Wildnis erleben am Stettiner Haff
Das Oder-Delta an der Ostseeküste zwischen Polen und Deutschland ist seit Juni 2015 Rewilding-Europe Region und damit das 8. Mitglied einer einzigartigen Initiative zum Erhalt von Naturschutzräumen. Bis 2022 soll es in ganz Europa zehn solcher Gebiete geben. Die DUH hat sich zusammen mit ihren Partnern, der polnischen Tourismusorganisation Stepnicka Organizacja Turystyczna und dem Transnationalen Netzwerk Odermündung e.V. (HOP), für eine nachhaltige Entwicklung in der Region eingesetzt.
Europa soll wilder werden – das haben zehn europäische Naturschutzorganisationen 2013 in ihrer Vison für ein wilderes Europa in Salamanca bekundet. Darunter die DUH und die niederländische Rewilding Europe Stiftung. Doch was bedeuten Wildnis und „Rewilding“ überhaupt?
Wildnis bedeutet Natur, die sich nach ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten entwickeln kann, auf möglichst großer Fläche. Rewilding ist ein Vorgehen, das die Wiederherstellung von Wildnis zum Ziel hat.
Und warum braucht Europa mehr Wildnis? Ist es nicht eigentlich grün genug bei uns?
Naturschutz in Europa war schon immer anders als in der übrigen Welt. Da ein Großteil der Wildnisgebiete vor langer Zeit verloren ging, konzentrierte sich der Naturschutz auf Kulturlandschaften, traditionelle Bewirtschaftungssysteme und naturnahe, bewirtschaftete Lebensräume, oftmals abhängig von staatlicher Unterstützung und privatem Engagement. Doch eine wichtige Komponente für den Schutz und den Erhalt der Biodiversität wurde außer Acht gelassen: der Schutz der Wildnis und der natürlichen Prozesse – übrigens die beste Anpassungsstrategie gegen den Klimawandel.
Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um als Rewilding-Europe Region ausgewählt zu werden?
Die Gebiete, die in verschiedenen Ökosystemen, Kulturen und Wirtschaftsräumen liegen sollen, müssen als Modellbeispiele dienen können, in denen Rewilding praktiziert werden kann - mit viel Raum für wilde Natur, die wir genießen und erfahren können.
Welche Rolle hat die DUH dabei gespielt?
Die DUH hat bereits im März 2012 das Gebiet rund um das Stettiner Haff für ein Rewilding vorgeschlagen und in den beiden darauf folgenden Jahren die Machbarkeit dieses Vorhabens untersucht, aber auch viele Kontakte mit Menschen vor Ort – in Deutschland und Polen – geknüpft.
Was zeichnet die Region rund um das Stettiner Haff aus?
Hier kommen an einem uralten Wanderkorridor von Ost nach West und einer Zugroute von Nord nach Süd eine enorme Vielfalt verschiedenster Lebensräume und eine Vielzahl an spektakulären Tierarten zusammen – vom Seeadler mit der höchsten Brutdichte in der Europäischen Union über den Wolf, die Kegelrobbe und den Elch bis zum Stör und zum Wisent.
Was bedeutet es für den Naturschutz in Deutschland, dass wir mit dem Stettiner-Haff zu Rewilding-Europe gehören?
Es macht zunächst deutlich, dass es sich um ein Gebiet handelt, das auch im europäischen Vergleich etwas ganz Besonderes ist. Und besonders ist auch der Naturschutzansatz, den wir dort verfolgen, denn wir gehen einen dritten Weg, der weder auf staatliche Schutzgebietsausweisungen setzt noch auf Flächenkauf, sondern allein auf freiwillige Maßnahmen gemeinsam mit den Menschen vor Ort.
In der Region wird „sanfter Naturtourismus“ angeboten – was genau kann man sich darunter vorstellen?
Ziel ist es, interessierte Reisende für Wildnis zu begeistern, wo sie dann zum Beispiel auf geführten Wanderungen und -fahrten oder von Beobachtungsständen aus Wildtiere beobachten können, die man so kaum noch zu sehen bekommt. Diese Art von Tourismus, durch den man die Entstehung von Wildnis erleben kann, hilft dann gleichzeitig den Menschen vor Ort, ihren Lebensunterhalt zu verdienen.
Weiterführende Informationen
Impressionen "Wildnis am Stettiner-Haff"
Den Flyer Wildtier-Safari im Oder-Delta
Weitere Informationen über die neue Rewilding Region: www.rewildingeurope.com/areas/oder-delta/
Das Rewilding Oder-Delta auf Facebook
https://www.facebook.com/pages/Rewilding-Oder-Delta/1112103118806921