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Meeresschutz: Umweltverbände klagen gegen die Bundesrepublik

Donnerstag, 05.02.2015

5 Fragen an Ulrich Stöcker, Leiter der Abteilung Naturschutz

© Holzmann / DUH
© Holzmann / DUH

5. Februar 2015

Herr Stöcker, gemeinsam mit anderen Umweltverbänden wie dem WWF und Greenpeace hat die Deutsche Umwelthilfe Klage gegen das Bundesamt für Naturschutz (BfN) in Vertretung für die Bundesrepublik Deutschland eingelegt. Warum?

Weil Deutschland viel zu wenig für den Schutz von Meeressäugetieren, Seevögeln, Sandbänken und Riffen in den deutschen Natura 2000-Gebieten tut und dort bis heute keine Schutzmaßnahmen eingeführt hat. Dabei gibt es diese zehn Zonen in der Nord- und Ostsee bereits seit 2007. Meeresschutzgebiete auszuweisen ist das eine – da ist Deutschland in Europa hinsichtlich der prozentualen Bedeckung der nationalen Gewässer durch Schutzgebiete führend. Ca. 70 % der Küstengewässer im Zuständigkeitsbereich der Küstenbundesländer sind bereits formal unter Schutz gestellt. Wenn es aber darum geht, Arten, Lebensräume und Naturprozesse vor Beeinträchtigungen zu schützen, versagt Deutschland bislang auf ganzer Linie.

Man stellt ein Verbotsschild auf, schaut dann aber weg, wenn sich Menschen nicht daran halten. Für die Natur und vor allem für die gefährdeten Fischbestände ist das fatal. Mit der Klage wollen wir als Umweltverbände die Fischerei mit Grundschlepp- und Stellnetzen in ausgewählten Natura 2000-Gebieten der deutschen Nord- und Ostsee unterbinden. Da die Regierung es nicht tut, müssen wir der Natur zu dem Schutz verhelfen, der ihr nach europäischem und nationalem Umweltrecht verpflichtend zusteht.

Die Bundesregierung kündigt also Naturschutz an, handelt dann aber nicht?

Genau. Für die Natura 2000-Gebiete gibt es bis heute keine Beschränkungen ökologisch unverträglicher Fischereimethoden wie sie Schlepp- und Stellnetze darstellen. Die Folge ist ein Besorgnis erregender Zustand der Tierwelt. In der zentralen Ostsee östlich der Halbinsel Darss leben höchstens noch 450 Schweinswale. Der Grund dafür sind vor allem Stellnetze, in denen viele Tiere sterben. Aber auch um einst charakteristische Meeresvogelarten in der Ostsee wie Bergente, Eiderente und Eisente ist es schlecht bestellt. Seit 1995 sind ihre Bestände um über 60 Prozent zurückgegangen.

Wollen Sie damit sagen, dass die EU-Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie ohne Wirkung ist?

Die EU-Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie wurde 2008 verabschiedet und hat zum Ziel, bis zum Jahr 2020 einen „guten Umweltzustand“ der Meere zu erreichen. Leider muss man sagen, dass dies trotz des ganzheitlichen, integrativen Ansatzes der MSRL nicht gelungen ist. Im Gegenteil: Der deutschen Nord- und Ostsee geht es nach wie vor schlecht. Der Grund dafür ist, dass Deutschland nur unzureichend gegen die intensive und zerstörerische Fischerei, Rohstoffabbau, Unterwasserlärm und zu viele Schad- und Nährstoffe vorgeht.

Warum gibt es dann überhaupt Schutzgebiete und Nationalparks? Sie scheinen ihren Zweck nicht einmal ansatzweise zu erfüllen.  

Weil wir sie dringend brauchen, um gefährdete Arten zu schützen. Nur bleiben sie wirkungslos, wenn es keine Schutzmaßnahmen und Sanktionen gibt. DNR, BUND, Greenpeace, NABU, WDC, WWF und die DUH haben genau aus diesem Grund Klage gegen das Bundesamt für Naturschutz (BfN) beim Verwaltungsgericht Köln eingereicht, um diesen Schutz nun eben gerichtlich durchzusetzen. Dass es soweit kommen muss, ist ein Armutszeugnis für die Naturschutzpolitik der Bundesregierung, die über das Umweltministerium hinaus nicht stattfindet.

Was müsste Deutschland tun, um Schweinswal & Co. wirkungsvoll zu schützen?

Es müsste vor allem die Grundschleppnetzfischerei in den Meeresschutzgebieten der Nordsee und in den entsprechenden Gebieten der Ostsee die Stellnetzfischerei beenden, weil sie Riffe und andere Lebensräume zerstört. Wir brauchen aber auch dringend einen wirkungsvollen Unterwasser-Schallschutz für Meerestiere. Beide Meere können nur aufatmen, wenn die Nähr- und Schadstoffeinträge über die Flüsse, insbesondere an Stickstoff, zurückgefahren werden. Kurzum: Wir fordern einen ambitionierten Maßnahmenkatalog auf Grund der MSRL und keinen neuen Papiertiger.

Fragen: Ann-Kathrin Marggraf

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