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Aus der Umwelt in die Lunge

Montag, 17.12.2018

Die Luft in Deutschland ist schlecht, vor allem im Winter. Denn neben dem Verkehr emittieren vor allem Holzöfen viel Feinstaub. Die DUH-Leiterin für Verkehr und Luftreinhaltung Dorothee Saar sprach mit Dr. Kathrin Wolf vom Helmholtz Zentrum München – dem Deutschen Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt – über die Gesundheitsgefahr durch Feinstaub.

© Huth/DUH

Frau Wolf, wie steht es generell um die Feinstaubbelastung in Deutschland?

Insgesamt ist die Feinstaubbelastung (PM10) in den letzten Jahren zurückgegangen und die EU-Grenzwerte werden an den meisten Stationen in Deutschland eingehalten. Allerdings müssen diese EU-Grenzwerte eher als politischer Kompromiss gesehen werden, der nicht ausreicht, um die Bevölkerung zu schützen. Dies belegen zahlreiche Studien, die einen Zusammenhang zwischen Feinstaubbelastung und Gesundheitseffekten schon unterhalb der Grenzwerte aufzeigen. Insofern ist es verständlich, dass beispielsweise die Grenzwert-Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) aus dem Jahr 2005 deutlich niedriger ausfallen.

Warum ist Feinstaub gesundheitsgefährdend?

Feinstaub gelangt bis tief in die unteren Atemwege und kann nur teilweise von unserem Immunsystem abgeschieden werden. Beeinträchtigungen der menschlichen Gesundheit in Bezug auf die Lunge, das Herz-Kreislauf-System, die Reproduktion, den Stoffwechsel und das Gehirn sind die Folge. Seit 2010 wird Feinstaub als eine Ursache für Herz-Kreislauf-Erkrankungen angesehen. Die Analysen der WHO, unter anderem im Rahmen des REVIHAAP-Projektes, zu dem auch wir beigetragen haben, zeigen, dass es keinen Schwellenwert für Feinstaub gibt. Eine Reduktion der Feinstaubbelastung ist also immer sinnvoll und kann dazu beitragen, die Gefahr für Herz-Kreislauf-Erkrankungen deutlich abzusenken. Wir gehen davon aus, dass es sowohl chronische als auch akute Gesundheitseffekte gibt, die voneinander unabhängig sind und durch Feinstaub hervorgerufen werden.

Wenn über Grenzwert-Überschreitungen berichtet wird, stehen in der Regel größere Partikel, wie PM10 (Feinstaubpartikel kleiner als 10 Mikrometer; Anm. d. Red.) im Vordergrund. Was kennzeichnet die kleineren, sogenannten ultrafeinen Partikel und was macht sie so gefährlich?

Ultrafeine Partikel können aufgrund ihrer wesentlich geringeren Größe viel tiefer in die Lunge eindringen. Sie besitzen nur eine geringe Masse, aber eine umso größere Oberfläche, an der Schwermetalle und krebserregende Stoffe haften können. Sie sind zudem in der Lage, in die Blutbahn und Zellen einzudringen und sich somit im ganzen Körper zu verteilen. Wir vermuten daher, dass ein Teil der gesundheitlichen Auswirkungen auf den menschlichen Körper, hervorgerufen durch Feinstaub, auf die ultrafeinen Partikel zurückgeht.

Wie können sich betroffene Menschen bei akut hoher Feinstaubbelastung schützen?


Generell sind ja alle Personen betroffen. Allerdings gehen wir davon aus, dass Säuglinge, Kinder, Schwangere, alte Menschen und Personen mit chronischen Erkrankungen stärker beeinträchtigt sind. Sie sollten Orte mit hoher Belastung meiden bzw. versuchen, die Belastung zu minimieren. Wer an einer viel befahrenen Straße wohnt, sollte zum Innenhof lüften oder nachts. Insgesamt gilt es, das Risiko für chronische Erkrankungen zu minimieren, da diese Personen empfindlicher gegenüber Luftschadstoffen reagieren. Also möglichst regelmäßige Bewegung, gesunde Ernährung, der Verzicht auf Zigaretten und die Vermeidung von Übergewicht.

Wie weit ist die Forschung bei der Ergründung von Wirkzusammenhängen zwischen Luftschadstoffen wie ultrafeinen Partikeln und negativen Gesundheitseffekten?

Der wissenschaftliche Nachweis für die Auswirkungen der ultrafeinen Partikel ist noch nicht so gut belegt wie der des Feinstaubs. Grundsätzlich ist aber davon auszugehen, dass die Auswirkungen die gleichen Organe betreffen. Die bisherigen Studien deuten auf ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Arteriosklerose, Herzinfarkt und Bluthochdruck, aber auch auf ein vermehrtes Auftreten von Atemwegserkrankungen hin. Neuere Studien aus Kanada und den USA weisen zudem auf einen Zusammenhang mit Brust- und Prostata-Krebs sowie Diabetes hin.

Werden aus Ihrer Sicht solche Forschungsergebnisse ausreichend berücksichtigt?

Das Bewusstsein bezüglich negativer gesundheitlicher Effekte von Feinstaub und auch ultrafeinen Partikeln hat in den letzten Jahren zugenommen, allerdings ist gerade in Deutschland mit der aktuellen Diskussion um Aufweichung von Grenzwerten wieder sichtbar, dass die Luftreinhaltung nicht oberste Priorität genießt.

Welche Maßnahmen erachten Sie als sinnvoll, um die Feinstaubbelastung zu reduzieren?

Aus Sicht der Gesundheitsforschung ist sowohl eine Verschärfung der bestehenden Grenzwerte als auch eine strengere Regulierung von Emittenten erforderlich. Das betrifft neben dem Straßenverkehr unter anderem auch die Holzfeuerung.

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