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Das Recht auf saubere Luft

Dienstag, 09.08.2016 Dateien: 1
© DUH
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Fragen an Amrei Münster, Projektmanagerin im Bereich Verkehr & Luftreinhaltung

8. August 2016

Die DUH setzt sich seit mehr als zehn Jahren für saubere Luft ein. Der Verkehr ist maßgeblich für die Luftverschmutzung verantwortlich. Warum?

In den Städten sind Abgase von Dieselmotoren in Pkw, Bussen, Lkw aber auch Baumaschinen sowie Binnenschiffen die Hauptquelle für die Luftverschmutzung. Sie verursachen umwelt- und gesundheitsschädlichen Feinstaub (PM10) und Stickstoffdioxid (NO2). Zunehmend haben wir auch ein Problem mit Feinstaub aus Kaminöfen.

Welche Folgen hat das für die Umwelt und Gesundheit?

Luftreinhaltung ist nach wie vor das drängendste Umweltproblem in Deutschland und Europa. Dieselrußemissionen schaden dem Klima und wirken sich negativ auf die Gesundheit aus. Der Ruß aus Dieselmotoren ist krebserregend und Bestandteil von Feinstaub. Besonders gefährlich sind ultrafeine Partikel, die über die Lungen bis in die Blutbahnen dringen. Sie verursachen unter anderem Herz-Kreislauferkrankungen. Es gibt keinen Schwellenwert, unter dem eine Belastung nicht gefährlich wäre. Deshalb sind auch weite Bevölkerungskreise betroffen. Es gibt in Deutschland jährlich rund 47.000 vorzeitige Todesfälle aufgrund der zu hohen Feinstaubbelastung. Auch gasförmige Stickoxide (NOx) in der Luft schädigen direkt die menschliche Gesundheit. Sie tragen auch zur Feinstaub und Ozonbildung bei. Außerdem führen Stickstoffeinträge zum Verlust der Biodiversität.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat 2008 in einem Grundsatzurteil entschieden, dass es ein einklagbares Recht auf saubere Luft gibt. Was bedeutet das für den Bürger?

Das Urteil gibt jedem Bürger das Recht, Maßnahmen einzuklagen, damit sich die Luftqualität an seinem unmittelbaren Wohn- und Arbeitsort verbessert, wenn die von der EU festgelegten Luftqualitätsgrenzwerte überschritten werden. Kritisch sind hier vor allem der Jahresgrenzwert für Stickstoffdioxid von 40 µg/m3 und der Tagesgrenzwert für Feinstaub von 50 µg/m3, der nicht öfter als 35-mal im Jahr überschritten werden darf. Anwohner können sich auf den Internetseiten des Umweltbundesamtes darüber informieren, ob die Grenzwerte in ihrer Stadt eingehalten werden.

Und welche Rolle spielt hier die DUH?

Klageberechtigte Umwelt- und Verbraucherschutzverbände, wie die DUH, können stellvertretend für betroffene Bürger gerichtlich gegen Verwaltungshandeln vorgehen, wenn dieses europäischem Umweltrecht widerspricht. Oder anders gesagt: Wenn das Land keine ausreichenden Maßnahmen unternimmt, um für saubere Luft zu sorgen, kann die DUH klagen. Dieses Klagerecht für Umweltverbände hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig in einem Urteil vom 5. September 2013 bekräftigt.

Die DUH hat bereits mehrere Klagen gegen deutsche Städte gewonnen. Welche waren das?

Das erste Verfahren war die Janecek-Klage in München, die im Jahr 2008 bis vor den EuGH führte. Danach legte die DUH zusammen mit einer betroffenen Anwohnerin Klage auf Luftreinhaltung in Wiesbaden ein. Im Oktober 2011 verpflichtete das Verwaltungsgericht Wiesbaden das Land Hessen den Luftreinhalteplan fortzuschreiben. Darauf folgten Klagen in Aachen, Berlin, Bonn, Darmstadt, Düsseldorf, Essen, Frankfurt a. M., Gelsenkirchen, Köln, Limburg, München, Offenbach, Reutlingen und Stuttgart. In all diesen Fällen tritt die DUH als alleinige Klägerin auf. Bislang wurden alle Urteile zugunsten der DUH entschieden. Die zuständigen Behörden müssen nun die bestehenden Luftreinhaltepläne fortschreiben und Maßnahmen ergreifen, um die Grenzwerte so schnell wie möglich einzuhalten.

Wie lässt sich die Luftverschmutzung durch den Verkehrssektor verringern?

Das hängt immer von der Schadstoffbelastung und den Quellen ab, die die Luft verunreinigen. Grundsätzlich ist die Umweltzone das wirksamste Einzelinstrument. Sie verbietet die Einfahrt für besonders emissionsstarke Fahrzeuge. Die bestehenden roten, gelben und grünen Plaketten unterscheiden nach den Partikelemissionen der Fahrzeuge. Nun muss das System auf eine Blaue Plakette ausgeweitet werden, damit nur noch Fahrzeuge, die einen niedrigen Ausstoß an Stickstoffoxiden haben, in die Umweltzone einfahren dürfen. Über die Umweltzone hinaus müssen jedoch Maßnahmen ergriffen werden, um z.B. bei Bussen des öffentlichen Nahverkehrs den Ausstoß von Stickstoffdioxid zu reduzieren. Eine weitere Option ist, den ÖPNV durch die Einführung eines Bürgertickets attraktiver zu machen oder den Rad- und Fußgängerverkehr zu stärken, um so den motorisierten Individualverkehr in den Städten zu verringern. Auch eine Geschwindigkeitsreduzierung auf Tempo 30 km/h und die Nachrüstung von Baumaschinen und Schiffen mit Partikelfiltern sind Möglichkeiten, um die Feinstaubbelastung in Städten zu reduzieren. Viele Akteure auf den unterschiedlichen Ebenen sind gefragt, endlich aktiv zu werden.

Die EU-Kommission hat im Juni 2015 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet. Warum? Und was bedeutet das für Deutschland?

Deutschland überschreitet seit 2010 die geltenden Luftqualitätswerte. Daher hat die EU-Kommission im Juni 2015 ein förmliches Aufforderungsschreiben wegen Nichteinhaltung der Grenzwerte für Stickstoffdioxid an die Bundesregierung gesandt. Das Schreiben ist einer von mehreren Schritten in einem Vertragsverletzungsverfahren. Deutschland muss dringend größere Anstrengungen unternehmen, um seine Stickstoffdioxid-Emissionen zu reduzieren und konkrete Maßnahmen ergreifen; ansonsten kann die Kommission Klage beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) einreichen.

Was fordert die DUH?

Die Bundesregierung muss sich unbedingt mehr anstrengen, um seine Luftschadstoffemissionen zu reduzieren und effektive Maßnahmen ergreifen. In Deutschland gibt es nach wie vor kein national koordiniertes Konzept zur Reduzierung der Luftschadstoffe. Ein durchdachtes, ganzheitliches Aktionsprogramm „Saubere Luft für Deutschland“ wäre eine wirksame Lösung. Damit ließe sich die Vielzahl lokal unterschiedlicher Kurzfristmaßnahmen zukünftig ersetzen. Auch die nach wie vor bestehende Bevorzugung von Dieselkraftstoff bei der Besteuerung muss dringend hinterfragt werden. Die DUH hat zusammen mit anderen Umweltverbänden ein Programm entwickelt und konkrete Sofortmaßnahmen zusammengefasst, um die Bürgerinnen und Bürger ausreichend vor Luftverschmutzung zu schützen.

Die Fragen stellte Ann-Kathrin Marggraf.

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