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Klimaschutz: "Wir können und dürfen uns nicht auf die politischen Eliten und Entscheider verlassen."

Donnerstag, 10.11.2016

Der Klimaschutzplan 2050 – gescheitert an SPD-Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel und dem Wirtschaftsflügel der Union. Donald Trump – neuer Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika und nicht als Umweltschützer bekannt. Und in Marrakesch hat gerade die UN-Klimakonferenz begonnen – die Erwartungen sind niedrig. Ein Gespräch mit DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner.

© DUH / Heidi Scherm

Update: Die Bundesregierung hat sich am 11.11.2016 auf einen Klimaschutzplan für Deutschland geeinigt. Sascha Müller-Kraenner bezeichnete diesen als kleinsten gemeinsamen Nenner. Die Treibhausgasziele für die einzelnen Sektoren entsprächen nicht deren wirtschaftlichem Potenzial.

10. November 2016

Herr Müller-Kraenner, Donald Trump wird der 45. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Sie haben lange in den Vereinigten Staaten gelebt und waren dort für die Heinrich-Böll-Stiftung und die Umweltschutzorganisation The Nature Conservancy tätig. Welche Konsequenzen hat die Wahl Trumps für die amerikanische Umweltpolitik?

Der Wahlsieg von Donald Trump und der Republikaner im amerikanischen Kongress bedeutet eine dramatische Kehrtwende für die amerikanische Umwelt- und Klimapolitik sowohl im eigenen Land als auch international. Donald Trump hat im Wahlkampf bereits angekündigt, das Pariser Klimaschutzabkommen aufzukündigen. Unabhängig von der Frage, ob und wie dies rechtlich möglich wäre, werden die USA sich auf jeden Fall aus der aktiven Mitarbeit im internationalen Klimaschutz zurückziehen.

Und was bedeutet dieses Überraschungsergebnis für die europäischen Klimaschutzbemühungen?

Deutschland und die Europäische Union müssen der neuen US-Administration deutlich machen, dass sie jedem Versuch, den internationalen Klimaschutz zu unterminieren, mit Gegenwehr begegnen werden. Die EU muss dafür auch Instrumente der Handelspolitik aktiv nutzen, um umwelt- und klimafreundliche Produkte und Technologien zu fördern. Auch sollte sie diejenigen Volkswirtschaften, die weiterhin umweltpolitisch vorangehen wollen, stärken und sie in ihre eigenen Bemühungen integrieren. Auch nichtstaatliche Partnerschaften mit klimapolitisch engagierten amerikanischen Kommunen oder Einzelstaaten, beispielsweise Kalifornien oder den in einem regionalen Kohlenstoffmarkt organisierten Staaten der Ostküste, müssen außerhalb des konventionellen völkerrechtlichen Rahmens gestärkt werden.

Versprechen Sie sich davon Erfolg?

Ja. Schon während der klimapolitischen Durststrecke in der Amtszeit von George W. Bush gab es ähnliche Initiativen, die durchaus etwas bewirkt haben. Zum Beispiel: Viele Kommunen und regionale Energieversorger aus den USA haben Deutschland besucht und sich Erfolgsgeschichten der Energiewende abgeschaut. Zwischen Kaliforniern und Baden-Württemberg ist sogar eine formale Partnerschaft entstanden. Neben den USA werden außerdem die Beziehungen zu Kanada in den kommenden Jahren wichtiger – als einem der wenigen verbleibenden klimapolitisch progressiven Akteure innerhalb der G7.

Hoffnung ist gut, aber das allein wird kaum reichen…

Das stimmt. Wir können und dürfen uns nicht auf die politischen Eliten und Entscheider verlassen. Auch die Zivilgesellschaft muss mehr Verantwortung übernehmen. Umwelt- und Verbraucherschutzorganisationen müssen klare Kante zeigen für eine an den Klima- und Nachhaltigkeitszielen sowie an der menschlichen Gesundheit orientierte Politik. Wir brauchen in Zukunft mehr nicht weniger internationalen, auch transatlantischen Austausch, um solche zivilgesellschaftlichen Allianzen zu schmieden.

Noch einmal zurück zur Eingangsfrage: Was konkret bedeutet die Wahl Donald Trumps für die amerikanische Umweltpolitik?

Ich denke, dass wir uns umweltpolitisch auf einen enormen Rückschritt gefasst machen müssen. Die Einstufung von CO2 als gesundheitsschädlicher Substanz und die Politik der Obama-Regierung, CO2-Grenzwerte am Kongress vorbei auf dem Verordnungswege zu erlassen, ist vorbei. Auch vergangene Entscheidungen können nun in Frage gestellt und, durch vom neuen Präsidenten zu ernennende obere Richter, rückgängig gemacht werden.

Donald Trump ist bekannt dafür, sich nicht festzulegen. Was lässt sich aus seinen bisherigen Äußerungen umweltpolitisch ableiten?

Eine der wenigen konsistenten Botschaften der vergangenen Monate war die Ankündigung, vermehrt in klassische Infrastruktur und den Abbau fossiler Rohstoffe zu investieren. Es ist deshalb zu erwarten, dass unter Obama schon begrabene Großprojekte, wie der Bau der Keystone Pipeline, mit der Erdöl aus kanadischen Teersanden in die USA transportiert werden sollen oder auf Eis gelegte Ölbohrprojekte vor den Küsten Alaskas und im Golf von Mexiko, nun wieder neu auf der Tagesordnung stehen. Naturschutzerwägungen werden bei der neuen Regierung eine geringere Rolle spielen. Auch die neue Regierung in den USA wird sich allerdings den Kräften der globalen Energiemärkte nicht entziehen können. Kohle wird aus dem Markt gedrängt. Billiges Gas ist auf dem Vormarsch. Der Marktanteil an Erneuerbaren Energien auf dem Weltmarkt steigt weiter – und damit sinken die Kosten. Allerdings werden sich die USA auf absehbare Zeit aus der aktiven Gestaltung einer „Großen Transformation“ hin zu einer kohlenstoffarmen Welt zurückziehen.

Deutschland geht in diesen Tagen auch nicht als klimapolitisches Vorbild voran. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel hat gerade sein Veto gegen den deutschen Klimaschutzplan eingelegt….

Ja, Gabriel und der Wirtschaftsflügel der Unionsparteien haben den Plan vorerst gestoppt. Das ist ein fatales Signal und lässt Umweltministerin Hendricks schlecht aussehen. Jetzt muss sie ohne Vorschlag nach Marrakesch zum UN-Klimagipfel fahren. Gerade nach dem Sieg von Donald Trump in der amerikanischen Präsidentschaftswahl, müsste Deutschland mit einem ambitionierten Klimaschutzplan Stärke zeigen. Stattdessen stellt die Bundesregierung wieder einmal die kurzsichtigen Profitinteressen der Energie- und Automobilkonzerne sowie der Lebensmittelindustrie über den Klimaschutz. Schuld sind Angela Merkel und Sigmar Gabriel. Besonders die Bundeskanzlerin trägt eine Mitschuld daran, dass die deutsche Klimapolitik seit Jahren nicht vorankommt. Klimakanzlerin war sie nur auf Zeit. Frau Merkel bezieht umweltpolitisch keine klare Position und das ist gefährlich und verantwortungslos.

Was müsste geschehen?

Wir brauchen einen klaren Zeitplan zum Ausstieg aus der Kohleverstromung und zum sofortigen Einstieg in die saubere und weitgehend CO2-freie Mobilität. Sonst werden die Klimaziele der Regierung scheitern. Sigmar Gabriel aber protegiert eine Energiesparte, die ökologisch und wirtschaftlich keine Zukunft hat. Insbesondere in den Kohleabbaugebieten müssen jetzt die Weichen für einen sozial verträglichen Strukturwandel gestellt werden.

Die Fragen stellte Daniel Hufeisen.

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