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Jedes Tempolimit steht für weniger Verkehrsopfer

Mittwoch, 14.08.2019

Ihm geht es um Sicherheit. Michael Mertens ist Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Nordrhein-Westfalen. Gemeinsam mit der DUH und vielen anderen Verbänden fordert er ein generelles Tempolimit auf deutschen Autobahnen.

© Sven Vüllers/GdP

Der Artikel erschien in der DUHwelt 2/19.

Herr Mertens, die DUH geht davon aus, mit Einführung eines generellen Tempolimits von 120 auf Autobahnen und 80 auf Landstraßen sofort und so gut wie kostenlos bis zu fünf Millionen Tonnen CO2 jährlich einsparen zu können. Was treibt Sie an?

Der GdP geht es um die Verkehrssicherheit. Wir sind überzeugt, dass sich mit einem generellen Tempolimit und mit konsequenten Kontrollen mindestens jeder fünfte Verkehrstote oder Schwerverletzte verhindern ließe. Ich war selbst 17 Jahre Streifenpolizist. Als Polizisten sehen wir viele Verkehrsopfer, viele davon aufgrund zu hoher Geschwindigkeit. Wir erleben das Leid der Opfer und der Hinterbliebenen unmittelbar. Da wünscht man sich, dass es jedem in seinem Verantwortungsbereich wichtig ist, den Tod auf der Straße zu verhindern. Die Gewerkschaft der Polizei bekennt sich ausdrücklich zur Vision Zero. Ziel ist es, dass niemand mehr auf unseren Straßen sterben muss. Wir fordern als Landesbezirk Nordrhein-Westfalen bereits seit Jahren ein Tempolimit von 130 Stundenkilometern auf Autobahnen. Dabei kommt es aus unserer Sicht letztlich nicht darauf an, ob ein Tempolimit konkret bei 130 oder darunter liegt. Entscheidend ist, dass jedes Limit zeitnah und mit einfachen Mitteln zu weniger Unfällen und zu weniger Verkehrsopfern führt.

Gibt es gesicherte Erkenntnisse, die belegen, dass die Zahl der Unfallopfer durch Tempolimits sinkt?

Trotz immer sicherer gewordener Fahrzeuge ist in den vergangenen Jahren die Zahl der Toten und Schwerverletzten auf den Bundesautobahnen gestiegen. Die Zahl der Schwerverletzten stieg von 4.896 in 2008 auf 5.904 in 2018. Bei den Getöteten hatten wir in den vergangenen fünf Jahren einen Mittelwert von 404, aktuell beklagen wir für 2018 alleine auf Autobahnen 424 Verkehrstote. Über 70 Prozent der tödlichen Unfälle passieren auf Strecken ohne Geschwindigkeitsbegrenzung. Während bei uns mehr als drei Menschen je 100 Kilometer Autobahn und Jahr sterben, sind es in den Niederlanden, in Österreich und in Dänemark durchschnittlich weniger als 1,5 Tote. Deutschland ist das einzige EU-Land und das einzige Industrieland der Welt ohne generelles Tempolimit. Dafür, dass Tempolimits funktionieren, gibt es auch Beispiele aus Deutschland, wie die A4 zwischen Köln und Aachen. Nach Eröffnung des Abschnitts kam es zu zahlreichen Unfällen mit neun Getöteten innerhalb von drei Jahren. Seit Einführung des
Tempolimits 2017 gab es keinen tödlichen Unfall mehr. Es gibt drei wesentliche Effekte eines Tempolimits auf den Autobahnen: Die Durchschnittsgeschwindigkeit sinkt, die Unterschiede der Geschwindigkeiten der Verkehrsteilnehmer werden geringer und der Verkehrsfl uss wird gleichmäßiger. So bleibt mehr Zeit, Fahrfehler auszugleichen und der Anreiz für aggressive und unfallträchtige Fahrmanöver sinkt. Und wenn es trotzdem zu einem Unfall kommt, sind aufgrund der geringeren Aufprallgeschwindigkeit die Folgen für Insassen und Fahrzeuge geringer. Keiner hat sein Fahrzeug mehr im Griff, wenn er mit zweihundert Stundenkilometern plötzlich auf ein Stauende zurast.

Die Arbeitsgruppe „Klimaschutz im Verkehr“ der Regierungskommission zur Zukunft der Mobilität hat angeregt, ein generelles Tempolimit einzuführen. Doch Bundesverkehrsminister Scheuer bezeichnete den Vorschlag als „gegen jeden Menschenverstand“. Erwarten Sie Unterstützung von der Politik?

Leider fehlt es hier in Deutschland an wissenschaftlichen Studien, die die konkreten Auswirkungen auf die Zahl der Verkehrsopfer belegen. Wir können uns nur auf die vielen Einzelbeispiele und die Erfahrungen anderer Länder berufen. Die Politik blockiert seit Jahren entsprechende Untersuchungen oder hält sie unter Verschluss. Die Bundesregierung muss dringend wissenschaftliche Studien in Auftrag geben. Damit würde sie einen längst überfälligen Beitrag dazu leisten, die Diskussion zu versachlichen und Emotionen herauszunehmen. Mit einem Tempolimit von 130 oder darunter auf Autobahnen könnten wir viele Menschen retten und Schwerverletzte verhindern. Ich hoffe, die Vernunft siegt. Was wir im Moment tun, reicht nicht!  

Die Fragen stellte DUHwelt-Chefredakteurin Andrea Kuper.

 

 

 

 

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