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„Städte und Gemeinden sind die „große Bühne“, um zu zeigen, was in unserem engsten Lebensumfeld möglich ist.“

Donnerstag, 20.02.2020

Umweltschutz kann nicht nur global, sondern muss auch kommunal gedacht werden. In Deutschland ist noch viel Luft nach oben. Ein Interview dazu mit Markus Zipf, Leiter des Fachbereichs Kommunaler Umweltschutz bei der Deutschen Umwelthilfe.

© Holzmann / DUH

Warum brauchen wir kommunalen Umweltschutz?

Städte und Gemeinden sind die „große Bühne“, um zu zeigen, was im Umweltschutz in unserem engsten Lebensumfeld möglich ist. Wir stehen vor riesigen Aufgaben und notwendigen Transformationen. Das wird nur funktionieren, wenn die Bürger*innen das Gefühl haben, mitgestalten zu können. Weniger Verkehr und mehr Grünflächen in Stadtquartieren, das kann ich schlecht global verordnen. Das muss ich mit den Leuten vor Ort besprechen.

Was kann jede Kommune tun? Was fördern der Bund und das Land?

Den deutschen Städten und Gemeinden ist die „kommunale Planungshoheit“ gegeben. Dadurch ist im Natur-, Umwelt- und Klimaschutz vieles möglich. Wie lebenswert ich eine Stadt baue, welche Energieversorgung ich wähle, wo Autos fahren oder parken und wo ich Raum für Fußgänger*innen, Radfahrer*innen oder Grünflächen lasse, sind Fragen, die sich auf kommunaler Ebene beantworten lassen. Und Kommunen entscheiden auch, wie nachhaltig sie etwa ihre Beschaffung oder ihren Fuhrpark ausrichten, wie energieeffizient sie ihre eigenen Gebäude betreiben und vieles mehr. Wenn da nur nicht die inneren und äußeren Widerstände wären. Der Innenstadthandel etwa, der um jeden Parkplatz kämpft oder der Stadtrat, der den Sanierungsetat für die Schulen kürzt. Veränderungen fallen nicht selten auch den Verwaltungsmitarbeiter*innen selbst schwer. Und daher braucht es finanzielle Anreize von Bund und Land etwa zur Umgestaltung der Verkehrsinfrastruktur, weil das richtig Geld kostet. Der Bund fördert sogar Personal, das den manchmal etwas schwerfälligen Verwaltungen auf die Sprünge helfen soll.

Was ist ein konkreter Ansatz, im kommunalen Raum Umweltschutz umzusetzen?

Parkplatz raus, Baum rein, Schottergärten verbieten: Das kann jede Kommune heute noch tun. Die Fassaden von Kindergärten, Schulen und die Schulhöfe begrünen. Am besten sollte man gleich morgen damit anfangen. Und den eigenen Mitarbeiter*innen anständige Fahrradabstellanlagen einrichten, das kostet nicht viel und macht gute Laune.

Gibt es Zahlen dazu, wie hoch das CO2-Einsparpotenzial im Kommunalbereich ist bzw. was es bei bestimmten Maßnahmen sein könnte?

Das hängt natürlich stark von der Struktur einer Stadt ab. Habe ich täglich viele Einpendler*innen, die mit dem Auto kommen? Wieviel energieintensive Betriebe sitzen am Ort? Begünstigt die Stadtplanung das zu Fuß gehen? Das muss man sich am besten mit einem kommunalen Klimaschutzkonzept genau anschauen. Am globalen Treibhausgasausstoß haben die Städte einen Anteil von etwa 40 bis 45 Prozent, das ist also eine Hausnummer. Die großen Stellschrauben, an denen die Städte und Gemeinden auch selbst drehen können, sind der Verkehr, Stichwort „Stadt der kurzen Wege“, die Gebäude und die Energieversorgung.

Welche Rolle spielen Stadtwerke?

Beim Thema Energieversorgung spielen Stadtwerke natürlich eine zentrale Rolle. Mit dem Label „Klima-Stadtwerk“ zeichnen wir Stadtwerke aus, die zukunftsweisende Strategien zur CO2-Minderung verfolgen. Beispielsweise in Detmold oder Ravensburg ist der Anteil regenerativer Energie besonders hoch, das geht dann deutlich über 90 Prozent. Die Schönauer Energierebellen im Schwarzwald zeigen, dass es mit 100 Prozent geht. Stark hängt das natürlich von den handelnden Personen ab, aber auch von den Anteilen, die überregionale und stärker renditegetriebene Energieversorger an den Stadtwerken haben.

Du kommst mit vielen Menschen und Projekten in Berührung. Was hat dich in diesem Zusammenhang bisher besonders beeindruckt?

Was alles geht, wenn man nur will.

Was können wir von anderen Ländern in Sachen kommunaler Umweltschutz lernen?

Wenn ich im weiten Umland von Amsterdam Busverbindungen im Zehnminutentakt in die Stadt habe, mit digitaler Fahrgastinfo an jeder Haltestelle, Busspuren, Vorzugsampelschaltung und Busfahrern, die jeden Fahrgast freundlich begrüßen, sehe ich, was möglich ist, um ein eher unpopuläres Verkehrsmittel mehrheitsfähig zu machen. Mal ehrlich: Wer fährt bei uns schon gerne mit dem Bus?

Umweltschutz und soziale Gerechtigkeit sind eng miteinander verwoben. Menschen mit geringem Einkommen sind in Deutschland oft höheren Gesundheitsbelastungen durch Umweltverschmutzung ausgesetzt als besser situierte Menschen. Dieses Thema wird unter dem Begriff Umweltgerechtigkeit diskutiert. Wie wirkt die DUH dabei mit?

Die Deutsche Umwelthilfe hat in den vergangenen Jahren durch Veranstaltungen und Veröffentlichungen und auch ganz konkret in Projekten vor Ort das Thema bearbeitet. Da haben wir etwa Gärten zusammen mit Geflüchteten oder anderen sozial Benachteiligten angelegt. Eine lebenswerte Umwelt darf kein Privileg von Besserverdienenden sein. In nicht wenigen Stadtquartieren kann man aber durchaus den Eindruck gewinnen, dass das der Fall ist.

Die Berliner Studie zur Umweltgerechtigkeit, bundesweit in dieser Form bislang einzigartig, zeigt mehr als deutlich, dass Menschen mit geringerem Einkommen oft in mehrfach belasteten Stadtteilen wohnen. Sprich: viel Verkehr, Lärm, schlechte Luft und viel zu wenig Grünflächen ertragen müssen. Dort haben wir dann auch deutlich mehr kranke Menschen. Für unsere aktuelle Arbeit spielen daher die Schulen, die Schulhöfe und die Wege dorthin eine zentrale Rolle. An diesen Aspekten kann man das Bewusstsein dafür schärfen. Für unsere Kinder wollen wir schlussendlich alle eine lebenswerte Umwelt haben.

Mehr zum Thema Kommunaler Umweltschutz erfahren Sie hier

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