschen Verbraucherschutzrechts ist darauf angewiesen und so ausgelegt, dass es Verbände gibt, die die Einhaltung der Regeln kontrollieren. Größere Aufregung verursachte diese Arbeit der Verbände nicht. Anders war das 2019 bei der DUH. Hier erregte eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) erhebliche Aufmerksamkeit. Denn in seinem Deutsche Umwelthilfe-Urteil vom 4. Juli 2019 musste der BGH klären, ob die DUH rechtsmissbräuchlich handelt, wenn sie in ähnlicher Weise vorgeht wie es andere Verbände seit Jahrzehnten tun.

Vielleicht wird auch die Unternehmensseite zu einem konstruktiven Umgang bei der Beantwortung der Frage, wie man Rechtsvorschriften einhält, zurückfi nden. Denn im Kern geht es um nichts anderes als Rechtstreue.

Beklagte des Rechtsstreits war ein Mercedes-Benz-Autohaus mit mehreren Filialen im Raum Stuttgart, das von mindestens einem Unternehmensverband der Automobilindustrie  in der Auseinandersetzung gefördert wurde. Die DUH hatte zuvor den Händler abgemahnt, weil er auf seiner Homepage einen Mercedes-Pkw beworben hatte, jedoch die gesetzlich vorgeschriebenen Angaben zum Kraftstoffverbrauch und den CO2-Emissionen des Modells wegließ. Die DUH kontrolliert stichprobenartig die Einhaltung der umweltbezogenen Kennzeichnungspflichten von Konsumgütern und auch zum Kraftstoffverbrauch und zum CO2-Ausstoß von Pkw. Hielten sich zu Beginn der Kontrollen der Deutschen Umwelthilfe nur relativ wenige Unternehmen an die Einhaltung der Vorschriften, änderte sich dies mit den Kontrollen. Gleichwohl sind immer noch erhebliche Rechtsverstöße festzustellen. Dass die Prüfungen der DUH für die unternehmerischen Akteure unangenehm sind, mag man verstehen, niemand fühlt sich gern ertappt. Anstatt jedoch die Energie auf eine bessere Compliance zu verwenden, erweckten Teile des Handels eher den Eindruck als sei man vor allem damit beschäftigt, den Kontrolleur aus dem Weg zu räumen. Schrotflintenartig wurden daher in dem durch den BGH entschiedenen Verfahren eine Reihe von Vorwürfen abgegeben.

Eine effektive Durchsetzung von Verbraucherrechten setzt eine Vielzahl von Verfahren voraus

Im Kern der Auseinandersetzung stand dabei der Vorhalt, dass die durch die Deutsche Umwelthilfe erzielten Einnahmen nicht nur für die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen ausgegeben werden, sondern auch für andere satzungsgemäße Zwecke des Verbandes. Dem BGH leuchtete dieses Argument nicht ein. Wenn es eine Vielzahl von Verstößen gibt, setzt eine effektive Durchsetzung von Verbraucherinteressen eine damit korrespondierende Vielzahl von Verfahren voraus. Die Einnahmen resultieren vor allem aus Vertragsstrafenverpflichtungen, die Unternehmen eingegangen sind und die zu zahlen sind, wenn wiederholte Verstöße bewiesen werden.

Ein Verbraucherschutzverband, der seine Aufgabe ernst nimmt, so der BGH, zieht zwangsläufig eine entsprechende Anzahl von Verfahren und damit von möglichen Einnahmen nach sich. Dies ist so logisch wie richtig. Wenn der Verband die deutlich überwiegende Zahl seiner gerichtlich anhängigen Verfahren gewinnt, entsteht daraus ein Primärüberschuss, der für andere satzungsgemäße Zwecke als für die bloße Marktüberwachung einzusetzen ist. Die Forderung der Autohändler hätte in der Konsequenz bedeutet, dass ein Verein für jede Vertragsstrafeneinnahme mindestens ein Unterlassungsklageverfahren verlieren müsste, um die Vertragsstrafeneinnahmen im Ergebnis zu neutralisieren. Der DUH abzuverlangen, dass sie Klageverfahren vorsätzlich verliert, wäre absurd.

Der BGH stellt nüchtern fest: Unternehmen sollten ihre Pflichten einhalten, nicht die Kontrolleure abwehren

Der Strauß an Vorwürfen enthielt noch einige andere Blüten. Auch diese überzeugten den BGH nicht. Unbedenklich war unter anderem der Umstand, dass Toyota in Vorjahren weniger als ein Prozent des Jahresbudgets der DUH für die Förderung eines Klimaschutzprojektes spendete. Denn die DUH konnte über 350 Verfahren gegen Toyota oder Toyota-Händler benennen, die den Vorwurf erschütterten, die DUH schone Toyota wegen der (inzwischen ausgelaufenen) geringfügigen Förderung.

Nach dem Urteil des BGH besteht Rechtssicherheit für die DUH. Denn auch vor unteren Instanzen wird immer wieder, meist ohne inhaltliche Substanz, der Einwand erhoben, die DUH handele missbräuchlich. Der Aufwand, diese Vorwürfe zurückzuweisen, wird sich nunmehr in einem Hinweis auf die Entscheidung des BGH beschränken. Und vielleicht wird auch die Unternehmensseite zu einem konstruktiven Umgang bei der Beantwortung der Frage, wie man Rechtsvorschriften einhält, zurückfinden. Denn im Kern geht es um nichts anderes als Rechtstreue.

Die DUH hatte sich bereits mehrfach an die EU-Kommission gewandt und beklagt, dass Behörden ihre ordnungsbehördlichen Überprüfungen in den Bereichen, in denen die Deutsche Umwelthilfe Kontrollen vornimmt, nahezu vollständig eingestellt haben. Der Aufwand der Unternehmen sollte der Einhaltung des Rechts dienen, nicht der Abwehr des Kontrolleurs. Das Urteil des BGH, nüchtern und klar, und von unnötigen Emotionen unbeeinflusst, hat dazu einen wertvollen Beitrag geleistet.

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